Im Kunstmuseum Basel laufen die Vorbereitungen für die Schau «Arte Povera – Der grosse Aufbruch» auf vollen Touren. Da greift auch der Museumsdirektor mal zur Schaufel. Wenn auch hauptsächlich für die Kamera.
Museumsdirektoren sieht man selten schwitzen. Wenn, dann tun sie es hinter den Kulissen. Bernhard Mendes Bürgi jedoch konnte es am Dienstagmorgen nicht vermeiden. Eimer um Eimer, gefüllt mit Kartoffeln, musste der Direktor des Kunstmuseums schleppen. Zwar nicht kilometerweit, sondern nur eine Strecke von zwei Metern. Doch es war warm im Kunstmuseum, und ein kurzärmliges T-Shirt wohl angebrachter gewesen als die graubraune Anzughose und das hellblaue Hemd.
Doch das hätte vermutlich weniger zur Museumsatmosphäre und vor allem zum Direktoren gepasst. Kartoffelschippen ist hier eine seltene Arbeit. Es sei denn, bei den Kartoffeln handelt es sich um Kunst. Giuseppe Penone war es, der die Kartoffel zum Museumsobjekt erhob. «Patate» heisst denn auch das Werk, welches das Publikum ab Samstag in der Ausstellung «Arte Povera» im Kunstmuseum betrachten kann.
Sinnesorgane
Wer genau hinguckt, aber wirklich sehr genau, wird zwischen den echten Kartoffeln fünf aus Bronze entdecken. Einer davon wächst ein Ohr, einer anderen eine Nase, eine dritte hat Lippen. Alle Sinnesorgane sind vorhanden, auch das Auge und der Tastsinn in der Form eines Handabdrucks. Die bronzenen Kartoffeln sind Abgüsse von einst so gewachsenen Knollen. Dafür hatte Penone 1977 junge Kartoffelknollen in Negativgipsabdrücke der Sinnesorgane gelegt und sie eingegraben. Bei der Ernte nahmen die Knollen deren Form an.
Mit einem Handtuch unablässig den Schweiss von der Stirn wischend, erklärte Bernhard Bürgi, dass Penone gerne mit natürlichen Materialien arbeitete. Neben dem Kartoffelwerk lehnt im Kunstmuseum ein Holzbrett an der Wand, aus dem der italienische Künstler den Kern herausgeschält hat, der noch die ursprüngliche Form des zersägten Astes aufweist. Und ein drittes Werk wird in diesem Raum zu sehen sein, das hauptsächlich aus frischen Lorbeerblättern besteht.
Gehemmte Keime
Vorerst aber geht es darum, die «Patate» fertig zu installieren. «Ein wahres Happening», freut sich Bürgi, und setzt feierlich die Bronzekartoffeln auf die echten. Sie sind kaum zu unterscheiden von ihren Vorbildern. Chefrestaurator Werner Müller schneidet nachher noch die darunterliegende Plastikfolie zurück, und fertig ist der Penone.
Die Kartoffeln zu finden sei gar nicht so leicht gewesen. Dunkel mussten sie sein, und ungewaschen, soweit die Vorgaben. Der Rest ist kuratorische Freiheit. Neben der Kiste, die 300 Kilogramm Kartoffeln fasst, liegt auf einem Tuch am Boden ein Spaten, und eine Flasche steht daneben. «Keimhemmungsmittel» steht darauf zu lesen. Damit seien die Kartoffeln behandelt worden, damit das Keimen etwas zurückgebunden werde. Schrumpeln werden die Knollen wohl trotzdem. «Wahrscheinlich werden wir sie im Laufe der Ausstellung einmal auswechseln müssen», sagt Bürgi. Dass er selber wieder zu Eimer und Spaten greift, ist eher unwahrscheinlich. Und falls doch, könnte er wenigstens seine Kleidung anpassen. Kameras sind dann ja keine mehr im Raum.