Der Kulturvertrag war eine günstige Lösung für das Baselbiet

Mit dem Kulturvertrag kam das Baselbiet bei der Abgeltung der kulturellen Zentrumsleistungen günstig weg. Mit zwei Vorstössen regt nun die SP-Grossratsfraktion die Basler Regierung dazu an, den Beispielen aus der Zentral- und der Ostschweiz zu folgen: Denen zufolge müsste Liestal deutlich mehr zahlen.

Baselland möchte die vergleichsweise bescheidenen Zuwendungen an die Zentrumskultur in Basel halbieren.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Mit dem Kulturvertrag kam das Baselbiet bei der Abgeltung der kulturellen Zentrumsleistungen günstig weg. Mit zwei Vorstössen regt nun die SP-Grossratsfraktion die Basler Regierung dazu an, den Beispielen aus der Zentral- und der Ostschweiz zu folgen: Denen zufolge müsste Liestal deutlich mehr zahlen.

Am 13. Februar 2011 hatten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in den Kantonen Baselland und Appenzell Ausserrhoden über ganz ähnliche Vorlagen zu befinden. Allerdings gab es unterschiedliche Resultate: Während das Appenzell dem Lastenausgleich zugunsten des Theaters St. Gallen knapp zustimmte, verwarf das Baselbiet mit einem fast ebenso knappen Mehr eine Erhöhung der Subventionen an das Theater Basel. 

Für das Appenzell war es der Beginn einer ernst zu nehmenden Kulturpartnerschaft. Über 1,5 Millionen Franken fliessen aus dem Kleinstkanton an das Theater im nahen Zentrum. Der ungleich grössere Kanton Baselland will nun – vier Jahre nach der Abstimmung – mit der Ankündigung, den Kulturvertrag mit der Stadt zu kündigen und die Beiträge von heute knapp 10 Millionen Franken zu halbieren, die Kulturpartnerschaft zur Marginalie werden lassen.

Partnerschaftliche Pioniertat

Als die beiden Basel 1997 den Vertrag «über die partnerschaftliche Finanzierung von im Kanton Basel-Stadt domizilierten Kulturinstitutionen mit regionalem Angebot» abschlossen, war dies eine Pioniertat – eine, die übrigens auch im Baselbiet mit Ausnahme der damaligen Schweizer Demokraten von allen Parteien mitgetragen wurde. Andere Kantone schlossen erst Jahre später interkantonale Vereinbarungen über den Kulturlastenausgleich ab.

Konkret gibt es in der deutschsprachigen Schweiz zwei solche Vereinbarungen:

  • Die Kantone Zürich und Luzern lassen sich ihre Zentrumsleistungen (namentlich Opernhaus, Schauspielhaus und Tonhalle in Zürich, Theater, Sinfonieorchester und Kultur- und Kongresszentrum in Luzern) seit 2003 über eine Interkantonale Kulturlastenvereinbarung von den Kantonen Aargau, Schwyz, Uri und Zug abgelten.
  • Der Kanton St. Gallen liess sich über eine Vereinbarung gestaffelt seit 2009 für sein Theater Beiträge aus dem Thurgau und den beiden Appenzell sichern.

Bundesverfassung und -gesetz als Grundlage

Beide Vereinbarungen fussen auf entsprechenden Bestimmungen aus der Bundesverfassung (Artikel 48a) und dem Bundesgesetz über den Finanz- und Lastenausgleich (Artikel 11 bis 17). Laut diesen Gesetzen sind für den Lastenausgleich die effektive Beanspruchung dieser Leistungen, der Umfang der Mitsprache- und Mitwirkungsrechte sowie damit verbundene erhebliche Standortvorteile und -nachteile zu berücksichtigen. Dabei kann der Bund Kantone zur Beteiligung an solchen Vereinbarungen verpflichten.

Mit dem Zürcher Modell müsste das Baselbiet alleine ans Theater neun Millionen Franken überweisen.

In den Vereinbarungen von Zürich/Luzern und St. Gallen gelten die konkreten Besucherzahlen aus den umliegenden Kantonen als Grundlage für eine Beteiligung an den staatlichen Subventionen. Zürich zieht als Standortfaktor 25 Prozent von den Subventionen ab, St. Gallen 20 Prozent.

Nach dem Zürcher Modell müsste das Baselbiet mit einem Zuschaueranteil von 35 Prozent also alleine an das Theater Basel über neun Millionen Franken zahlen, nach dem St. Galler Modell wären es sogar über zehn Millionen – also mehr als die aktuelle Kulturvertragspauschale von 9,95 Millionen Franken. Und das Dreispartenhaus ist nur eine von insgesamt 16 Institutionen, die heute im Kulturvertrag berücksichtigt sind.

Ein Vertragsmodell für die Region Basel?

Die SP-Fraktion im Grossen Rat regt nun mit einer Interpellation (Martin Lüchinger) und einem Anzug (Mustafa Atici) konkret dazu an, eine Übertragung dieser Modellverträge auf die Region Basel zu prüfen. Und sie rennt damit zumindest im Präsidialdepartement offene Türen ein. Der Basler Regierungspräsident Guy Morin möchte sich gar nicht auf die Diskussion über einen reduzierten Kulturvertrag einlassen und stattdessen eine interkantonale Vereinbarung nach Zürcher beziehungsweise Luzerner oder St. Galler Muster ernsthaft prüfen.

Nach Auffassung des Leiters der baselstädtischen Kulturabteilung, Philippe Bischof, sind diese Verträge auf die Region Basel übertragbar. Im Gegensatz zum heutigen Vertrag müsste sich eine solche interkantonale Vereinbarung aber auf eine kleine Auswahl von Leuchttürmen mit überregionaler Ausstrahlung beschränken.

«Das Baselbiet kam bisher günstig weg.»


Philippe Bischof, Leiter Kultur

Finanziell hätte Basel-Stadt damit aber keine Einbussen zu befürchten – ganz im Gegenteil: «Grundsätzlich kann man in jedem Fall sagen, dass Baselland gemessen an der Anzahl der städtischen Zentrumsleistungen und der effektiven Nutzung durch die Einwohner bisher mit dem Kulturvertrag günstig wegkommt», sagt Bischof.

Die Baselbieter Exekutive hat sich viel Zeit gelassen, die betroffenen Institutionen direkt zu informieren. Ende September, also fast drei Monate nach dem Halbierungsbeschluss, schrieb die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektorin Monica Gschwind in einem Brief, dass sich die Regierung der Tragweite ihres Beschlusses bewusst sei: «Es ist mir klar, dass dieser Beschluss zu erheblicher Verunsicherung bei Ihnen geführt hat, daher bin ich bestrebt, diese Phase der Unsicherheit möglichst kurz zu halten», schreibt sie und kündigt an, dass im Dezember 2015 ein Zwischenbericht über den Stand der Verhandlungen mit Basel-Stadt geplant sei. Über was die beiden Kantone verhandeln, erwähnt sie aber nicht.

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