Für den Aufbau ihrer Modewerkstatt «Taktil» hat Danielle Dreier Harris New York verlassen. In Basel gibt sie jungen Kreativen weiter, was sie unter anderem bei Bally von der Pike auf lernte.
Danielle Noelle Dreier Harris gibt gerade einen Schuhworkshop, als wir den Taktil Work/Shop an der Feldbergstrasse 39 betreten. Auf dem grossen Laden-Tisch liegen verschiedenfarbige Lederstücke, Nadeln, Faden und unterschiedliches Werkzeug. Die fünf Kursteilnehmerinnen wollen von Dreier Harris wissen, wie man möglichst einfach Lederschuhe herstellt, die von guter Qualität sind.
«Ich hab das Schuhhandwerk damals bei Bally erlernt», sagt die 47-Jährige. «Bei einem so renommierten Hersteller lernt man von der Pike auf, was es heisst, Qualität zu produzieren, denn jedes Einzelteil wurde selber hergestellt.»
Dreier Harris ist eine Weltenbummlerin, sie war für Bally beim Aufbau neuer Fabriken in Kairo und New York tätig. Unterschiedliche Mentalitäten und Kulturen sind ihr von Haus aus nicht fremd. Ihre Eltern lernten sich in New York kennen. «Meine Mutter war als 20-Jährige als Au-Pair-Mädchen nach New York gegangen. Dank der Unterstützung ihrer Gastfamilie erhielt sie bald einen Job in einem Coiffeurgeschäft an der renommierten Fifth Avenue.»
Pioniergeist bekam Dreier Harris schon früh mit auf den Weg. Dass sich ihre Mutter in einen afroamerikanischen Informatiker verliebte, war für eine weisse junge Frau in den 1950-Jahren eher unüblich. «Meine Eltern mussten ihre Liebe zu Beginn geheim halten.»
Auch sie selber lernte früh, was es heisst, im Leben kreativ, erfinderisch und mobil zu sein: «Als Jugendliche zügelte ich mit meinen Eltern in die Schweiz, danach zog es mich wieder zurück in die USA.» Trotz der «vermeintlich vielen Möglichkeiten» ist sie nicht dort geblieben: «New York hat sich verändert. Wie viele andere Metropolen wirkt auch diese Stadt heute wie ein Museum.»
Familienfreundliche Schweiz
Ein weiteres Argument für ein Leben in der Schweiz sei auch die Familie, sagt die Mutter einer Tochter. «Die Schweiz hat uns mehr Freiheiten gegeben. Die Kinder müssen hier nicht überall hinchauffiert werden, sie können problemlos draussen spielen und sie haben hier nicht einen festen Terminkalender zu bewältigen. In New York haben bereits Dreijährige einen Kalender.»
Basel ist für sie auch der perfekte Arbeitsort, sagt die Unternehmerin, die am Institut für Mode-Design der FHNW ihr Studium abschloss, heute hier unterrichtet und mit «Noelle Harris» ein eigenes Modelabel betreibt: «Die Stadt hat sich einen festen Ruf als Kunstmetropole gemacht. Basel hat viel mehr Potenzial als manchmal angenommen wird.»
Auch in Basel litten die Designer unter der Vormacht der grossen Modeketten, sagt Dreier Harris. «Das führt dazu, dass es heute nur noch wenige Läden gibt, die eine Alternative bieten.»
Preis auf Anfrage
Für ihre Designs hat Dreier Harris ein Baukastensystem entwickelt. Die Grundmuster der Basisteile ihrer Kollektionen bleiben gleich – sie unterscheiden sich höchstens in Material, Farbe oder Details. «Dieses Grundsortiment ermöglicht es mir, alles in meiner eigenen kleinen Werkstatt herzustellen. Ich muss nichts in einem fremden Betrieb seriell produzieren lassen, was in der Schweiz sehr teuer und aufwendig ist.»
Gerade bei handgefertigten Schuhen sei der direkte Bezug zu den Kunden wichtig: «Der Entstehungsprozess muss von Anfang an auf das Bedürfnis der Kunden abgestimmt werden.»
Das Taktil ist Laden und Kurs-Austragungsort in einem. (Bild: Danielle Bürgin )
Bei den Taktil-Produkten fehlen die Preisschilder. «Ich will im Gespräch mit den Kunden erläutern, warum ein Artikel so und so viel kostet», sagt Dreier Harris. «Ich möchte den Kunden vermitteln, dass ein Produkt, an dem lange gearbeitet wurde, auch seinen Wert hat. Viele Leute haben dieses Verständnis verloren.»
Im Sortiment findet man auffällig viele Produkte von jungen Designern – von Siebdruck-Karten über Schmuck bis hin zu Leder- oder Strickwaren.
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Taktil Work/Shop: Feldbergstrasse 39, 4057 Basel. Danielle Noelle Dreier Harris betreibt auch das Modelabel «Noelle Harris».