Der Inhalt soll die Theaterdiskussion bestimmen

Wenn in den letzten Jahren über das Theater Basel diskutiert wurde, ging es meist ums Geld. Das neue Theaterteam bietet nun genügend Gründe, die Debatte aus den Niederungen der finanziellen Umstände auf die Ebene der Inhalte zu heben.

Szenenbild aus «Kinder der Sonne» von Maxim Gorki.

(Bild: Sandra Then)

Wenn in den letzten Jahren über das Theater Basel diskutiert wurde, ging es meist ums Geld. Das neue Theaterteam bietet nun genügend Gründe, die Debatte aus den Niederungen der finanziellen Umstände auf die Ebene der Inhalte zu heben.

Das Glück dient wie ein Knecht für Sold,
Es ist ein mächtig Ding, das Gold.
Gold-Arie aus Beethovens «Fidelio»

Vor wenigen Tagen hatte im Schauspielhaus ein Stück mit dem Titel «Das Sparschwein» Premiere. Es handelt sich dabei nicht um ein Stück über die eigene finanzielle Situation (und es geht auch nicht um den etwas knausrigen Mitträgerkanton Baselland), sondern die so betitelte Vaudeville-Farce von Eugène Labiche. Das Sparschwein war also dramatischer Inhalt und nicht Programm. 

Das war und ist in der öffentlichen Diskussion um das traditions- und immer wieder auch ruhmreiche Dreispartenhaus seit Jahren anders. Fast immer, wenn es ums Theater Basel geht, dreht sich die Diskussion ums Geld. Um das Geld, das der Kanton Basel-Stadt in den vergangenen 20 Jahren mehrmals stark kürzte, und um Subventionen, die der Kanton Baselland nicht aufstocken mochte.

Die letzten beiden Direktoren Michael Schindhelm und Georges Delnon hatten zu Beginn ihrer Amtszeit harte Spardiktate zu bewältigen. Und auch der eben erst angetretene aktuelle Intendant Andreas Beck musste sich im Zusammenhang mit der Diskussion um die Kürzung der Kulturvertragspauschale bereits mit Existenzsorgen herumplagen.

Sehr viel Theater für vergleichsweise wenig Geld

Rund 45 Millionen Franken Subventionen erhält das Theater Basel jährlich von den beiden Basel. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht nach viel Geld. Wenn man aber vergleicht, wie viel die Stadt und der Kanton Zürich für ihre institutionellen Bühnen aufwerfen, dann relativiert sich dieser Eindruck rasch: Opernhaus und Schauspielhaus verzehren jährlich 119 Millionen Franken an Staatsbeiträgen. 

Wenn in diesem Text hier bisher nur von Ausgaben und vom Sparen die Rede war, dann entspricht dies einer breiten öffentlichen Wahrnehmung. Sehr selten geht es ausserhalb der Feuilletonspalten in den Medien um die Inhalte. Im letzten Bericht der Bildungs- und Kulturkommission des Grossen Rats wird das Theater bezeichnenderweise vor allem als «wesentlicher Standortfaktor» bezeichnet und nicht als kultureller Leuchturm, auf den man in Basel stolz sein darf.

Das Theater ist Inhalt

Es ist aber kein Dreisparten-Standortfaktor, den sich Basel leistet. Es ist ein Haus, das künstlerische Inhalte kreiert: anregende und unterhaltsame, erhabene und provokative, zuweilen auch verstörende und abschreckende. Ich wünsche mir, dass in den Theaterdiskussionen wieder die Inhalte zum Inhalt werden. Dass über das gesprochen wird, was man gesehen haben muss im Theater oder eher nicht, über tolle Schauspieler, neue Stücke, alte Opern, überzeugende Sänger und anmutige Tänzerinnen.

Die Zeit für ein Umschwenken ist günstig. Im Oktober ist unter dem neuen Intendanten Andreas Beck ein neues Team angetreten, welches dabei ist, das Theater wieder zum Hort der Sinne und zum Ort der inhaltlichen Auseinandersetzungen zu machen. Und es vielleicht gar wieder auf den Weg in die Champions League der deutschsprachigen Bühnen zu führen, wo es zu den Direktionszeiten von Werner Düggelin und Frank Baumbauer seinen festen Platz hatte.

Ein vielversprechender Neubeginn

15 Premieren hat das neue Team bereits hinter sich. Zu erleben waren und sind zum Teil noch wunderbare Produktionen, wie etwa «Engel in Amerika» oder «LSD – Mein Sorgenkind», umstrittene Inszenierungen wie «Das Sparschwein» und Theaterabende, die nicht funktionierten und durchhingen.

Alles in allem – und das ist das A und O in einem Repertoiretheater – ist es den Neuen aber bereits gelungen, eine Aufbruchstimmung zu verbreiten. Eine, die ansteckend ist, die es schaffen kann, ein breiteres Publikum an das Haus beziehungsweise die Häuser zu binden. Wie Fans an eine Spitzenfussballmannschaft, die bereit sind auch mal eine Niederlage zu verzeihen, in der Gewissheit, dass der nächste grosse Sieg nicht lange auf sich warten lassen wird.

Die Theaterleute haben den inhaltlichen Tarif vorgegeben. Schön und wichtig wäre nun, dass sich dieses Hochgefühl bis in die Niederungen der Politik ausbreitet, die dann nicht mehr so leicht zwischen Need oder Nice to Have unterscheiden kann.

So schreitet in dem engen Bretterhaus
Den ganzen Kreis der Schöpfung aus,
Und wandelt mit bedächt’ger Schnelle
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.
Aus Goethes «Faust I» (Vorspiel auf dem Theater)

Nächster Artikel