Blas mir doch in die Pumps!

Tatzenjacken, Federschuhe und Krähenschuhe: Die Swiss-Design-Award-Preisträgerin Isabelle Mayer überzeugt mit entzückend surrealistischer Mode.

Isabelle Mayer steht eigentlich nicht gerne im Rampenlicht. Dem Fotografen macht sie aber den Gefallen.

Tatzenjacken, Federschuhe und Krähenschuhe: Die Swiss-Design-Award-Preisträgerin Isabelle Mayer überzeugt an den Swiss Art Awards mit entzückend surrealistischer Mode.

Mode hat an einer Kunstmesse nur an den anwesenden Menschen was zu suchen. Denn Mode ist keine Kunst, zumindest nicht in dem Sinne, wie es die Kunst an einer Kunstmesse ist und sein will. Mode verfügt immer über eine gewisse Funktionalität, egal wie abgefahren, abstrakt und high fashion sie ist – im Kern strebt sie stets das Bekleiden an.

Aber Mode hat auch viel von Kunst, sie lässt Menschen die Welt anders wahrnehmen, sie stellt Fragen und zeigt Antworten, die nur durch sie funktionieren. Coco Chanel sagte nicht zu Unrecht: «Mode ist nichts, was nur in Kleidung existiert. Mode ist in der Luft, auf der Strasse, Mode hat etwas mit Ideen zu tun, mit der Art wie wir leben, mit dem, was passiert.» 

Und so muss die Mode auch während der Art Basel ihren Platz haben – was glücklicherweise der Fall ist: Bei den Swiss Design Awards werden jeweils drei Auszeichnungen im Bereich Mode- und Textildesign vergeben. Und dieses Jahr hat eine junge Modedesignerin gewonnen, deren Kreation Chanels Zitat im besten Sinne reflektiert.

Pelztatzen und Blase-Pumps

Grosse Tatzen mit roten Nägeln prangen auf grobem Pelz, glänzende Federn auf spitzen Pumps und Hühnerfiguren auf dunklen Sonnenbrillen. Die Besucher machen grosse Augen – es ist eine Art von Mode, die im momentan vorherrschenden Minimalismus-Trend etwas schief in der Landschaft steht. Verspielt und liebreizend, aber auch auftragend. Isabelle Mayer lächelt, als sie die neugierigen Blicke sieht. Ruhig erklärt sie, was es mit den ungewöhnlichen Motiven (an einem Pumps-Paar ist beispielsweise am Absatz hinten eine kleine Blas-Vorrichtung angebracht, wie man sie von Schwimmflügeln kennt) auf sich hat.



Hühneraugen-Brille und das Auge isst mit-Buch – Mayers in Accessoires verwandelte Redewendungen.

Hühneraugen-Brille und das Auge-isst-mit-Buch – Mayers in Accessoires verwandelte Redewendungen.


Mayer hat deutsche Redewendungen und Wortschöpfungen genommen und sie wortwörtlich auf Accessoires und Kleidungsstücke appliziert. Die Pumps mit den Blas-Vorrichtungen stehen für «Blas mir doch in die Schuhe», die gefiederten Hacken für «Krähenfüsse», die Sonnenbrille für «Hühneraugen». Ein paar der Besucher lachen laut auf, als sie davon erfahren. Man kann fast nicht anders: Mayers Kollektion ist hochwertig und selbstironisch zugleich, und wäre «sympathisch» nicht so ein mittelmässig anmutendes Wort, so wäre es perfekt für sie.

Mode mit einem Augenzwinkern

Die Ironie sei durchaus gewollt, meint die Designerin, die dieses Jahr ihren Bachelor an der Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK) gemacht hat: «Kleider soll man tragen, weil man Freude dran hat. Und das darf durchaus auch selbstironisch sein.» Sie habe Mühe mit der Ernsthaftigkeit, die zuweilen in der Mode vorherrsche. «Es geht doch darum, sich auszuprobieren und auch mal was mit einem Augenzwinkern zu tragen.» 



Wäre Meret Oppenheim noch am Leben, es würde sie entzücken: Isabelle Mayers «Das Auge isst mit»-Kollektion.

Wäre Meret Oppenheim noch am Leben, es würde sie entzücken: Isabelle Mayers «Das Auge isst mit»-Kollektion.


Wer denn die Frau sei, die sie sich für ihre Kleider vorstellt? Eine selbstbewusste und elegante Frau, die Humor habe. Und ein bisschen verrückt müsse sie wohl auch sein. Diese Beschreibung und die surrealistische Komponente der Kollektion lassen einen sofort an Meret Oppenheim denken. Wäre sie noch am Leben, sie wäre eine fantastische Besetzung für Mayers Spektrum an bezaubernder Mode, die von der Jury des Schweizer Designpreises nicht ohne Grund als «eigener Kosmos» bezeichnet wurde.

Ein Kosmos, der ganz im Sinne Coco Chanels aus viel mehr als bloss Kleidung besteht. 

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Swiss Design Awards: Erdgeschoss bei den Swiss Art Awards, 15. bis 21. Juni 2015, Halle 4, Messezentrum Basel.

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