Noch so gerne würde der Kanton Basel-Stadt einen Schlussstrich unter die Raubkunst-Affäre ziehen, die jahrelang international für negative Schlagzeilen gesorgt und den Ruf der Kunsthandelsstadt Basel geschädigt hat. Man wähnte sich auch bereits so weit, bis vor einigen Tagen ein Artikel im Londoner «Guardian» die leidige Geschichte wieder an die Oberfläche spülte.
Ausgangspunkt war die Londoner Kunstmesse «Frieze Masters», die am 8. Oktober zu Ende ging. Ein Raubkunstspezialist der Universität Glasgow entdeckte laut dem Zeitungsbericht am Stand des Basler Antiquitätenhändlers Jean-David Cahn zwei antike Marmorgefässe, die in Zusammenhang mit einem struben Raubkunstfall stehen.
Basel als Drehscheibe für Raubkunst
Es geht um den Sizilianer Gianfranco Becchina und seine Ex-Frau Ursula-Marie Becchina-Juraschek, die in den 1970er-Jahren in Basel mit Kunst der Antike handelten – auf kriminelle Art und Weise, wie sich herausstellte. Denn die Becchinas veräusserten Raubkunst, die sie über einen Grabräuber- und Schmugglerring beschafften.
2001 fliegt der unsaubere Handel auf, die Basler Staatsanwaltschaft beschlagnahmt über 6000 Objekte, die nach einem aufreibenden und langen Verfahren 2015 an die italienischen Behörden übergeben wurden. Die Becchinas selber können sich rechtlich in die Verjährung retten. Und nicht nur das: 1287 Objekte kommen in ein geheimes Lager der Basler Staatsanwaltschaft, weil sich bei ihnen der Verdacht auf Kunstraub nicht schlüssig beweisen lässt.
Diese Objekte müssen wohl oder übel an Ursula-Marie Becchina-Juraschek zurückgegeben werden (ihr Ex-Mann geniesst seinen Ruhestand in Italien). Aber auch diese Übergabe verzögert sich, weil Forderungen von Gläubigern abgegolten werden müssen. Wie die «Basler Zeitung» nun schreibt, hat der Kanton Basel-Stadt darum inzwischen mehrere der zwischengelagerten Objekte verkauft.
Hoffnung auf ein Ende der Geschichte
Der Vorsteher des Basler Konkursamts, Gerhard Kuhn, bestätigt auf Anfrage der TagesWoche diesen Verkauf. Wie viele Objekte es waren, will er aber nicht sagen – aber «es waren nicht viele». Und er betont, dass man sich über ein Gutachten abgesichert habe, dass dieser Verkauf rechtlich unbedenklich sei. «Wenn wir die Objekte nicht verkauft hätten, wären sie schliesslich mit dem gesamten Rest der Sammlung an die Besitzerin zurückgegangen», sagt Kuhn.
Wenn Ursula-Marie Becchina-Juraschek – die laut «Spiegel» die meiste Zeit im nahen Elsass verbringt – «ihre» Sammlung zurücknimmt, könnte endlich Gras über die Sache wachsen.
Möglich wäre aber auch, dass da oder dort plötzlich ein bislang unentdecktes Raubkunstobjekt der Becchinas auftaucht. Zum Beispiel im Antikenmuseum Basel. In einem Interview mit der «bz Basel» sagte Museumsdirektor Andrea Bignasca im Sommer, dass der Name Becchina in den Unterlagen zur Sammlung zwar nicht auftauche. «Aber ich kann nicht ausschliessen, dass wir indirekt in den Besitz eines solchen Stückes gelangt sind.»