Beginner am Open Air Basel: Der Testsieger rappt wieder

Mit ihrem Auftritt am Open Air Basel haben die Beginner gezeigt: Sie wissen auch nach 24 Jahren noch wie man Menschen mit Hip Hop in Ekstase versetzt.

Talib Kweli hat sich wohl Mühe gegeben, der Funke sprang jedoch nie zum Publikum über.

(Bild: Simon Krieger)

Mit ihrem Auftritt am Open Air Basel haben die Beginner gezeigt: Sie wissen auch nach 24 Jahren noch wie man Menschen mit Hip Hop in Ekstase versetzt.

Es beginnt mit einem Schiffshorn, das alles wegbläst: das schaumige Bier im Plastikbecher, den lauwarmen Auftritt von US-Rapper Talib Kweli, die letzten Befürchtungen, dass hier einmal mehr alternde Hiphopper ihr Comeback versemmeln werden. Ab Sekunde eins ist klar, dass die Beginner zurück sind, gereift zwar, doch in alter Frische. Das Intro zum wenige Wochen alten Instanthit «Ahnma» dröhnt über den Kasernenplatz und sofort sind alle Arme in der Luft.

Die Hamburger Rapcombo feiert 13 Jahre nach der Veröffentlichung des letzten Albums («Blast Action Hero») ein Comeback und es scheint, als habe jeder einzelne Deutschrap-Fan im Umkreis von 100 Kilometern nur auf diesen Moment gewartet. Die Stimmung am Open Air Basel ist euphorisch. Das ansonsten eher zurückhaltende Basler Konzertpublikum lässt jede Scheu fallen: Zeilen werden mitgerappt, Tanzbeine geschwungen, Köpfe genickt, da und dort bricht sich die Begeisterung mittels lauter Jubelschreie Bahn.

«Alle sind happy, denn der Testsieger rappt wieder.»

Gleich zu Beginn stellen die Beginner klar, was dieser Abend nicht werden soll: Eine nostalgische Schwelgerei auf vergangene goldene Zeiten. Zwar spielen sie durchaus auch Hits von früher, doch gefühlt die Hälfte der Lieder stammt vom neuen Album «Advanced Chemistry», das am 26. August erscheinen soll. Es ist dies das Geheimnis des geglückten Comebacks, zu zeigen, dass man noch der Alte ist, jedoch den Anschluss nicht verloren hat.

Sinnbildlich dafür steht «Ahnma», die erste Single-Auskopplung. Das Lied mit dem Schiffshorn im Beat ist ein Statement: «Wir sind zurück, und damit auch Hamburg die frühere Hip-Hop-Hauptstadt Deutschlands.» Im zugehörigen Video versammelt sich alles, was in der Hansestadt Rang und Namen hat. Altbekannte Gesichter wie Ferris MC, Samy Deluxe oder Deichkind. Aber, und das ist der Clou, die Beginner featuren auch Gzuz, einen jungen, volltätowierten Strassenrapper mit Hafterfahrung.

Deutscher Rap hat sich gewandelt

Gzuz steht für eine neue Generation deutsche Rapper. Beginner und Konsorten in den 90er-Jahren stammten noch aus eher mittelständischen Gesellschaftsschichten. Ihre Texte waren klug, oft witzig, manchmal politisch. Die Vorbilder waren amerikanisch. Heute ist in Deutschland der Gangster- und Strassenrap Realität. Die ganz Grossen der Szene sind Kurden, Türken, Araber, Russen. Sie rappen über Drogendeals, Gewalt und Knast. Ihre Musik ist inspiriert von den Klängen aus den französischen Vororten.

In «Ahnma» hat Gzuz einen kurzen Auftritt, rappt bloss einige wenige Sätze von überschaubarem Inhalt. 

«Was los Digga, Ahnma.
Wie wir gucken, wie wir labern.
Jeder sagt heutzutage,
wir packen Hamburg wieder auf die Karte.»

Doch die erste Zeile ist bereits zum geflügelten Wort geworden. Kaum jemand, der die vier Worte an diesem Abend nicht lauthals mitgerappt oder sich gegenseitig noch Stunden später zugerufen hat. Rap ist dann erfolgreich, wenn es gelingt, den Slang zu beeinflussen. Nicht alleine die Botschaft zählt, das Spiel mit der Sprache ist sich zuweilen selbst genug.

Die «legenderbste» Band der Welt

Indem die Beginner für ihren ersten Song nach über zehn Jahren auf einen Nachwuchsrapper aus dem Hamburger Untergrund setzen, zeigen sie der Szene: Auch wenn wir weg vom Fenster waren, haben wir doch mitbekommen, wohin sich die Musik entwickelt hat. Wir bleiben uns treu, anerkennen aber eure Leistung.

«Was Rap ist in einer Sinnkrise? Guck wie ich es hinbiege, mit Armen wie Tim Wiese.»

Das Konzert auf dem Kasernenplatz vergeht wie im Flug. Es ist ein rund 70-minütiges, «legenderbes» Rap-, Tanz- und Partyspektakel. Denyo rappt kluge Zeilen, entspannt, geschmeidig, doch präzis präsent. Eizi Eiz, die unverkennbare Stimme, könnte eine Einkaufsliste runterlesen und es würde tanzbar klingen. DJ Mad, auf dem toll eingesetzten Leuchtpodest, führt die Zuschauer von Höhepunkt zu Höhepunkt.

Man ahnt: Die drei wissen noch wies geht.

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Nach «Ahnma» ist vor wenigen Tagen mit «Es war einmal …» die zweite Single-Auskopplung erschienen. Das aufwendige Video ist eine Parodie auf deutsches Trash-TV, der Song ein Rückblick auf die 24-jährige Bandgeschichte der Beginner.

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