Im Juli spielt die Musik im Joggeli und im Park im Grünen, im August wird auf Kleinbasler Seite gefeiert: Das Open Air Basel und die Summerstage haben ihre Programme bekanntgegeben. Nicht die einzigen Festivals, die das Rheinknie zum Wackeln bringen.
Basel hat einen markanten Unterschied zu anderen grossen Schweizer Agglomerationen: Kein Festival in der Nähe, an dem sich die Woodstock-Formel nachvollziehen liesse. Kein Camping also, das mit Konzerterlebnissen kombiniert werden kann, keine 72 Stunden Freiheit, die Zeit und Raum für ausgiebige Teenagerinitiationsrituale lassen. Keinen Berner Gurten also, kein St. Galler Sittertobel, kein Paléo Asse.
Dennoch gibt es zunehmend Gründe, laue Sommerabende in Basel zu verbringen. Denn auch wenn der Stadtkanton keinen Platz für ein klasssisches Open-Air-Festival offerieren kann, heisst das noch lange nicht, dass hier gar kein temporäres Ferienfeeling aufkommen könnte.
Das Floss feiert Jubiläum – und das Volkshaus hat den Blues
Für sommerliche Ausbrüche aus dem Alltag sorgt seit 15 Jahren das Kulturfloss, eine schwimmende Bühne, einzigartig in der Schweiz. Kollektenkonzerte werden auf der sonnigen Kleinbasler Seite vom 29. Juli bis 16. August die Riviera-Atmosphäre verstärken. Welche Musik 2014 spielt, wird erst Ende Juni bekannt gegeben. Bis dahin hält Kapitän Tino Krattiger seine Engagements noch unter Verschluss.
Andere Sommerveranstaltungen haben ihren Programm-Vorhang bereits gelüftet: Die Konzertreihe «Blues Now» etwa veranstaltet vom 15.-17. August ein Indoorfestival anlässlich ihres fünfjährigen Bestehens. Im Volkshaus Basel werden internationale Formationen wie die Mannish Boys (USA) zu erleben sein.
Eingebrannte Tattoos auf der Kasernenmatte
Am exakt selben Wochenende (Basel, wo bleibt Dein Koordinationsgeschick?) findet auf der Kasernenmatte das 2. Open Air Basel statt: Tattoos im eingravierten Sinne werden dann auf der Bühne zu sehen sein. Denn am letzten Wochenende der Schulferien wird hier nicht mehr militärisch defiliert, sondern rockelektronisch experimentiert. Mit Mount Kimbie etwa, Klangtüftlern aus London, oder mit Bonobo und Fink, zwei britischen Einzelmasken, die die Hipster-Dichte im Kleinbasel temporär ansteigen lassen dürften.
Das Open-Air-Happening auf dem einstigen Exerzierareal ging erstmals 2010 über die Bühne, damals noch unter dem sperrigen Namen «Viva con Agua & Kaserne Basel Festival», wobei der karitative Zweck zunächst sinnbildlich ganz im Vordergrund stand. 2012 realisierte man, dass ein solch sperriger Festivalclaim ein Fall für eine Umbenennung ist – und schuf eine neue Vereinsstruktur mit neuem, simplerem Namen: Open Air Basel eben. Der Wandel wurde 2013 erfolgreich vollzogen, wie Festivalleiter Sandro Bernasconi rückblickend betont. «Mit 7000 Besuchern, Wetterglück und tollen Konzerten konnten wir sehr zufrieden sein», sagt der Veranstalter, der im Alltag für das Musikprogramm der Kaserne Basel mitverantwortlich zeichnet.
3000 Besucher haben 2013 für ihre Tickets bezahlt, kamen also der am Abend neu geschaffenen Pflicht zum Eintrittsticket nach. Damit unterscheidet sich das Open Air Basel von Veranstaltungen wie Im Fluss oder dem Imagine Festival (6./7. Juni), welche vorderhand gratis sind fürs Publikum und von Sponsoren, Swisslosfonds und freiwilligen Zuwendungen leben.
Deep Purple im Park im Grünen, Metallica im Joggeli
Ähnlich jung wie das Open Air Basel ist jenes namens Summerstage Basel. Anfänglich am Margarethenhügel durchgeführt, wurde das Festival von der Veranstalterin Act Entertainment mittlerweile in den Park im Grünen, nach Münchenstein also, verlagert. Ein guter Entscheid, ist das Gelände doch charmanter und … nun ja, eben grüner!
Wie das Open Air Basel hat sich Summerstage einem moderaten Wachstum verschrieben: Step by Step lautet auch hier die Devise – und diese dürfte sich 2014 auszahlen, sind doch an allen drei Abenden vom 10. bis 12. Juli überaus klingende Headliner auf der Affiche vorgemerkt, die mehrere Tausend Zuschauer anlocken dürften: die in der NDW-Ära erstmals erhörten Stimmen Stephan Eicher («Eisbär») und Nena («99 Luftballons») sowie die britischen Hardrock-Pioniere Deep Purple sowie nationale Performer wie Bastian Baker (kreisch!) und Indierockstars wie die Dandy Warhols (Bohemians like us!). Aber eben, für den grössten Schall und Rauch sorgen schon im Vorfeld Deep Purple! Ob Ian Gillan und Co. den «Speed King» im Rentenalter noch immer in diesem furiosen Thema über die Bühne schicken werden?
Wenn wirs schon vom harten Rock haben: Nicht nur in Brüglingen, auch zu St. Jakob werden in diesem Sommer die Äxte geschwungen: Metallica sind angekündigt, die Ehre des Stadionstandorts wieder aufzurichten (nach dem debakelös-defizitären Sonisphere-Spektakel vor drei Jahren). Wir erinnern uns: Vor 20 Jahren schon spielten die kalifornischen Heavy-Metaller zu Basel, damals noch im alten Fussballstadion.
Die grosse Schnittmenge heisst «Stimmen»
Alte Klassiker! Alternative Hipster! Den Spagat zwischen beiden Welten schafft das «Stimmen»-Festival mit Hauptsitz Lörrach. Dieses zieht seine Verjüngungskur durch und erfreut mit einem stimmigen Programm. So kombiniert es 2014 anspruchsvolle, experimentelle Musik (Anna Calvi) mit etablierten Mainstreamklassikern im Stadionformat (Elton John). Hier findet sich also die Schnittmenge vom Open Air Basel und vom Summerstage.
Wir stellen also fest: Es gibt für einmal wenig Gründe, um zu klagen, was die Basler Open-Air-Saison angeht. Wer diesen Sommer wochenlang in die Ferien fährt … ist selber schuld!