Ausflug ins Reich der gruseligen Mini-Monster

Sie sind klein und oftmals gruselig, ihr Ruf ist miserabel, ihr Besuch hinterlässt Krankheiten, kann aber auch ganz nützlich sein: In einer Sonderausstellung wirft das Naturhistorische Museum Basel ein erhellendes Licht auf den faszinierenden Kosmos der Parasiten.

(Bild: Wikipedia/Marco Vinci, CC)

Sie sind klein und oftmals gruselig, ihr Ruf ist miserabel, ihr Besuch hinterlässt Krankheiten, kann aber auch ganz nützlich sein: In einer Sonderausstellung wirft das Naturhistorische Museum Basel ein erhellendes Licht auf den faszinierenden Kosmos der Parasiten.

Das Tierchen könnte Pate gestanden haben für das Alien-Monster von HR Giger:

Der Zungen-Krebs (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Tumor) verfolgt als Parasit eine ausgesprochen gruselige und eigenwillige Strategie: Der kleine Krebs befällt Fische und hakt sich an der Zunge seines Wirtes fest. Er ernährt sich solange vom Blut aus der dortigen Arterie, bis die Zunge abstirbt. Damit ist aber noch nicht Schluss. Der Krebs übernimmt fortan die Funktion der Zunge, so dass der Fisch weiterleben sowie -fressen und damit zugleich seine lebende Ersatzzunge miternähren kann.

Das ist eine von vielen kleinen Geschichten, die man in der Ausstellung «Parasiten. Life undercover» im Naturhistorischen Museum Basel erzählt bekommt. Die Ausstellung wurde vom Museum für Naturkunde Berlin konzipiert und ist auf ihrer Reise über Berlin, Wien und Stockholm nun in Basel angekommen. Hier nun wurde die Parasiten-Schau in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut mit einem speziellen Brennpunkt zum Thema Tropenkrankheiten ergänzt.

Die Ausstellung wirft mit Tierpräparaten, Filmen und Schautafeln ein erhellendes Licht auf die faszinierende Welt der Parasiten – Wesen, die von den allermeisten Menschen (und wohl auch von vielen Tieren) als absolut ungebetene Gäste betrachtet werden. Denn wer kämpft schon gerne mit Flöhen, wer mag sich schon das Blut aussaugen lassen oder sich gar mit einem Fremdkörper in der Leber abfinden. Und nicht wenige Parasiten setzen mit ihrem Einnisten sogar das Leben ihres Wirtes aufs Spiel.

Nicht nur lästige Gäste

Dabei ist der Ursprung des Wortes Parasit gar nicht sonderlich negativ besetzt. Mit dem altgriechischen Ursprungswort Parasitos wurden Menschen bezeichnet, die ohne handfeste Gegenleistung Kost und/oder Logis in Anspruch nehmen durften. Zum Beispiel die Vorkoster in der Antike, die ohne etwas dafür bezahlen zu müssen, zu Speisen kamen, was für die Wirte letztlich aber ganz nützlich und für den Parasiten zuweilen nicht ganz ungefährlich sein konnte.

«Parasiten haben nicht die Absicht, ihre Wirte zu töten», sagte die Projektleiterin Anna Pevzner, die die Ausstellung zusammen mit Joachim Pelikan vom Tropeninstitut kuratiert hat, an der Medienführung. Es gibt, wie in der Ausstellung ebenfalls gezeigt wird, sogar nützliche Parasiten. Zum Beispiel den Vogel mit dem Namen Madenhacker, der sich zwar wie ein Vampir vom Blut von Säugetieren ernährt, zugleich aber die Wunden von anderen Parasiten, wie etwa Maden, säubert.



Blick in die schön gestaltete Ausstellung

Blick in die schön gestaltete Ausstellung (Bild: Andreas Zimmermann)

Fliegen-Maden können aber auch erwünschte Gäste in Wunden sein. So zeigt die Ausstellung auch, wie die Schulmedizin mittlerweile wieder auf das uralte Hausrezept zurückgreift und Maden gezielt zur Reinigung von Wunden einsetzt. Auch Blutegel dürfen sich auf Anordnung des Arztes an menschlichem Blut laben.

Die hinterlistigen Strategien der Parasiten

Wer in der Ausstellung an den x-fach vergrösserten Modellen von Haken- und Bandwürmern vorbeigeht, wird sich danach die Hände wohl häufiger waschen als zuvor. Dies obschon auch darauf hingewiesen wird, dass allzu viel Hygiene den Ausbruch von Allergien fördern kann.

Faszinierend ist zu erfahren, welch hinterlistige Strategien gewisse Parasiten anwenden, um ihren eigenen Lebenskreislauf aufrechterhalten zu können:

Der kleine Leberegel nistet sich in Schafen ein. Seine Eier gelangen ins Freie, wo sie von Schnecken gefressen werden. Dort entwickeln sie sich zu Larven weiter, die von den Schnecken aushehustet werden. Dieser Schneckenhusten-Schleim mundet Ameisen, womit die Larven einen neuen Zwischenwirt finden. Während die meisten Larven im Ameisenmagen in Warteposition ausharren, wandert eine von ihnen in den Nervenzellknoten, also gewissermassen ins Gehirn des Insekts. Dort beeinflusst die Larve das Verhalten der Ameisen, die dann abends nicht in ihren Bau zurückkehren, sondern fremdgesteuert einen Grashalm emporkrabbeln, wo sie dann aus Versehen samt den Parasitenlarven wiederum von Schafen gefressen werden.

Die unfreiwillig «faulen» Fremdarbeiter

Das ist zugleich raffiniert und ganz schön arglistig. Arglistig wie gewisse Politiker, die Einwanderer und Sozialhilfebezüger gerne pauschal als Parasiten bezeichnen. Auf diesen Aspekt geht die Ausstellung nur indirekt ein mit einer Geschichte, die vom Bau des ersten Gotthardtunnels handelt:

Beim Bau des Gotthardtunnels 1872 bis 1882 gingen die Arbeiten am Nordportal schneller voran als am Südeingang. Es dauerte nicht lange, bis von der mangelnden Arbeitsmoral der italienischen Arbeiter aus dem Süden die Rede war. Tatsächlich aber litten viele Tunnelbauer am Südportal an schwerer Blutarmut, die sie schwächte und einigen von ihnen das Leben kostete. Ursache waren Hakenwürmer, die sich in der unhygienischen sowie feuchtheissen Umgebung bestens ausbreiten konnten.

Es sind lehrreiche, gruselige und zum Teil auch skurrile Geschichten, die in der Ausstellung erzählt werden. Und auch tragische. So weist das Tropeninstitut zum Beispiel darauf hin, dass heute noch jede Minute ein Mensch an Malaria stirbt, die von einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium ausgelöst werden.

«Parasiten. Life undercover» ist alles in allem eine sehr didaktische Ausstellung, die aber mit schönen und zum Teil auch etwas gruseligen Präparaten und Illustrationen auch sinnliche Erlebnisse vermittelt. Ausserdem sind die kurzen Texte in einer ausgesprochen gut verständlichen Sprache geschrieben.

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Die Ausstellung im Naturhistorischen Museum Basel ist noch bis am 26. April 2015 zu sehen. Jeden Sonntag finden Führungen statt, an denen auch Fragen rund um Krankheiten zur Sprache kommen, die aktuell die Welt in Atem halten.

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