Keine zwei Wochen nachdem sich Das Schiff mit rauschenden Partys vom Clubbetrieb verabschiedet hat, kündigt es die Feier zur Neueröffnung an: Analog statt digital lautet künftig die Ausrichtung. Die Betreiber streben Synergien zwischen Gastronomie und Kulturbetrieb an.
Na sowas. Nicht schlecht haben wir gestaunt, als vor zwei Tagen in unserem Mailordner ein Newsletter mit dem fetten Vermerk «Neueröffnung Das Schiff» einging. Und darunter für den 8. März eine Eröffnungsparty angekündigt war. Denn, wir erinnern uns: Erst vor zwei Wochen wurde unter dem Slogan «Das Schiff Closing» in zwei rauschenden Nächten Abschied vom Partyboot genommen. Die Betreiberin Tiefgang AG hatte die Zusammenarbeit mit dem Musikbüro aufgekündigt, um das Gastronomiegeschäft stärker zu akzentuieren. Bankette statt Ausschweifungen, wie wir schon im Oktober berichtet haben.
Und jetzt trudelt bereits die Einladung zur Neueröffnungs-Party ein. War alles nur Farce? «Nein», sagt CEO Hector Herzig auf Nachfrage. «Wir bauen derzeit den Club im Unterdeck zurück, schaffen einen polyvalenten Raum, den man für Bankette aber auch für Lesungen oder Filmvorführungen nutzen kann.» Wo an Wochenenden die Technobässe pumpten, habe es sich aber wirklich ausgetanzt. Einzig die alljährlich stattfindende GayBasel-Sause werde weiterhin auf dem Schiff stattfinden, sie sei der einzige Programmpunkt, der in die Zukunft mitgenommen werde. «Ansonsten aber wird alles anders», so Herzig, «wir haben wirklich Abschied genommen vom Partyschiff, inhaltlich und strukturell.»
Wie wir bereits kolportiert haben, wird die Musik dennoch weiterhin spielen, allerdings stilistisch verlagert. Herzig hat Andreas Tietz den Auftrag erteilt, sich künftig um das Programm zu kümmern. «Analog, handgemacht und regional» lautet einer der Schwerpunkte, den Tietz setzen will. Sei es Latin-Soul oder Punk’n’Roll: «Analog statt digital» soll es künftig also aus den Lautsprechern tönen. Den Job als Booker hat Tietz vor knapp einem Monat übernommen. «Da ich sowieso immer ein Auge auf Tourneepläne werfe, habe ich gerne zugesagt», sagt der Musikfan und Plattensammler.
Mehr Harmonie
Im Unterschied zum bisherigen Musikbüro arbeitet er enger mit dem Restaurationsbetrieb zusammen. Gemäss CEO Herzig erfolge die Planung in enger Absprache, wobei die Gastronomie klar Vorrang haben werde. So wird das Musikprogramm nicht länger als sechs Wochen im voraus geplant, damit man auch kurzfristigere Anfragen für Bankette noch berücksichtigen könne. Zudem wolle man Synergien besser nutzen, «so wie das eigentlich von Anfang an geplant war.»
Mehr «Synergien» heisst ausgedeutscht eine Vereinigung von Gastro und Kultur, wie sie das Basler Parterre bereits vormacht. Gäste sollen auch auf dem Schiff in den Genuss von Kombi-Angeboten kommen, indem zuerst ein kulinarisches Menü aufgetischt und dann Konzertklängen gelauscht wird. Am Abend der Neueröffnung lockt nach einem Captain’s Dinner eine Surprise-Live-Band (statt wie bisher Techno und Tanzorgien).
Ein harmonisches Miteinander werde angestrebt, ohne Konflikte wie sie beim Partybetrieb auftauchten, wo gemäss Herzig grosse Securitykosten notwendig waren und dennoch immer wieder Mobiliar – namentlich Toiletten – beschädigt wurden, was Restaurantgästen ebenso missfiel wie die Tatsache, dass die Bässe bei Soundchecks den Hauptgang vibrieren liessen.
Harmonisch heisst auch, dass man die Atmosphäre auf dem Schiff stärker ins Konzept einbauen will. So führt Andreas Tietz «Sundowner Sessions» ein, akustische Konzerte auf dem Mitteldeck, ohne Eintritt, aber mit Lichtshow durch die untergehende Sonne.
Eine erste Konzertreihe läuft zudem unter dem Slogan «Anker, Herz und weisses Kreuz» und steht für Auftritte von Schweizer Bands – abseits des Mainstreams, wie Tietz sagt. «Mit 150 Leuten sind wir ganz zufrieden», ergänzt Herzig, «wir wollen nicht mehr auf ganz grosse Shows setzen.» Denn das gab es mal auf dem Schiff, vor Jahren (damals unter der Ägide von Walter Krucker), als hier Bands wie die Young Gods das Boot schaukeln liessen. Tempi passati.
«Wir wollen nicht elitärer werden»
Aus all diesen Gründen gibt sich das Lokal im neuen Newsletter den Anstrich eines «Kulturschiffs». «Nicht zuletzt schwebt uns dabei ein älteres Publikum vor», bekennt Herzig. Stellt sich die Frage, ob sich Das Schiff in eine schwimmende AVO Baloise Session verwandeln wird, mit Candlelight-Atmo und dergleichen? «Nein, wir wollen nicht elitärer werden, das ist keinesfalls unser Ziel», sagt Herzig. Aber – gemessen an der jüngeren Vergangenheit – in ruhigere Gewässer vorstossen, das ist unbestritten die Absicht. «Einen Schnitt machen und endlich alles aufeinander abgestimmt lotsen», sagt Herzig.
Ob das zum Erfolg führen wird? «Man muss Bedürfnisse schaffen, dessen sind wir uns bewusst», sagt der CEO. «Es wird spannend herauszufinden, was möglich ist, auch dafür wurde Andreas Tietz angestellt.» Von einem grösseren Risiko mag er aber angesichts des Kurswechsels nicht sprechen: «Das Geschäft war immer unglaublich volatil. Wir wussten nie, ob die Leute kommen oder nicht.» Zudem sei der Umsatz zwar mitunter hoch gewesen, aber die Kosten auch sehr intensiv. «Wichtig ist uns, dass wir nach sieben Jahren weiterhin einen Beitrag leisten zur Kultur in Basel. Nur wird es künftig eher so sein, dass die Kultur durch den Gastrobereich quersubventioniert wird.»
Das alte Musikbüro nistet sich andernorts ein
Und was sagen die früheren Veranstalter zur Tatsache, dass das Schiff, wenn auch ruhiger, weiterschaukelt? Fühlen sie sich veräppelt? «Nein, höchstens ein bisschen überrascht, dass es so rasch weitergeht mit einem neuen Musikprogramm», erklärt Sebastian Schmidt auf Nachfrage. Für ihn ist es aber nachvollziehbar, dass er nicht ins neue Konzept eingebunden worden ist, «zumal ich in diesen Genres nicht zu Hause bin.»
Das bisherige Team nistet sich künftig in anderen Lokalen ein, wie Schmidt verlauten lässt. So wird das alte Schiff-Musikbüro einige Partyreihen in der Kuppel, im Hinterhof und im Fakt programmieren.
- Das März-Programm auf dem Schiff ist hier einsehbar.
- Das bisherige Musikbüro macht u.a. in der Kuppel weiter.