Bilder der Bedrohung und Vergänglichkeit

In einer kleinen, aber ausgesprochen feinen Ausstellung präsentiert das Kunstmuseum Basel seinen vorzüglichen Sammlungsbestand von Gemälden des Basler Malers Niklaus Stoecklin.

Eindrückliche Frühwerke von Niklaus Stoecklin: Rheingasse (1917 (Bild: Martin P. Bühler, Kunstmuseum Basel © 2013, , Zürich)

Das Kunstmuseum Basel präsentiert mit seinen Sammlungsbeständen von Bildern des Basler Malers Niklaus Stoecklin einen Künstler, der weit mehr geschaffen hat als Ikonen der Plakatkunst und reizende Genrebilder der Basler Fasnacht.

Viele Baslerinnen und Basler sehen, wenn sie den Namen Niklaus Stoecklin (1896-1982) vernehmen, wohl als erstes die reizende Fasnachtsszenerie auf der Farblithografie «Buebezigli am Morgenstreich vor der Hasenburg» vor ihrem geistigen Auge auftauchen. Wenn man die regionalen Grenzen überschreitet, rückt wohl das berühmte Gaba-Plakat, das es zusammen mit weiteren Plakaten bis in die Sammlung des New Yorker Museum of Modern Art geschafft hat, in den Vordergrund.

In der aktuellen Fokus-Ausstellung mit den Stoecklin-Werken aus der Sammlung des Kunstmuseums Basel sind diese beiden Arbeiten nicht zu finden. Dafür trifft man auf Ölgemälde, auf denen eher bedrückende Szenerien abgebildet sind, auf Figurendarstellungen, die sich an den Kubismus anlehnen, oder auf Stilleben, die an altmeisterliche Vorbilder erinnern. Allen Gemälden ist gemein, dass sie sich durch eine ausgesprochen präzise Bildsprache auszeichnen. Zu erleben ist der eigenständige Künstler Niklaus Stoecklin, und nicht der Plakatgestalter oder der malende Basel-Chronist.

Eigene Sammlungsbestände

Kunstmuseum Basel
«Fokus: Niklaus Stoecklin»
bis 3. November 2013

Während der Ausstellung finden mehrere Führungen und Spezialveranstaltungen statt statt. Zum Beispiel ein Stadtrundgang zu Stoecklin-Werken im öffentlichen Raum (24. August und 14. September, 14.00 – 16.00 Uhr) und eine Präsentation der Werke im Staatsarchiv (16. Oktober, 14.00 – 15.00 Uhr)

Als «bedeutendsten Schweizer Vertreter der Neuen Sachlichkeit» bezeichnet das Museum den Basler Maler. Tatsächlich war Stoecklin 1925 als einziger Schweizer an der namengebenden, von Gustav Friedrich Hartlaub kuratierten Ausstellung «Neue Sachlichkeit» in der Mannheimer Kunsthalle mit dabei. Die Basler Stoecklin-Ausstellung im Erdgeschoss (die man, weil sie seltsamerweise nicht speziell ausgeschildert ist, erst finden muss) beschränkt sich auf die museumseigenen Sammlungsbestände. Diese sind zwar überaus hochkarätig, mit dem oben genannten Stilbegriff aber nur unzureichend umschrieben.

So wird man beim Eintritt in die Ausstellungsräume vom grossen, hochformatigen Gemälde «Kegelspieler» von 1918 empfangen, das deutliche Anlehnungen an den Kubismus oder die daraus entstandene Strömung Orphismus offenbart. Im nächsten Raum begegnet man dem Werk «Hartmannsweilerkopf» aus dem Jahr 1919, einer surrealistisch anmutenden, aschgrauen Kriegslandschaft mit Bombenkratern, zerstörten Bäumen und einer einsamen Menschenfigur im Hintergrund. Und im letzten Raum dann folgen die Stilleben, etwa die «Saucière mit Feigen und Fächer» (1948), die motivlich, farblich und vom Bestreben her, malerische Brillanz zu demonstrieren, an die grossen Stilleben-Meisterwerke aus dem 17. Jahrhundert erinnern.

Alltagsbild einer bedrohlichen Zeit

Zu den fazinierendsten Werken der Ausstellung gehört das bekannte Gemälde «Rheingasse» aus dem Kriegsjahr 1917, in dem Stoecklins präzise gegenständliche Bildsprache besonders deutlich zu Tage tritt: Auf den ersten Blick offenbart sich eine Kleinstadtidylle, die sich aber sogleich als ausgesprochen brüchig erweist. In vielen Details führt Stoecklin das Elend und die Entbehrungen der Kriegszeit vor Augen: Durch das Fenster über der Metzgerei, die «Blut und Leberwürste» feilbietet, fällt der Blick auf einen Sarg. Und im Stockwerk über dem anderen, karg eingerichteten Schaufenster der Kragen-Wäscherei mit dem Namen «Niederlage» blickt eine hässliche alte Frau mit Katze auf die Strasse, auf der die verwischten Spuren des «Himmel und Hölle»-Kinderspiels zu sehen sind.

«Fokus: Niklaus Stoecklin» ist nicht die grosse Ausstellungskiste – eine solche folgt am 8. September mit «Piet Mondrian – Barnett Newman – Dan Flavin». Es ist eine kleine, aber ausgesprochen feine Ausstellung, die man nicht verpassen sollte (sie dauert bis 3. November). Denn auch wenn es sich ausschliesslich um Werke aus der eigenen Sammlung handelt: Alle zusammen werden sie nach dieser Ausstellung wohl für lange Zeit nicht mehr zu sehen sein.

Und weil das Museum den Weg zur Ausstellung (zumindest in den ersten Tagen) nicht speziell ausgeschildert hat, hier nun noch der Hinweis, wie man hinkommt: Vom Museumseingang aus geht’s links an der Kasse vorbei in die Ausstellungsräumlichkeiten im Erdgeschoss.

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