Basler Frauenrock wirbt für britische Girlieröcke

Die Basler Frauenband Mother Razorblade blickt auf einen turbulenten Sommer zurück: Sängerin Sabrina Tschachtli ist aus- und ein britisches Versandhaus eingestiegen. Bald rotiert ein Song der Gruppe auf MTV England und Australien – als Soundtrack eines Werbespots.

Rock-Tross mit Lip-Gloss.

Die Basler Frauenband Mother Razorblade blickt auf einen turbulenten Sommer zurück: Sängerin Sabrina Tschachtli ist aus- und ein britisches Versandhaus eingestiegen. Bald rotiert ein Song der Gruppe auf MTV England und Australien – als Soundtrack eines Werbespots.

Die Anfrage kam aus dem Nichts: «Wir würden gerne den Song eurer Band Mother Razorblade verwenden, für einen Werbespot.» Michael Hediger vom Basler Plattenlabel Lux.-Noise staunte nicht schlecht, als er dies von einer Produktionsfirma aus England erfuhr, die sich um die neue Kampagne von «Pretty Little Thing» kümmert, einem  Mode-Unternehmen mit Hauptsitz in Manchester.

«Ich erzählte dies den Mädels und innert kurzer Zeit war der Deal unter Dach und Fach», sagt Hediger. Pretty Little Thing gehört zu den führenden Versandhäusern Grossbritanniens. «Natürlich haben wir uns rasch schlau gemacht, weil wir ja in diesem Fall unsere Musik für etwas hergeben. Der Online-Shop präsentiert eine junge Kollektion, ist sehr berühmt: Uns war klar, dass es dumm wäre, diese Chance nicht wahrzunehmen», erzählt Gitarristin Marina Hummel. «Zumal es uns in erster Linie mal stolz macht, dass unsere Musik über die Grenzen hinaus Anklang findet.»

Auf den Spuren von Joan Jett

The Runaways, unter diesem Slogan präsentiert das britische Unternehmen seine neue Modekollektion. The Runaways, so hiess auch die erste grosse Frauenrockband in den 70er-Jahren (mit dabei: Joan Jett, die sich später mit «I Love Rock’n’Roll» in die Geschichtsbücher shoutete). Band und Label wissen nicht, wie die Briten auf ihren Song gestossen sind. Durchaus denkbar, dass das Modehaus das Internet gezielt nach Frauenbands durchforstet hat. Und dabei am eingängigen Refrain und Riffrock von «Gonna Go Wild» hängenblieb.

Reich wird die Band vorerst nicht. Branchenüblich wären in einem Markt wie diesem immerhin ein paar Tausend Franken. Labelchef Hediger spricht von «einem guten Zustupf an die nächste Scheibe». Die Abgeltung ist einmalig, auf die Urheberrechtsentschädigungen für die TV-Plays musste man verzichten. Auch wird ihr Bandname nicht eingeblendet. Aber mit schlauen Apps wie «Shazam» kann man heutzutage innert Sekunden den Interpret und Titel eines Werbespots herausfinden – und den Song auch gleich digital erwerben. Denkbar also, dass der Downloadverkauf von Mother Razorblades live eingespielter EP, die im Februar erschienen ist, in den nächsten Wochen anziehen wird.

Leadsängerin gesucht

Eine tolle Plattform für die Basler Band. Allerdings überschneidet sich die gute Nachricht mit bandinternen Turbulenzen: Sabrina Tschachtli, die dem Song ihre prägnanten Stimme lieh, ist nach drei Jahren aus der Band ausgestiegen. Was ist passiert? «Um das gleich klarzustellen: Es gab keinen Zickenkrieg», betont Marina Hummel. «Wir proben mehrmals wöchentlich, kleben förmlich aneinander. Gerade aufgrund dieser Nähe wurde zunehmend klar, dass unsere Charaktere und Ziele zu unterschiedlich sind.» Persönliche Differenzen also.

Jetzt suchen die drei Musikerinnen, die seit fünf Jahren den Kern bilden, fieberhaft nach einer Nachfolgerin. Gitarristin Hummel, Bassistin Martina Frei und Schlagzeugerin Sue Pedrazzi wünschen sich wieder eine Sängerin mit «Attitüde und Dreck». Sprich: Eine fragile Folk- oder glatte Musicalstimme würde nicht ins Bandbild passen. «In den nächsten Tagen werden erste Interessentinnen mit uns jammen», sagt Hummel, «Sängerinnen können sich aber weiterhin bei uns melden.»

Die Werbe-Kampagne wird ab September einige Monate lang auf MTV England und MTV Australien laufen. Im Netz gibts den Spot schon heute:

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