«Jesus, Blut und Verwesung» sind für Ana Vujić der Ursprung der zeitgenössischen Malerei. Der Körper ist auch Inspiration und Motiv bei «The Body is my My Canvas» – ihrem neusten Projekt. «Das Thema ist noch immer unglaublich ergiebig und belebt ein breites Spektrum von Hochkultur bis Crust-Punk-Poster», so Vujić.
Die meisten Interpretationen von acht ihrer Mitstreiter sind im neuen Atelier- und Ausstellungsraum «Voltage» im St. Johann schon bereit für die Eröffnung am Samstag. Das Spektrum reicht vom rauchenden Gips-Alien über Penis-Pinselei zu drappierten Teppichen mit Schamrasur. Vujić liefert beim Rundgang viel Info zu Werken und Machern. Sie hat die Künstler selbst angefragt. Dabei war nicht nur die Kunst ein Kriterium. Es musste auch schön ausgewogen sein: Männer / Frauen, Basel / nicht Basel, Kunstpreisträger / Debütanten.
«Ich will hier Schranken einreissen, die viele Menschen von Kunst in Galerien trennt».
Das klingt nach Konsens, doch Vujić suchte Vielfalt und Kontrast– und einen neuen Kunstzugang: «Ich will hier Schranken einreissen, die viele Menschen von Kunst in Galerien und Museen trennt», so studierte Kunsthistorikerin, autodidaktische Künstler – und nun auch noch Kuratorin. Punk-, Polit- und DIY-Aktivistin charakterisieren sie genauso treffend.
Beim «Voltage» kann sie das alles endlich vereinen. Von so einem schönen Atelier- und Ausstellungsraum, gelegen in einem hübschen Backsteinhaus eines Hinterhofes, hat sie schon lange geträumt. Doch suchte sie ihren Traum und die Freiheit während eineinhalb Jahren auf Reisen. In Mexiko fand sie solch offene Kunstplattformen und gestaltete selbst Ausstellungen mit. Längere Aufenthalte hatte sie später auch in Serbien und Deutschland.
«In Hamburg erhielt ich dann von Freunden aus dem Vorderhaus den Anruf, dass der Raum hier frei wird», erinnert sich Vujić. Nach einer Bedenkzeit und Planungszeit mit Pendeln zwischen den Städten gab sie die Weite der Welt auf für den Freiraum im Hinterhof.
Über ein Jahr hat sie die ehemalige Werkstatt mit Freunden umgebaut. Nun sind Wände eingezogen und gestrichen. Die Gusseisen-Heizkörper leuchten rot und alles scheint bereit für die Vernissage am Samstag – bis auf einen Kessel, der an der Decke den Regen der letzten Tage einfängt.
Die improvisierte Aufhängung mit Hakenschrauben und Vierkantholz lassen erst eine Kunstinstallation vermuten. Vujić lachend: «Vielleicht bleibt das ja, auch wenn das Dach bis Samstag geflickt sein sollte.» Eine riesige Gips-Skulptur und ein paar Zeichnungen sollen dann dort stehen, wo nun das Bier für den Eröffungsabend lagert.
Den Auftakt der Ausstellung machen zwei kurze Vorlesungen von zwei Doktorinnen zu «Erinnerungsporträts im 19. Jahrhundert» und «Gepeinigten Körpern als Zeichenträger im 13. und 14. Jahrhundert», Rock’n’Roll DJs sollen später dafür sorgen, dass auch bewegte Körper Teil der Ausstellung werden.
Der Unterschied zu Vernissagen einer regulären Galerie? «Hier geht es um Gedankenanstoss und Austausch, nicht Verkauf», so Vujić. Als Statement hat sie «Die letzte Spinnerin» direkt auf ihre Atelierwand gemalt: «Heute wird für Kunst mit dem beschissenen Urban-Street-Art-Etikett teils absurde Summen gezahlt. Doch für ein Werk von mir wird kaum jemand eine Wand kaufen und herausbrechen.» Doch vor allem ist der architektonische Körper des «Voltage» mittlerweile ein Teil von ihr geworden.
In Zukunft will sie zweimal jährlich solche Anlässe machen und den Raum auch als nicht kommerzielle Plattform für andere Kunstschaffende anbieten.
Vernissage «The Body is my Canvas», Samstag, 16. Dezember, «Voltage», Mülhauserstrasse 48 Hinterhof. Vorlesungen ab 17 Uhr, Vernissage Ausstellung 18 Uhr, danach Bar & DJs.