Die Design Miami zeigt sich in diesem Jahr wieder stilsicherer als 2015 – aber leider auch ziemlich repetitiv im Programm.
Nach dem letztjährigen Taucher zeigt sich die Design Miami Basel dieses Jahr wieder stilsicherer. Zuvor stand zu befürchten, dass neuerdings klassische Uhren- und Schmuckstände experimentellem und innovativem Design den Platz streitig machen und die Hallenmitte mit einem plumpen Audi garniert wird. Die Befürchtungen haben sich zum Glück nicht bewahrheitet. Nun ist vieles wieder beim Alten – zum Glück aber nicht alles.
Tatsächlich besteht eine der Hauptschwierigkeiten der Messe darin, dass sich vieles wiederholt. Gerade die renommierten Galerien aus Paris mit Entwürfen der Dauerbrenner Charlotte Perriand und Jean Prouvé zeigen Jahr für Jahr vergleichbare Stücke. Auch an den bulligen Sesseln von Pierre Paulin oder den Entwürfen von Mathieu Matégot mit seiner Obsession für gelochtes Blech hat man sich mittlerweile satt gesehen. Gleiches gilt für den italienischen Lampenartisten Gino Sarfatti. Es bleibt dem Nerd vorbehalten, sich über kleinste Unterschiede und Variationen zu freuen. Für die meisten übrigen Besucher ist ein Prouvéhaus wohl einfach ein Prouvéhaus.
Wirft man einen Blick auf die Galerien mit zeitgenössischem Design, stösst man leider auch dort auf ähnliche Tendenzen. Die in Acryl eingegossenen maroden Hocker und Bänke gab es die vorigen Jahre ebenso wie die ach so lustigen analogen Uhren, die zur grossen Fläche versammelt die Zeit digital anzeigen.
…filigran… (Bild: Hans-Jörg Walter)
Es spielt der Markt
Es wäre also zu einfach, die Wiederholung damit erklären zu wollen, dass es im Bereich des klassischen Designs einfach nichts mehr zu entdecken gibt. Es spielt auch hier der Markt. Und investiert wird schon seit Längerem in Altbewährtes. Wer einen grossen Namen kauft, scheint auf der sicheren Seite zu stehen. Und so gibt es jedes Jahr so viele Sessel von Prouvé und Regale von Perriand zu kaufen, dass einen manchmal ein ungutes Gefühl beschleicht. Wie häufig kann Rares sein? Für diejenigen, die ein solches Möbel besitzen müssen, weil sie zu einem gewissen Kreis dazugehören wollen, ist diese Frage nicht von Interesse. Solange aber nicht das aussergewöhnlich Neue interessiert, wird weiterhin das aussergewöhnlich Teure den Platz beherrschen.
Dass es auch anders ginge, zeigen sowohl im Bereich des historischen als auch beim zeitgenössischen Design einige Galerien. So präsentiert Dansk Møbelkunst beispielsweise zwei Wandlampen und eine Sitzbank vom wenig bekannten dänischen Architekten Palle Suensen. Die originale Einrichtung eines ehemaligen Bürogebäudes aus den 1940er-Jahren in Aarhus genügte den Ansprüchen der neu eingezogenen Billighotelkette offenbar nicht – bleibt zu hoffen, dass sich jemand mit mehr Geschmack für die organisch geformten Leuchten findet.
Eigenständiges gibt es auch bei der Brüsseler Galerie Maniera für zeitgenössisches Design zu entdecken: Etwas mehr Platz hätte den minimalistischen Entwürfen sicher gut getan. Wer aber genau hinsieht, erkennt die architektonische Qualität der ausgestellten Objekte auch so: Da sind zum einen die pinken Möbel von De Vylder Vinck Taillieu Architekten, die einen an Pressspanexpressionismus denken lassen. Zum andern präzis zusammengefügte Messingröhrchen, die wie ein Miniaturgeländer aussehen, sich aber beim zweiten Blick als äusserst filigrane Leuchte entpuppen.
…und glitzernd. (Bild: Hans-Jörg Walter)
Preise auf Papierklebern
Was die Inszenierung der Stände angeht, fallen bei der diesjährigen Ausgabe der Messe vor allem zwei Galerien auf: Louisa Guinness hat als Kontrapunkt zu den geschleckten Megaständen mit Spannteppich ein Schmuckatelier mit abgenutzten Werkstattmöbeln, mehr praktisch als schönen Baumarktregalen und einem überladenen Kleiderständer eingerichtet. Die Inszenierung sitzt – es braucht doch eine ganze Weile, bis man realisiert, dass die goldenen Kleinode von Alexander Calder, Anish Kapoor, Max Ernst und Co. nicht vor Ort ziseliert, geschnitten und gedreht werden.
Ob die szenographische Umsetzung seines Standes ebenfalls so gezielt vorgenommen wurde, sei dahingestellt. Jedenfalls wirkt auch Patrick Parrishs Sammelsurium der sonstigen Überhöhung des Einzelobjekts entgegen. Nicht den horror vacui hat man bei der New Yorker Galerie zu befürchten, sondern dass man aus Versehen einen Stuhl oder eine Lampe aus den dicht gedrängten Reihen stösst. Und trotzdem hat die Antipräsentation etwas für sich, weckt sie doch endlich etwas Entdeckungslust.
Im übrigen sind hier für einmal auch die Preise auf unprätentiösen Papierklebern zu erfahren. Irgendwie sympathisch ehrlich – schliesslich geht’s auch an der Design Miami Basel primär um den Verkauf.
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Design Miami, bis 19. Juni, Messehalle 1.