Die private Anschubfinanzierung für das Stellwerk ist ausgelaufen. Weil der Kanton kein Interesse an einer Förderung der Initiative zeigt, muss das Kreativwirtschafts-Gründerzentrum im Bahnhof St. Johann die Unterstützung der Startup-Firmen auf ein Minimum zurückfahren.
Die Verantwortlichen wussten schon seit längerer Zeit Bescheid: Ende Jahr läuft die dreijährige Anschubfinanzierungsphase des Stellwerks durch die Christoph Merian Stiftung und die Ernst Goehner Stiftung aus. Dies waren immerhin rund 50’000 Franken pro Jahr, die dem Kreativwirtschafts-Gründerzentrum im Bahnhof St. Johann künftig fehlen werden. Denn ein Ersatz ist nicht in Sicht.
Das hat zur Folge, dass der Trägerverein sein Angebot für Startup-Firmen auf die Basisstufe hinunterfahren muss, «was ich sehr bedaure», wie der ehemalige Stellwerk-Geschäftsführer Frank Lemloh in einem Mail an «Liebe Akteure, Interessenten und Unterstützer der Kreativwirtschaft» schrieb. Ehemaliger Geschäftsführer deshalb, weil Lemloh für das zuständig war, was über dieser «Basisstufe» lag und nun nicht mehr angeboten werden kann – namentlich Förderprogramme in Form von Workshops, Messeauftritten oder individuellen Beratungsangeboten.
Gegenüber der TagesWoche wollte Lemloh zur Situation nicht Stellung nehmen. Anders Olivier Wyss, der Präsident des Trägervereins für das Stellwerk: «Wir können die 80-Prozent-Stelle für die Geschäftsleitung nicht mehr finanzieren», sagt er. Lemlohs Nachfolger steht nun nur noch ein 30-Prozent-Pensum zur Verfügung. Damit können zumindest die administrativen Aufgaben erledigt werden.
Der Kanton zeigte kein Interesse
Auch Wyss bedauert, dass das Stellwerk sein Angebot zurückfahren muss: «Eigentlich haben wir damit gerechnet, dass wir vom Kanton unterstützt würden, aber im Sommer mussten wir die Hoffnungen auf eine Kooperation aufgeben.» Die Hoffnung hat ihren Ursprung darin, dass der Kanton die Kreativwirtschaft von vier Jahren offiziell zur «Zielbranche» der Wirtschaftsförderung erklärt hatte.
Dies stand im Zusammenhang mit dem staatlich finanzierten Sonderprogramm «Initiative Kreativwirtschaft IKB», das indes vor einem Jahr «planmässig», wie das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) schrieb, in Tat und Wahrheit aber mangels nachhaltigen Erfolgsaussichten doch relativ unvermittelt abgebrochen wurde.
«Zielbranche» fallengelassen
Offiziell gilt die Kreativwirtschaft bei der kantonalen Wirtschaftsförderung noch immer als Zielbranche, faktisch aber ist davon kaum mehr etwas zu spüren. So liess die Basler Regierung Ende Oktober in der Antwort auf eine Interpellation von Grossrätin Mirjam Ballmer (Grünes Bündnis) keine Zweifel darüber, dass ihr die Förderung der Kreativwirtschaft nicht am Herzen liegt.
«Es ist aktuell nicht geplant, neue Fördermittel für die Kreativwirtschaft bereitzustellen», sagte der zuständige Regierungsrat Christoph Brutschin in seiner mündlichen Interpellationsantwort. Er freue sich, wenn etwas laufe, aber: «Auf Aktivitäten, die von der öffentlichen Hand initiiert sind, wie auch auf strategische Partnerschaften möchte der Regierungsrat im Moment allerdings verzichten», ist dem Sitzungsprotokoll des Kantonsparlaments zu entnehmen.
Samuel Hess, Leiter des Bereichs Wirtschaft im AWA, bestätigt, dass die Förderung der Kreativwirtschaft «auf Sparflamme» laufe. Sie, das heisst die Bereiche Architektur und Design, hätten zwar noch den Status einer Zielbranche, ob dies nach den durchzogenen Erfahrungen mit der IKB aber so bleibt, werde 2015 überprüft. «Der Schwerpunkt der Standortförderung liegt auf anderen Gebieten, namentlich bei der Innovationsförderung i-net und beim Technologiepark Basel» und dem Swiss Innovation Park, sagt Hess – also in hochtechnologischen Bereichen.
«Das Stellwerk bleibt Gründerzentrum»
Stellwerk-Präsident Olivier Wyss glaubt aber nach wie vor an die Dynamik des Gründerzentrums. «Wir können nach wie vor günstige Ateliers zur Verfügung stellen sowie ein Netzwerk, das enorm viel bringt», sagt er. 23 Ateliers stehen Jungunternehmern zur Verfügung. Aktuell reicht die Palette vom Goldschmiede-/Kalligrafieatelier über Ateliers von Möbel- und Produktedesignern sowie Grafikern bis zu Theatermachern.
Diese müssen nun auf das Beratungs- und Workshopangebot verzichten. Wyss relativiert aber, dass diese Begleitprogramme gar nicht so sehr in Anspruch genommen worden seien – mit Ausnahme von speziellen Startup-Weekends und des gemeinsamen Auftritts bei der Designmesse Blickfang. Wyss schliesst aber nicht aus, dass der Messeauftritt weitergeführt werden könne – «der Messestand ist nach wie vor vorhanden».
Eine Finanzierung von Begleitmassnahmen über die Mieten kommt laut Wyss aber nicht infrage. «Damit müssten wir einen der wesentlichsten Bestandteile unseres Modells, nämlich die vergünstigten Anfangsmieten für die Ateliers, aufgeben», gibt er zu bedenken. Dem Stellwerk bleibt also nichts anderes übrig, als verstärkt auf ehrenamtliches Engagement zu setzen. Auch innerhalb der Mieterschaft, die nun neu im Vorstand des Trägervereins eingebunden ist.
Querfinanzierung bleibt ein Problem
Damit sind aber die Aussichten, dass das Stellwerk zusätzliche Förderangebote dereinst mit eigenen Mitteln finanzieren kann, nicht gerade rosig. Denn auch die Querfinanzierung durch die eingemieteten Betriebe blieb bis anhin unter den Erwartungen. Während der Pachtzins für das Buffet und die Bar mit dem speziellen Namen «Hinter dem Bahnhof geht die Sonne unter» befriedigende Einnahmen garantiert, ist das Dampfbad nach wie vor ein finanzielles Sorgenkind. «Das Bad stand kurz vor dem Konkurs, sodass wir den Mietzins anpassen und auf Einnahmen verzichten mussten», sagt Wyss.
Das Gründerzentrum Stellwerk muss nun also nach der Aufgabe des Showrooms vor anderthalb Jahren, der als Aushängeschild für die eingemieteten Unternehmen diente, einen weiteren Rückschlag verkraften.
Das Bedürfnis nach günstigen Ateliers und nach einer Vernetzung in der Szene kann die Initiative aber nach wie vor befriedigen. Und das scheint nicht wenig zu sein. Der Produkte- und Möbeldesigner Tobias Kyburz, der zusammen mit seinem Bruder Rainer zu den ersten Mietern im Stellwerk gehörte und inzwischen auf dem Dreispitzareal erfolgreich neu Fuss gefasst hat, erinnert sich gerne an die Zeit zurück, die er im Stellwerk verbracht hat. Kyburz sagt: «Wir waren zu Beginn schlecht vernetzt, da hat uns der Kontakt zu unseren Ateliernachbarn und damit auch zur Kreativwirtschaftsszene viel gebracht.»