Der Jungle Street Groove geht heuer am 1. September zum 14. Mal über die Bühne. Nicht nur die Wetterprognosen sind wolkig: Auch die Organisatoren der alternativen Basler Strassenparade wurden im Vorfeld vom Kanton im Regen stehen gelassen.
Es ist ein kleiner Betrag für das Organisationskomitee, aber ein grosser symbolischer Schritt für den Kanton Basel-Stadt: Diese Woche wurde bekannt, dass der Swisslos-Fonds (ehemaliger Lotteriefonds Basel-Stadt) den Jungle Street Groove mit tausend Franken unterstützt. Angesichts der Höhe anderer, gleichzeitig gesprochener Gelder (so zum Beispiel 250’000 Franken für das Projekt «Der wiederauferstandene Basler Totentanz») kam allerdings auf manchen Basler Blogs Häme auf.
Während «Infamy» die Gewichtung als «aufschlussreich» betitelte, schlug «Doktor Fisch» auf der Homepage des Rockfördervereins, der den JSG seit 2012 offiziell unterstützt, gar vor, dass die Veranstalter des Totentanzes den Betrag an die Organisatoren des «lebendigen Tanzes» abtreten – denn: «Tanzen ist gesund, tot sein weniger.»
Anders klingt es beim JSG-Komitee selber: Man sei «erstaunt», aber «positiv überrascht» über die Unterstützung. «Bisher wurden ähnliche Eingaben stets abgelehnt. Auch dieses Jahr bekamen wir fast lauter Absagen, etwa von Pro Helvetia und GGG», sagt das langjährige OK-Mitglied Alain Szerdahelyi. Über die Höhe der Unterstützung mag er sich nicht auslassen. «Es ist ein positives Zeichen für die Basler Alternativkultur, dass der Anlass jetzt erstmals kantonale Gelder erhält.» Ausserdem habe man bei der Eingabe die Höhe der beantragten Unterstützung absichtlich nicht genau beziffert. «Möglicherweise haben wir im Gesuch etwas tief gestapelt, wenn man die Beiträge für vergleichbare Veranstaltungen anschaut.»
Kein Plan B
Auch wenn die tausend Franken nur ein «Zückerchen» für die tatsächlich anfallenden Kosten des ehrenamtlich organisierten Anlasses sind: In Zukunft könnte die Unterstützung ein Vielfaches wert sein. Eine neue kantonale Regelung sieht nämlich vor, dass vom Swisslos-Fonds unterstützte Anlässe ab 2013 einen vollständigen Gebühren- und Kostenerlass erhalten. Damit soll verhindert werden, was bisher oft der Fall war: nämlich, dass vom Kanton gesprochene Gelder vollumfänglich an den Staat zurückfliessen – etwa als Kosten für einen Polizeieinsatz.
Denn diesen müssen Veranstalter neuerdings vollumfänglich selber berappen. Kein Pappenstiel: 7000 Franken kosten Signalisation und Polizei für den dreistündigen Nonprofitanlass dieses Jahr. Lange sah es deshalb danach aus, als sei die Zukunft des JSG deshalb ernsthaft gefährdet. Erst ein erfolgreicher Aufruf via die Crowdfunding-Plattform «Wemakeit» sowie ein Benefizanlass in der Basler Garage brachten die nötigen Gelder zusammen.
Glück für die Organisatoren – denn einen Plan B gab es nicht: «Hätten die Benefizaktionen nicht ein derart grosses Echo ausgelöst, hätten wir zumindest die nächste Parade ausfallen lassen müssen.» Entsprechend erleichtert ist Szerdahelyi, dass die Resonanz und Solidarität in Basel gross war. Trotzdem: «Das war eine einmalige Feuerwehrübung – wir können nicht jedes Mal so viel Geld von unseren Unterstützern verlangen. Auch so ist das Budget dieses Jahr extrem knapp. Im besten Fall schaut für uns eine Nullrunde raus – und die Wetteraussichten sind ja ebenfalls nicht allzu rosig.»
Route verkürzt
Auch abgesehen von den existenzbedrohenden Polizei-Gebühren musste das JSG-Komitee dieses Jahr einige Rückschläge in Kauf nehmen. So wurde die traditionelle Route vom Münsterplatz über die Wettsteinbrücke 2012 erstmals nicht genehmigt. Grund waren Bauarbeiten auf dem Münsterplatz – aber nicht nur. Weil die Teilnehmerzahl in den letzten Jahren jeweils 7000 Menschen überstieg, müssten die Veranstalter in Zukunft auch die Teilsperrung der Wettsteinbrücke berappen, was mit weiteren ungefähr 6000 Franken zu Buche schlagen würde. In diesem Jahr wird die Strecke darum verkürzt, die Parade startet erst am Schaffhauserrheinweg. Auch die Zahl der Groovetrucks wurde trotz vieler valabler Bewerber für die Startplätze wiederum auf ein Dutzend Wagen beschränkt.
«Für die nächsten Ausgaben wollen wir hier aber angesichts des grossen Interesses am Anlass wieder mehr herausholen», gibt sich Szerdahelyi kämpferisch: «Es kann nicht sein, dass der Jungle Street Groove an allen Ecken und Enden beschnitten wird, eine Erweiterung der Parade oder eine Verlängerung der Durchführung bis 22 Uhr dagegen seit Jahren kein Thema ist – obwohl der Umzug seit bald zwei Jahrzehnten durchgeführt wird und bei den letzten Ausgaben stets alle Vorgaben eingehalten wurden.»
Zukunft unklar
In Zukunft kann sich Szerdahelyi daher vorstellen, einen runden Tisch mit Behörden und dem Komitee des alternativ zum JSG stattfindenden «Beat on the Street» einzuberufen, «mit dem wir heute ein sehr freundschaftliches Verhältnis haben», wie Szerdahelyi betont. Dass die Parade, die ursprünglich ein Demonstrationszug war, wieder explizit politisiert wird, sei dagegen zurzeit kein Thema.
«Natürlich haben wir uns angesichts der gegenwärtigen Freiraumdiskussion Gedanken gemacht, ob wir den Jungle Street Groove als Forum für solche Anliegen öffnen wollen. Doch wir haben uns dagegen entschieden. Der Jungle Street Groove soll das bleiben, was er ist: Ein friedlicher und fröhlicher Umzug mit Tanz und Musik, der jedem offen steht.» Heuer bereits zum 14. Mal: Auf dem Facebookevent des Anlasses haben sich trotz wolkiger Wetterprognosen immerhin bereits knapp 3000 Leute angemeldet.
- Jungle Street Groove 2012. Besammlung, Samstag, 1. September, 16 Uhr, Schaffhauserrheinweg, Höhe Solitude. Startschuss: 17.30 Uhr, Ende 20.30 Uhr, Kaserne.
- Offizielle Afterpartys: Sommercasino (u.a. mit Physicalz, Sueshi, Fat Ugly Bitch und The Architects) und Hinterhof (u.a. mit Drums of Death, Just Alae, Guyus, Goldfinger Brothers), jeweils ab 22 Uhr.