Die Basler Theatergruppe Glück zeigt ihr neuestes Projekt in einem Autokino. Zentral dabei: Ein Roadmovie über die Leidenschaft Auto – ein Stück über Blech, Herz und Sehnsucht.
Wo sonst hinter dem Stücki die Lastwagen der Messelieferanten parkieren, lockt in den nächsten Tagen eine Leinwand: ein Autokino. Das Ambiente ist stilecht für diesen Tempel der Trash-Kultur – eingebettet zwischen Hafenbecken, Abwasseraufbereitung und Basels Mega-Mall.
Aufgekommen mit der Massenproduktion der Autos in den USA, erlebten Drive-in-Cinemas in Europa ihre Blütezeit in den 1960er-Jahren. Das Kino war für die Nachkriegsgeneration der unschuldige Vorwand, seinem Schwarm näherzukommen. Vorne lief deshalb meist nichts zu Kopflastiges. Lieber etwas Splatter-Horror, damit man mit dem Filmhelden gleichziehen und den Arm schützend um die kreischende Begleiterin legen kann.
Autokino – bis heute schwingt da also ein Hauch von Rückbank-Romantik, Leinwand-Schund und Nostalgie mit wie ein Versprechen. Diese Sehnsucht wecken will auch das Basler Theaterkollektiv Glück. Im Zentrum ihres Autokinos steht allerdings kein Horrorstreifen, sondern ein Dokumentarfilm über Auto-Afficionados im Hier und Jetzt, Titel «Jäger & Sammler».
Getrieben von der Frage, wie weit Menschen für Motoren gehen, zog der Basler Fotograf und Filmemacher Gregor Brändli mit seiner «Glück»-Crew neun Monate durch das Land und besuchte Charakterköpfe mit flammender Leidenschaft für oder auch gegen Motorfahrzeuge. «Das Auto als Gebrauchsgegenstand scheint banal, doch in der Hingabe der Freaks bietet das Thema Tiefe ohne Ende», so Brändli.
Das Resultat nennt er ein Roadmovie. Gemäss Eigendefinition ein aussterbendes Genre. Denn «wie sehen die Roadmovies in Zukunft aus, wenn Roboter das Steuer übernehmen?»
Emotionale Bezüge
Im Film «Jäger & Sammler» aber menschelt es noch sehr. Man erfährt von Daumenproblemen der Slotcar-Fahrer und wird im Dezibelrausch einer Musikbox auf vier Rädern durchgeschüttelt. «Wer nicht spinnt, ist nicht normal», erklärt Protagonist und Autonarr Pesche sein Lebensmotto und wirkt dabei so bodenständig wie der Stehtisch mit Bierlogo drauf. Man muss lachen.
Auch weil einem die eine oder andere Absurdität bekannt ist. Und dies nicht, weil ein paar Gesichter im Film aus Basel sind. Zum Auto hat schlicht jeder einen emotionalen Bezug. Brändli wehrt sich denn auch gegen den Vorwurf, im Film einfach Freaks vorzuführen. «Ich musste selbst einige Klischees über den Haufen werfen. So waren die Protagonisten entgegen meiner Erwartung mehr Anarcho als SVP.»
Und das Spiel mit der Lust darf ja auch lustig sein. Wer «Honegger», die erste Produktion des jungen Theaterkolletivs kennt, weiss um den Hang zu Skurrilitäten in seinem Kabarett. Die Bühne war das Hirn Honeggers, die Schauspieler Transmitter, Emotionen, Neuronen – alles was Windungen und Lappen bewegt. Thema waren damals Texte, die Brändli über seinen Vater schrieb.
Hot Dogs durchs Seitenfenster
Schon vor zwei Jahren wurde die Bühne multimedial bespielt. Beim Autokino bestreitet die fünfköpfige Truppe das ganze Nebenprogramm zum Film. Da wird Musik gemacht, Hot Dogs werden serviert oder es wird ein anderer Grund gefunden, an die Seitenfenster des Publikums zu klopfen.
Bei diesem Autokino-Besuch warten unvergessliche Eindrücke. Die Truppe verspricht an den fünf Abenden nichts Geringeres als «das absolute Glückserlebnis». Zumindest, wenn man mit dem Auto kommt. Doch auch für Töffli und sogar Unmotorisiertes wie Velo oder für Fussgänger hat es Platz. Nur ein UKW-fähiges Radio muss man dabei haben.
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«Glück präsentiert Autokino», Messe-Checkpoint, Neuhausstrasse 49, Basel, 22. bis 26. Juni.
Einlass 20.30, Letzter Check-in: 21 Uhr
Tickets: 45.– pro Auto/ 25.– für Fussgänger