Chucho Valdés: Der Kubaner, der die Isolation stets hinter sich liess

Der Pianist Chucho Valdés verbindet seit 60 Jahren Jazz, Klassik, afrokubanische Rituale und Salsa. Weltruhm erlangte er mit seiner Big Band Irakere, der er am Jazzfestival Basel Tribut zollt.

Der Pianist Chucho Valdés verbindet seit 60 Jahren Jazz, Klassik, afrokubanische Rituale und Salsa. Weltruhm erlangte er mit seiner Big Band Irakere. Dieser zollt er bei seinem Auftritt am Jazzfestival Basel Tribut.

Kuba scheint sich nach langer Isolation der Weltgemeinschaft zu öffnen. Was auf politischer Ebene mühsam erarbeitet werden muss, war musikalisch schon immer eine Selbstverständlichkeit. Einflüsse aus drei Kontinenten machten die Karibikinsel zum Knotenpunkt der Kulturen. Die Begegnung von afrikanischen Rhythmen und Glaubensvorstellungen mit den Traditionen der Kolonialmächte hat seit dem 19. Jahrhundert zu Stilformen von Danzón und Son bis Salsa und Hip-Hop geführt. Und auch heute geht die Globalisierung kubanischer Musik weiter.

Wunderkind und Tastengigant

Eine Blaupause für die weltumspannende Lesart kubanischer Klänge liefert seit Jahrzehnten der Tastengigant Chucho Valdés. Der Sohn der Pianistenlegende Bebo Valdés war das klassische Wunderkind, agierte schon mit drei Jahren am Klavier, schloss das Konservatorium ab, als er 14 war. Klassik und Jazz gingen da schon im wörtlichen Sinne Hand in Hand: Chucho erfuhr von seinem Vater alles über lateinamerikanische Musik, war aber genauso beeinflusst von Duke Ellington, Count Basie und Nat King Cole.

Für seinen charakteristischen Stil am Klavier dienten Bill Evans und McCoy Tyner als Vorbilder. Bereits als Teenager formt er ein eigenes Jazztrio, spielt parallel aber bei Sabor de Cuba, dem berühmten Orchester seines Vaters. Ihn sieht er dann lange Jahre nicht, denn nach der Revolution verlässt Bebo Valdés die Heimat.

Der Sohn hingegen erklimmt die Karriereleiter über verschiedene Orchester weiter, bis er Anfang der 1970er-Jahre ein Quintett vorstellt, aus dem schliesslich seine berühmteste Band erwächst: Irakere (das Wort steht in der Yoruba-Sprache für «Vegetation»). Sein Ziel: Den grossen Blechbläserapparat der Big Bands auf einen Satz von vier Hörnern zu verschlanken. Irakere spielt somit einen luftigen Sound mit dichtem Satz, der clever Jazz und Rock mit der Inspiration aus der rituellen Musik der Santeria verknüpft – jene Glaubensrichtung, die von Westafrika in die Karibik importiert wurde und in der die Orisha-Gottheiten verehrt werden. Irakeres Siegeszug geht bis nach Europa und die USA, wo Dizzy Gillespie zu einem erklärten Fan wird.

Projekte mit Omara Portuondo, Buika und Lang Lang 

Erst im neuen Jahrtausend gönnt sich Chucho Valdés eine Pause von der Band, verfolgt wieder verstärkt seine Solokunst oder schliesst sich in intimen Projekten mit prominenten Stimmen zusammen. Unter seinen Vokalpartnern sind auch zwei Vokalgrössen, die in Basel kürzlich zu hören waren: Kubas Legende Omara Portuondo und die feurige Flamencostimme Buika. Kürzlich konzertierte Valdés gar mit dem chinesischen Star Lang Lang. Und mit seiner neuen Band, den Afro-Cuban Messengers unternimmt er Ausflüge zu Bach und Rachmaninoff genauso wie in den Flamenco oder zu den marokkanischen Gnawa.           

Das alles wird bei seinem Festivalauftritt aber eher eine untergeordnete Rolle spielen. Denn da Chucho Valdès im Oktober 75 Jahre jung wird, schenkt sich der Grandseigneur zu seinem Jubiläum nochmal eine Hommage an sein grösstes Erfolgskind. «Die Idee ist, dass ich mit kubanischen Musikern mehrerer Generationen das Konzept von Irakere ins Heute übertrage», erklärt er sein Anliegen.

Valdés hat dafür ein Sextett um sich geschart, das die pionierhafte Verbindung von Jazzimprovisation und karibischer Polymetrik feiert, und dabei immer wieder auf die spirituelle Sphäre der Santeria-Religion verweist. 
_
Chucho Valdés live: Freitag, 6. Mai, 20 Uhr.
Kaserne Basel (im Rahmen des Jazzfestivals). 

 

Nächster Artikel