Nach einer einjährigen Suche stellt das Theater Basel seinen künftigen Direktor vor: Andreas Beck wird Mitte 2015 die Leitung des Dreispartenhauses übernehmen.
«Es ist soweit», sagte Verwaltungsratspräsident Samuel L. Holzach um 15 Uhr vor den Medien im Nachtcafé des Theater Basel. «Wir dürfen den Namen des neuen Intendanten bekanntgeben: Andreas Beck.»
Andreas Who? Das mag sich der Szene-Outsider fragen, gerade auch angesichts all der lokal bekannteren Namen, die in den vergangenen Monaten als Nachfolge für Georges Delnon herumgereicht wurden: Sebastian Nübling, Stefanie Carp, Albrecht Puhlmann, Jan Bosse, um nur einige zu nennen. Viele Gerüchte. Und jetzt also Fakten: Andreas Beck, 48 Jahre jung, derzeit Leiter des Wiener Schauspielhauses. Kein Regisseur. Sondern ein Dramaturg, der in München und Bologna Kunstgeschichte, Soziologie und Theaterwissenschaft studiert hat, ehe er an diversen Häusern (Burgtheater Wien, Staatsschauspiel München, Schauspielhaus Hamburg, Schauspielhaus Wien) an Erfahrung und Bedeutung gewann.
Gewünscht: Künstlerischer Aufbruch in allen drei Sparten
Er habe das Anforderungsprofil am besten erfüllt, erklärte Rudolf Grüninger, der Präsident der achtköpfigen Findungskommission. Was die Erwartungen angeht, hatte die Findungskommission drei zentrale Ziele formuliert:
1. Künstlerischer Aufbruch für das Theater Basel in allen drei Sparten.
2. Höchster künstlerischer Anspruch und internationale Bedeutung in allen drei Sparten
3. Überzeugende Führungspersönlichkeit nach innen wie nach aussen.
Im Sommer 2013 schien eine Lösung in Sicht, war man einem Ziel nahe. «Wir waren auf der Überholspur», sagt Grüninger auf Nachfrage, «haben dann an der Raststätte einen Halt eingelegt und mit den Topkandidaturen noch einmal geredet und dabei festgestellt, dass sich die Vorstellungen doch nicht genügend decken.» Also ging die Suche weiter.
100 Kandidaturen geprüft
Nach Sichtung von rund 100 Kandidaturen sei man schliesslich einstimmig zum Schluss gekommen, dass Andreas Beck all dies erfülle und am überzeugendsten vermittle. «Leider war am Ende keine Schweizer Kandidatur und auch keine Frau mehr im Rennen», sagte Holzach. Mit Andreas Beck habe man aber «im positiven Sinne ein Theatertier gefunden; eine künstlerisch denkende Person, ohne eigene inszenatorische Ambitionen.
Beck machte bei seiner Vorstellung vor den Medien einen sympathischen Eindruck, offenbarte gleich zu Beginn Sinn für Ironie, als er sagte, dass er im Ruhrgebiet zur Welt gekommen sei … «eher zufällig, meine Mutter hatte da noch einen Besuch gemacht.»
Einen Namen gemacht hat er sich in den letzten 20 Jahren als Förderer der Autoren- und Stückentwicklung. Beck erlebte und prägte an mehreren Häusern Generationenwechsel, baute sich ein Netzwerk auf, von dem sich der Theater-Verwaltungsrat für Basel einiges verspricht – und das in allen drei Sparten. Diese stärker unter einen Hut zu bringen, das ist zudem ein erklärtes Ziel beider Seiten.
Spartengrenzen etwas aufheben
Noch bis 2015 leitet er das Wiener Schauspielhaus, «ein Theater, das mit dem Zürcher Neumarkt zu vergleichen ist», wie er selber sagt. In Basel will er die drei Sparten stärker miteinander verknüpfen. «Ich möchte, dass dieses Haus gemeinsamer gedacht wird. Dass die einzelnen Sparten mehr als nur Fundus, Werkstätte und Kantine miteinander teilen. So wie Ausstellungen kuratiert werden, so möchte ich auch einen Spielplan entwerfen, der die Grenzen etwas aufhebt – dennoch sollen Sparten freundschaftlich und kollegial miteinander konkurrieren dürfen. Ich plane keine Revolution.»
Die Verwaltungsräte waren voll des Lobes für ihren Findling: Beck sei auch für kurze Gespräche rasch nach Basel gekommen – und gleichentags nach Wien zurückgereist, weil er etwa bei einer Generalprobe seines Teams dabei sein wollte. «Genau einen solchen Geist wünschen wir uns», sagen Grüninger und Holzach im Gespräch, «einen Intendanten, der intern wie extern präsent ist, einen Ansprechpartner für alle.» Beck wiederum sagte, dass er in seinen bisher sechs Jahren am Wiener Schauspielhaus mit allen möglichen Problemen eines Hauses konfrontiert worden sei, von fehlendem Klopapier bis zur Kasse, die nicht funktioniere.
Neue Werke reizen ihn besonders
Seit 1986 besuche er das Theater Basel regelmässig, zuletzt sah er sich in der vergangenen Saison «Der Sandmann» an, die Oper des Basler Komponisten Andrea Lorenzo Scartazzini – «ein packendes Theatermärchen», wie unsere Kritikerin festhielt. Für neue Opern, für Librettoaufträge möchte er sich in Basel stark machen, «gerade der Umgang mit neuen Texten und neuer Musik ist für mich eine Herausforderung, die mir sehr am Herzen liegt», so Beck.
Basel kennt er seit 1986. «Seither besuche ich auch dieses Haus regelmässig.» Ab 2015 wird er die Stadt auch ganz zu seinem Zuhause machen.
Lesen Sie auch unser erstes Interview mit Andreas Beck: «Ich bin die Bienenkönigin».
Einen Kommentar zur Wahl von Andreas Beck lesen Sie ab 18.10. in unserer Wochenausgabe, auf Papier oder in der App der TagesWoche.