Comics Deluxe!

Das Cartoonmuseum Basel guckt zurück auf knapp 30 Jahre «Strapazin».

Erschien 1993: «Fettaugen» von Andrea Caprez und Christoph Schuler. (Bild: ©Caprez/Schuler)

Das Cartoonmuseum Basel guckt zurück auf knapp 30 Jahre «Strapazin».

Immer nur Micky Maus oder Superman, das kanns nicht sein, dachten sich Anfang der 1980er-Jahre ein paar Leute in Stuttgart und gründeten 1984 als Alter­native für eine alternative Comicszene das Magazin «Strapazin», der Name eine ­Melange aus «Magazin», «Fanzine», ­«Strapaze» und «Aspirin». Eine Nummer erschien, ein radikales Heft, das kaum ­einen Käufer fand. Resultat: Der Verlag in München ging konkurs.

Der Start von «Strapazin» hätte somit gleich sein Ende sein können. Doch die Zürcher Szene um David Basler, der den Stuttgartern schon wichtige Kontakte zu Zeichnern geliefert hatte, sprang ein und rettete das Heft – zum Glück, denn «Strapazin» entwickelte sich bald zum tonan­gebenden Sprachrohr und bleibt es bis heute, wo der Comic längst nicht mehr die klassische Kunstform für Einzelgänger ist und «Strapazin»-Herausgeber und -Autoren an Kunsthochschulen unterrichten.

Der langjährige Erfolg des Magazins ist Grund genug für das Cartoonmuseum, ­einen retrospektiven Blick darauf zu richten, von den Anfängen bis hin zur aktuellsten Ausgabe – auch wenn das nächste ­Jubiläum erst in zwei Jahren ansteht.

Der Blick, den das «Strapazin» auf die Comicszene wirft, ist und war immer ein erklärtermassen nicht kommerzieller. ­Seine Geschichte widerspiegelt auch die Geschichte des Comics in den deutschsprachigen Ländern überhaupt, und nicht zuletzt auch beschreibt die Entstehung des «Strapazin» die Stimmung der frühen Achtzigerjahre mit ihren gesellschaftlichen Umbrüchen. Trotzdem verstand sich «Strapazin» nie als politisches Comic­magazin. Von Beginn weg publizierte es internationale Stars ebenso wie Newcomer, von ­denen nicht wenige mit «Strapazin»-Hilfe ebenfalls zu Stars avancierten. Man orientierte sich zuerst an Dadaismus, am Expressionismus, an Punk oder Rock ’n’ Roll. Nur etwas fand sich kaum: Einflüsse klassischer Mainstream-Comics.

Das Fehlen einer deutschsprachigen Tradition entpuppte sich für viele Zeichner als Chance, eigene Sprachen zu entwickeln. So konnte in den 1990er-Jahren erstmals eine eigenständige deutsch­sprachige Comicszene entstehen, die auch international wahrgenommen wurde. Die Liste der im «Strapazin» veröffentlichten Autoren liest sich inzwischen wie ein Who is Who des modernen Autoren­comics. Einige davon wird man ab kommendem Freitag im Cartoonmuseum durch Originalskizzen vertreten sehen.

  • Vernissage: Freitag, 9. 11., 18.30 Uhr. Cartoonmuseum, St. Alban-Vorstadt 28. Ausstellung ab 10. 11. www.cartoonmuseum.ch.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 02.11.12

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