Deirdre O’Leary: Kunst als Boden, um neue Realitäten zu schaffen

Die Kunst ist ihr Boden: Deirdre O’Leary will verstören und neue Realitäten schaffen – so auch mit ihrer ersten selbst kuratierten Ausstellung.

«Früher habe ich viel Privates verarbeitet.» Doch für Rauminstallationen musste sich Deirdre O'Leary thematisch öffnen.

(Bild: Eleni Kougionis)

Die Kunst ist ihr Boden: Deirdre O’Leary will verstören und neue Realitäten schaffen – so auch mit ihrer ersten selbst kuratierten Ausstellung.

Enstpannt blinzelt Deirdre O’Leary am Fenster ihres Ateliers in die erste Frühlingssonne. Man erwartet die junge Künstlerin nervöser, kurz vor der ersten von ihr kuratierten Ausstellung. Auch ihr Arbeitsraum wirkt kaum genutzt. An der Wand stapeln sich Werke der Vormieterin, am Fenster steht ein Tisch und in der Ecke ein Bett, «wenn das Wetter zu garstig ist, um nach Hause zu gehen».

Was mehr nach Müssiggang klingt, ist O’Learys produktivstes Arbeitklima. Denn wenn die 26-Jährige in den Himmel blickt «und im Atelier nebenan Klavier gespielt wird», kommen ihr die besten Ideen.

Auf Juno, die titelgebende Figur der Ausstellung im Kasko, kam sie jedoch bei der Biennale in Venedig. Nicht die Kunstmesse selbst, sondern die in der Lagunenstadt allgegenwärtige Renaissance liess O’Leary einen Wandlungsprozess spüren. Nach der Lektüre passender Literatur, wie Ovids Metamorphosen, entwickelte sie die Figur Juno.

Die hat weniger mit der mythologischen Figur der römischen Götterkönigin gemein. Juno ist eine moderne Superheldin, «deren Fähigkeiten und Gedankengänge meine bei Weitem übersteigen». Mit drei von ihr ausgewählten Künstlern wälzte sie komplexe Theorien von Philosophen und Theoretikern. Sie diskutierten über die Möglichkeiten von Zeitsprüngen, ob Neues erfunden oder entdeckt wird, wenn Ideen doch auch Materie sein könnten, die man bloss ergreifen muss.

Die Künstlerin Deirdre O’Leary im Dachstock des Ausstellungsraums Klingental.

Basel erlebt sie als guten Boden, um sich zu entfalten. Doch empfindet sie die Gesellschaft zunehmend als beengend, da sie sich nicht vorwärts entwickelt, immer restriktiver denkt. Vielleicht aus Überforderung durch die Zunahme an Fülle wie Tempo von Medieninformation und neuen Entwicklungen. «Man ist zu abgestumpft oder abgelenkt, um mitzufühlen, mal um die Ecke zu denken und neue Visionen zu entwickeln.»

Aufmerksamkeit gewinnt man, wenn man Menschen visuell verstört. O’Leary inszenierte im Videoclip zum psychedelisch dröhnenden «Horrible Things» der Basler Band Combineharvester gerade, wie nahe sich Schönheit und Grusel stehen. Wenn Gold die Lippen und andere Körperteile von Gitarrist Marlon McNeill verklebt, während er sein horrible-adorable Mantra singt – frei nach «Kaspar Hauser oder die goldene Freiheit», ein nie realisiertes Filmsskript der Basler Surrealistin Meret Oppenheimer.

«Musik ist mir sehr wichtig, und ich besuche öfter Konzerte als Ausstellungen, da ich diese körperlichen wie räumlichen Erlebnisse liebe.» Ihre eigenen Kunstinstallationen bezeichnet sie als Kompositionen. Nur zu gerne würde sie selbst ein Instrument spielen: «Am liebsten ein Synthesizer, der ist so schön verworren und vielschichtig.»


Juno präsentiert: Patterns of reconciliation
bis 27. März,
Vernissage: Mittwoch, 23. März, 19 Uhr.
Burgweg 7, Basel
www.kasko.ch

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