Das Sinfonieorchester packt die Koffer für Asien

Die Vorbereitungen haben es in sich, doch bald geht es los: Das Sinfonieorchester Basel tourt nach Peking, Schanghai und ins koreanische Tongyeong. Ein Konzert in Basel wird Teile des Tourprogramms präsentieren.

Hat er da was angestellt? Dennis Russell Davies in der Probe mit dem Pianisten Fazil Say in Basel. (Bild: Hans-Joerg Walter)

Die Vorbereitungen haben es in sich, doch bald geht es los: Das Sinfonieorchester Basel tourt nach Peking, Shanghai und ins koreanische Tongyeong. Ein Konzert in Basel wird Teile des Tourprogramms präsentieren.

Peking: 20 Millionen Einwohner. Schanghai: 15 Millionen Einwohner. Tongyeong in Südkorea: 140’000 Einwohner. Zwei Megastädte und ein Hafenstädtchen stehen auf dem Tourprogramm des Sinfonieorchesters Basel, vier Konzerte in zehn Tagen, sieben Werke, gespielt von hundert Musikern und zwei Solisten. Begleitet werden sie von einer Delegation des Kantons Basel-Stadt, um die Städtepartnerschaft zwischen Schanghai und Basel zu festigen.

Erst vor einem Jahr konzertierte das Sinfonieorchester Basel in Südengland (die TagesWoche berichtete) – doch Routine sind Tourneen deswegen noch lange nicht. Diesmal gestaltete sich die Organisation der Reise komplett anders, berichtet Tourmanager Yannik Studer: «In Asien herrscht eine spürbar andere Kultur, ein anderes Geschäftstun, eine andere Kommunikation. Englisch ist nicht selbstverständlich; wir brauchten für die Konversation viel Geduld und viele Wiederholungen.»

Wenn Blicke – – Fazil Say hat Pause.

Wenn Blicke – – Fazil Say hat Pause. (Bild: Hans-Joerg Walter)

Ein europäischer Arzt muss mit

Dies ist auch ein Grund, weshalb diesmal ein Arzt das Orchester begleitet: «In Asien gibt es grosse Temperaturunterschiede zwischen drinnen und draussen. Bei der Chinatournee 2010 haben darauf zwei Musiker mit hohem Fieber reagiert.» Auch das ungewohnte Essen spiele eine Rolle. «Es kann viel passieren. Da wir zu wenig über die asiatische Notfallmedizin wissen, nehmen wir einen Arzt mit. So ist im Ernstfall eine mitteleuropäische Erstversorgung gewährleistet», erzählt Studer.

Für das Sightseeing bleiben den Musikern diesmal nur wenige Stunden; zu gross sind die Distanzen zwischen den Konzertorten, zu dicht der Zeitplan. Die grossen Instrumente werden per Luftfracht von Konzertort zu Konzertort geflogen. Ist bei einer Panne ein Konzert ohne Kontrabässe und Schlagzeug zu erwarten?

Ein gewisses Restrisiko bleibe immer, sagt Studer. «Wir haben ein spezialisiertes Orchesterreisebüro mit viel Erfahrung, das uns bei der logistischen Bewältigung der Organisation hilft», so der Tourmanager, «aber klar: Eine gewisse Grundnervosität ist vor so einer grossen Reise immer da. Aber auch viel Vorfreude.» Denn diese Tournee ist ein weiterer Beweis für das internationale Renommee des Sinfonieorchesters Basel, schliesslich hat das International Tongyeong Music Festival das SOB als Orchestra in Residence eingeladen. Mit Musik, die von Folter, Krieg und Holocaust erzählt.

Isang Yun verbindet asiatische und europäische Elemente

Isang Yun heisst der Komponist, der im Zentrum des Festivals in seiner Heimatstadt Tongyeong steht. Er hat viel erlebt: 1967 wurde er vom südkoreanischen Geheimdienst entführt und als politischer Häftling brutal gefoltert. Yun hat diese Zeit mit sehr viel Stille in seiner Musik beschrieben, aber auch mit avantgardistischen, neuen Arten der Tonerzeugung.

«Yuns Tonsprache», sagt Chefdirigent Dennis Russell Davies, «ist eine faszinierende Verbindung von deutschen und koreanischen Elementen – er hat ja in seiner zweiten Lebenshälfte in Deutschland gelebt. Das ist eine sehr ungewöhnliche, persönliche Mischung.» Yuns drittes Violinkonzert ist mit im Tourgepäck und wird auch in Basel im Konzert vom 19. März zu hören sein – gespielt von der Koreanerin Yumi Hwang-Williams und dirigiert von Davies, der Yun persönlich kannte.

Von Krieg und Holocaust handelt W. H. Audens Gedicht, das Leonard Bernstein – der sich seinerzeit stark für die Freilassung Yuns einsetzte – in seiner zweiten Sinfonie vertonte. Ein grooviges, sehr atmosphärisches Werk:

Und ein verkapptes Klavierkonzert, das den Pianisten, Komponisten und Bürgerrechtler Fazil Say auch endlich wieder in Basel erleben lässt – einer der mutigsten, unkonventionellsten, überraschendsten Pianisten unserer Zeit, der kein Blatt vor den Mund nimmt.

Dazu spielt das Orchester in Asien Beethovens 3. Klavierkonzert (hier in einer Aufnahme mit Fazil Say), Hindemiths Sinfonische Metamorphosen, Strawinskys Feuervogel-Suite und Mozarts 32. Sinfonie.

Wie pauken?

Wie pauken? (Bild: Hans-Joerg Walter)

Das gute Essen…

Phoebe Lin, eine junge Cellistin aus dem Orchester, freut sie sich sehr auf die Reise: «Vor allem auf das Essen – das ist dort fantastisch!» Sie stammt ursprünglich aus Taiwan, übersiedelte mit 15 Jahren aber in die USA. Taiwan ist natürlich nicht Schanghai, aber dennoch gibt es Ähnlichkeiten. An den Konzertprogrammen für die Tournee gefällt ihr, dass asiatisches Flair mit drin ist, «es bringt diese zwei Welten, die europäische und die asiatische, zusammen.»

Ob das Publikum in Asien anders ist als in Europa? «In Europa sind die Leute klassische Musik mehr gewohnt – dafür können die Leute in Asien wirklich sehr enthusiastisch sein. Wenn ein Orchester aus Europa bis nach Asien kommt, ist das immer etwas ganz Besonderes», weiss sie aus ihren eigenen Konzerterfahrungen in der Kindheit zu berichten. Nervös vor der langen Reise ist sie nicht, im Gegenteil: «Wir werden eine Menge Spass haben», ist sie überzeugt.

(Bild: Hans-Joerg Walter)

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Sinfonieorchester Basel: Konzert «Horizonte» am 19. März, 19.30 Uhr, Stadtcasino, Musiksaal. Entdeckerkonzert: Do, 19.3., 16.00, Stadtcasino, Hans-Huber-Saal.

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