Cooler geht nicht

Die Open-Air-Saison ist eröffnet. Wir haben weder Wind noch Wetter gefürchtet und einen Redaktor an die Bad Bonn Kilbi geschickt. Er hüpfte vor Bären, Angela Merkel und Kälte.

Der Zeltplatz wo nur die hartgesottensten Festivalgänger übernachten. Der Rest geht nach Hause ins Warme. (Bild: Matthias Oppliger)

Die Open-Air-Saison ist eröffnet. Wir haben weder Wind noch Wetter gefürchtet und einen Redaktor an die Bad Bonn Kilbi geschickt. Er hüpfte vor Bären, Angela Merkel und Kälte.

Openairs sind ja die Gelegenheit für Städter mit Bürojobs, ihre jährliche Dosis an Abenteuer und dreckigem Rock’n’Roll abzuholen. Und endlich kann man auch seine teuren Outdoorkleider rechtfertigen, die im urbanen Umfeld jeweils etwas affig wirken. An der Bad Bonn Kilbi in Düdingen sind sie nicht nur angebracht, sondern auch nötig. Der Anlass ist jedes Jahr einer der frühesten Einträge im Festivalkalender und dank dem Wetter in diesem Frühling auch ein Abenteuer.

Der Anlass ist mit rund 2000 Zuschauern recht klein, umso feiner ist dagegen das Programm. Die Kilbi steht im Ruf, Bands zu buchen solange sie noch Geheimtipps sind. Entsprechend nimmt sich auch das Publikum aus, vornehmlich Musiknerds die sich in extenso über die Vorzüge eines bestimmten Remix unterhalten können. Oder wie es ein Besucher selbstironisch auf den Punkt bringt: «Hier treffen sich die versammelten Schweizer Hipster.»

Männer in Frauenkleidern

Der Freitagabend beginnt mit einer Männerband in Frauenkleidern. Connan Mockasin sollen gut sein, sagt einer. Er habe das in einem Blog gelesen, fügt er an. Es scheint sich rumgesprochen zu haben, das Zelt ist gerammelt voll. Na ja, es regnet auch in Strömen.

Der Blogschreiber hatte recht, die Band in Röcken rockt. Connan Mockasin spielen psychedelischen Rock, komplexe lange Stücke, die da und dort wohlkalkuliert eskalieren. Das Urteil der bewanderten Meute: «So wie die angezogen sind, müssen sie ja gut sein.»

Wer sich verliert, findet sich auch wieder

Das Kilbi-Gelände ist sehr überschaubar, wie bei jedem Openair verliert man sich ständig gegenseitig. Aber hier trifft man sich auch wieder, vorausgesetzt man übertreibt es nicht mit dem Kaffi Fertig. Das spiessigste aller Getränke ist hier in aller Munde, es ist ja auch verdammt kalt (4 Grad).

Inzwischen hat sich auf der Hauptbühne die nächste Männerband eingefunden. Grizzly Bear sind längst kein Geheimtipp mehr, ihre Lieder werden sogar bei Radio Energy gespielt. Da hats der Musiknerd schwer. Eigentlich mag er die Band, aber sein Kodex als Kenner erlaubt es ihm nicht, Radiomusik zu goutieren. Die Bären spielen etwas lustlos und beklagen sich über die Kälte. Aber die grossen Hits bringen das Publikum trotzdem zum Hüpfen. Na ja, ist auch richtig kalt mittlerweile.

Zuviel Abenteuer

Ausser den zwei Zeltbühnen steht auf dem Gelände auch noch ein Haus. Mit dem Club Bad Bonn hat alles angefangen, hier haben die Veranstalter der Kilbi ihre ersten Konzerte gebucht. Drinnen ist es warm und voll. Am DJ-Pult steht eine Frau, die aussieht wie Angela Merkel und ihr Handwerk bestens versteht. Die Menge tobt, bejubelt jedes neue Stück frenetisch. DJ Marcelle, wie die Dame sich nennt, bringt Genres durcheinander, dass es eine helle Freude ist. Worldmusic, Dubstep, Hip Hop, irgendwas Afrikanisches.

Wer sich die Wärme der Partynacht bewahren kann, schlüpft in seinen Schlafsack. Für den grössten Teil der Kilbibesucher ist das Übernachten im Zelt bei Temperaturen nahe am Nullpunkt aber dann doch zuviel Abenteuer.

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