Unterwegs an der BScene am Freitagabend: Wo man hungrig blieb und andächtig wurde.
«Da trudeln immer wieder Leute ‚rein, das müssen Ottos sein», reimt der Sänger von Otto Normal ins Mikrofon. Zwar sind zu Beginn nur 20 bis 30 Nasen im Unionsaal des Volkshauses, aber die Stimmung ist dennoch gut: Der satte Discobeat im Nacken, rappen und singen «die sechs Antihelden der Mittelschicht», wie sie sich selbst nennen, was ihr Mundwerk hergibt.
Eine funkige Gitarre, chillige Keyboards und ein Sänger mit Animateurqualitäten und fetten Rhymes – der ganze Saal des Volkshauses geht auf Wunsch von Otto Normal in die Knie. Ein bisschen Gymnastik zum Einstimmen. Die Freiburger stellen den Spass am Musikmachen und das Teilen dieser Freuden in den Vordergrund. Das steckt an.
Hunger nach mehr
Virtuose Geigenparts, Percussionseinlagen und jaulende Gitarrensolis von ZISA lüpfen auch noch jedes vorzeitig müde Tanzbein. Die Zuschauer verlangen nach einer Zugabe. Doch den Hunger nach mehr darf die Band nicht stillen. Das ist an der BScene üblich: keine Zugaben, der straffe Zeitplan lässt keinen Spielraum, die Pause zwischen den Bands wird für den Umbau benötigt. Doch genau dies würden sowohl Bands, wie auch das Publikum, schätzen: Dass sie an «ihrem Basler Szenenabend» mindestens noch einen Draufsetzen können. Oder zwei.
Aus nachvollziehbaren programmatischen Gründen wird das vielen Bands verwehrt. Zum Nachteil der Stimmung im Publikum: sobald eine Band ihr Set beendet, ist Katerstimmung angesagt. Die eine von zwei Bars im Volkshaus: leer. Nicht leer getrunken, sondern keiner steht an der Bar. Der Grosse Saal ist im Vergleich zum ersten Act Baye Magatte aber dennoch besser besucht. Das Publikum honoriert die Spielfreude und den «Underground-World-Groove» von ZISA mit Tanzeinlagen.
Die Band The Dubby Conquerors feat. Elija, De Luca, Easy Yves & Danini, Exco Levi & Dutchi Gold lassen Ferienstimmung aufkommen: Mit Roots-Reggae und Dancehall mischen sie das Volkshauspublikum auf. Die A-Cappella-Solo-Nummer von Dutchi Gold hat nur einen, dem Publikum gemeinsamen Beat: Der Beat des Herzens. Man klopft sich mit der flachen Hand auf die Brust. Gong-gong. Jamaica meets Basel. Der Puls der Stadt ist aber, trotz aller «realness», woanders spürbar.
Andächtige Stimmung aus einem Guss
Nämlich im «Sääli»: hier sind Charlotte & Sophie für die sanfteren Töne veranwortlich. Aber: gerade die forscheren, etwas kehliger gesungenen Songs begeistern. Charlotte & Sophie liefern jeden zweistimmigen Einsatz perfekt ab. Mit Glockenspielklängen und Ping-Pong-Ball-Sounds vom Syntheziser garnieren sie die melancholisch-stimmungsvollen Songs. Und wechseln sich am Klavier ab. Das Publikum im «Wohnzimmer» des «Sääli» ist ganz Ohr. Eine fast andächtige Stimmung im Kerzenschein, der man sich noch so gerne hingibt.