Wo auch immer Dr. Dre seine Finger im Spiel hat: es wird zu Gold. Auch der Kinofilm über seine Karriere weiss zu glänzen.
Ein Film über die Karriere des Musikproduzenten Dr. Dre ist eigentlich längst überfällig, wenn man bedenkt, dass bereits die Geschichten seiner beiden Schützlinge Eminem (mit «8 Mile») und 50 Cent (mit «Get Rich Or Die Trying») erfolgreich verfilmt wurden. Schliesslich ist der «Doctor» einer der einflussreichsten Musikproduzenten der Jetzt-Zeit, Ziehvater unzähliger Rap-Stars. Zudem, wie man sich auf den Pausenhöfen vergewissern kann, auch Kopfhörer-Mogul (die bunten Dinger namens «Beats») und kluger Geschäftsmann.
Den Spielfilm, der jetzt ins Kino kommt, hat er mitproduziert – um auch hier am Gewinn beteiligt zu sein. Er versetzt den Zuschauer nach Compton, einen Vorort von Los Angeles, wo alles begann: Im Jahr 1986 investiert ein erfolgreicher Dealer namens Eazy-E seinen Gewinn in ein Musiklabel: Ruthless Records. Der Anfang ist harzig, denn bei einer ersten Studiosession weigert sich ein gecasteter Rapper, den von Ice Cube geschriebenen Text zu rappen.
Die Geburtsstunde der «Niggas Wit Attitude»
Aus der Not wird Eazy-E, der eigentlich nur als Geldgeber des Labels fungiert, von Produzent Dre und dem lyrischen Kopf Ice Cube in die Aufnahmekabine bugsiert und zum Rappen überredet. Nach etlichen Anläufen schafft es Eazy-E, den Text über den Beat von Dre aufzunehmen. So entsteht die Single «Boyz-N-The-Hood», die 1987 zum ersten Hit für «Ruthless Records» wird und die Geburtsstunde der Gruppe N.W.A. (Niggas Wit Attitude) darstellt. Zu dieser gehören nebst den beiden Produzenten Dr. Dre und DJ Yella auch die Rapper Ice Cube, MC Ren und Eazy-E.
Der erste Erfolg von Ruthless Records bleibt von der Musikindustrie nicht unbeachtet, bald steht ein windiger Manager auf der Matte sowie das Label Priority, das bis dahin keine wirklichen Erfolge nachweisen kann. Manager Jerry Heller treibt die Crew an, einen ersten Longplayer zu produzieren. Während einer Aufnahmepause steht die Gruppe auf dem Trottoir vor dem Studio in einer «weissen» Neighborhood von LA, wird von der Polizei willkürlich kontrolliert und schikaniert. Nach diesem Vorfall schreibt Ice Cube seinen legendären Part zum Stück «Fuck The Police».
Dieser Track macht N.W.A. schlagartig berühmt und berüchtigt, ruft aber auch die nationalen Behörden auf den Plan. Neben Einschüchterungsversuchen durch das FBI bekommt die Crew die Repression der Behörden am eigenen Leib zu spüren. Beim Tourstopp in Detroit etwa wird die Gruppe von der Polizei von der Bühne geholt, weil sie trotz Warnung der Polizei das Lied «Fuck The Police» performt hat. Die Gruppe kritisiert lauthals und ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen die Missstände im amerikanischen Alltag, allen voran die Unterdrückung der Minderheiten. Die Behörden befürchten Anstachelungen zu Aufständen und Rassenunruhen.
Tragischer Tod
Während der «Straight Outta Compton»-Tour durch die USA kommt es zum Bruch von Ice Cube und Manager Jerry Heller. Ice Cube bezichtigt Heller, die Gruppe auszunehmen, und startet nach der Tour seine Solokarriere. Danach gründet Dre mit dem ehemaligen Türsteher Suge Knight das legendäre Label Death Row, das unter anderem Künstlern wie Tupac Shakur und Snoop Dogg zum Durchbruch verhilft. Während Dr. Dre und Ice Cube Weltruhm geniessen, nimmt die Geschichte für andere Crew-Mitglieder einen tragischen Verlauf: Eazy-E infiziert sich mit HIV und erliegt der Krankheit 1995.
«Straight Outta Compton» ist zwar eine Hollywood-Produktion, wirkt aber weder überzeichnet noch zu sehr verkitscht. Der Gang ins Kino lohnt sich auf jeden Fall. Die nacherzählte Geschichte ist eindrücklich, ebenso die schauspielerische Leistung. Ice Cube wird gar von seinem eigenen Sohn O’Shea Jackson Jr. verkörpert.
Ist man zu sehr Fan, wenn man den Film ausgezeichnet findet? Nein, die meisten Urteile sind positiv, der Film erreicht auch auf IMDB (Internet Movie Database) mit 8,4 von 10 Punkten Höchstwerte.
Getrost kann man auch kleine filmische Fehler ignorieren. Findige Sportfans haben nämlich festgestellt, dass sich in der Eröffnungsszene, die im Jahr 1986 spielt, ein kleiner Fehler eingeschlichen hat: Eazy-E trägt nämlich ein schwarzes Baseballcap der Mannschaft White Sox’s mit gotischen Lettern. Dieses Logo bekam das Team aber erst 1991. Wenn das der einzige Schönheitsfehler ist, kann man getrost darüber hinwegsehen und ins Kino gehen.
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«Straight Outta Compton» läuft in den Basler Kinos Küchlin und Rex.