Das Interesse von Pamela Rosenkranz gilt evolutionären Mechanismen und Prozessen, die dem Denken und Handeln des Menschen zu unterliegen scheinen. Die Kunsthalle Basel widmet der Schweizer Künstlerin eine Ausstellung.
«Blau war offenbar die Lieblingsfarbe des Projektleiters von Viagra, jener berühmten Pille, erfunden zur Steigerung der Potenz einer ewigen Jugend. Er ist nicht der einzige.» So beginnt ein Essay der Schweizer Künstlerin Pamela Rosenkranz. Die Farbe Blau gefiel auch Yves Klein. Und auch Pamela Rosenkranz ist von ihr offenkundig fasziniert.
Die Farbe Blau ist ein formales Element, das dem Besucher in Rosenkranz‘ Ausstellung in der Kunsthalle Basel immer wieder begegnet. Blaues Wasser fliesst aus einem Hahnen in ein Waschbecken, kleine Viagra-Pillen liegen auf dem Boden, grossformatige Bilder zieren als Referenz an Yves Klein einen ganzen Raum.
Evolution
Diese Arbeiten nur auf die gemeinsame Farbe zu reduzieren, griffe jedoch zu wenig weit. Denn Rosenkranz geht mit ihren Werken weit, weit zurück, bis zum früh-evolutionären Entwicklungsstadium des Menschen. Damals, als unsere Vorfahren noch die Meere bewohnten, wurden die menschlichen Sehzellen ausgebildet. Sie waren vor allem auf blaue Wellenlängen empfindlich, und auch heute noch sprechen wir in besonderem Masse darauf an.
So ist wohl auch zu erklären, weshalb die Viagra-Macher für ihr Produkt genau auf diese Farbe setzten. Rosenkranz ordnet die kleinen Pillen in einer Reihe an, die ein Fragment des Buchstaben V bildet. Dieses steht, neben seiner Funktion als Anfangsbuchstaben Viagras auch für andere für Rosenkranz‘ Werk wichtige Begriffe wie etwa Vitality/Vitalität.
Kreislauf
Doch weshalb nur lieben wir das Blau so sehr? Liegt es an der Weite von Meer und Himmel? Schon Yves Klein war derart beeindruckt davon, dass er einst den Himmel zu seinem grössten Kunstwerk erklärte und ihn signierte, versonnen am Strand seiner Heimatstadt Nizza liegend. Daraufhin erfand er ein Ultramarinblau, strahlend und klar, das er unter dem Namen International Klein Blue (IKB) patentieren liess. Pamela Rosenkranz hat im Internet einige seiner Bilder zusammengesucht und sie grossformatig ausgedruckt – keines hat mehr dasselbe Blau wie sein Gegenüber. Die Inkjetprints zog die Künstlerin von Hand auf, wodurch Luftblasen entstanden. Und wieder widerspricht sie damit Klein auf freche Weise: Denn der Franzose erklärte einst, Luft sei kein Material, weil sie nicht sichtbar gemacht werden könnte.
Luft verarbeitet der Mensch in seinen Lungen, die Atmung imitiert Rosenkranz in ihrem Werk «Loop Revolution». Eine zweifach gespiegelte Aufnahme eines Erdteils, vom All aus gesehen, wird im Atemrythmus ein- und ausgezoomt. Hier verbindet Rosenkranz die umgebende Natur mit dem menschlichen Körper.
Wissenschaft?
Für letzteren verwendet sie gerne die Farbe Rot – Teil der Hautfarbe eines Menschen ebenso wie die Versinnbildlichung seines Kreislaufes. Rot leuchtet durch das Weiss der Kunsthallen-Wände, die deshalb teils in frischem Rosa erstrahlen, und es tönt Silikonfarben ab, die in Mineralwasserflaschen abgefüllt die gesunde Wirkung des Wasser auf unsere Haut die unterschiedlichsten Hauttöne imitieren. Es scheint so real, doch nichts ist hier wie es scheint. Und doch, glaubt man, ist alles irgendwie auch wissenschaftlich begründbar.
- Kunsthalle Basel, bis 11. November.