Selten gab es so wenig zu lachen bei Shakespeares «Sommernachtstraum». Die Inszenierung von Markus Heinzelmann bietet im Basler Schauspielhaus ausser riesigen Knollennasen und enormen Segelohren nicht viel mehr als zwei Stunden zerfahrene Langeweile.
Irgendeinmal, so etwa nach anderthalb Stunden, tritt Theseus, der Herzog von Athen, an die Bühnenrampe. Genau genommen ist es der Schauspieler Gunnar Titzmann, der sich fast die ganze Zeit zuvor im Bühnenhintergrund auf dem Laufband abgemüht hat. Dieser tritt also in Trainerhose und Trägerleibchen aus der Rolle, die er kaum innehatte, um mit dem Publikum zu plaudern.
Er tritt an die Rampe, um zu sagen, dass er eigentlich gerne alle Rollen im Wald alleine verkörpert hätte, weil er den Wald halt möge. Dass er aber an seine Schauspielerkollegen Stück für Stück habe abgeben müssen, so dass ihm nur noch die Verkörperung des Waldes selber übriggeblieben sei. Was er aber die anderthalb Stunden zuvor gar nicht getan hatte. Es gab bis dahin schlicht keinen Wald auf der leeren Bühne (Gregor Wickert) – auch keinen suggerierten. Dafür aber riesige Segelohren, wuchtige Knollennasen und Glatzen.
Brutale Irrungen
Nun ist dieser Theseus nicht die tragende Rolle in Shakespeares «Sommernachtstraum». Ein Auftritt zu Beginn, einer am Schluss, das ist es, was ihm Shakespeare zugesteht – hier eingekleidet in einem blauen Anzug und einem lila Rüschenhemd (Kostüme: Christoph Ernst). Und eben mit den riesigen Ohren, der Glatze (die er als Theseus aber mit einer wuseligen Perücke verdeckt) und der monströsen Nase. Solche tragen auch alle anderen Figuren auf der Bühne, wobei die Ohren der Elfen noch etwas grösser sind als die der in brutalen Irrungen verstrickten Liebenden.
Sie sind alle da, so wie Shakespeare sie erschaffen hat: Helena (Ariane Andereggen), die Demetrius (Dirk Glodde) liebt. Demetrius, der sein Herz an Hermia (Carina Braunschmidt) verloren hat, die wiederum Lysander (Martin Hug) liebt, der sie auch liebt, aber später Helena nachstellt, die nun plötzlich zu ihrer grossen Verwirrung auch von Demetrius geliebt wird, während Hermia leer ausgeht. Aber keine Ahnung, warum die Ohren und Nasen so lächerlich gross, warum alle Figuren zu hässlichen Gnomen entstellt sind.
Nichts zu lachen, nichts zu weinen
Vielleicht will uns Regisseur Markus Heinzelmann sagen, dass dies alles nicht von unserer Welt ist. Nun ja. Ist es ja auch wirklich nicht. Die Feen und Dämonen, der irregeleitete Liebeszauber im Athener Wald, das Spiel mit den elementaren Kräften des Eros ist Fantasy oder eben «Ein Sommernachtstraum». Eine höchst anarchische Verwechslungskomödie, aber eine mit Tiefgang.
Doch in der Basler Aufführung gibt es kaum oder gar nichts zu lachen. Jetzt kann man mit Fug einwenden, dass der «Sommernachtstraum» sicherlich die unlustigste Komödie von Shakespeare ist, eher ein bitterböses Satyrspiel, und dass man das Stück, wenn man es als heitere Karnevaleske in Szene setzt, sträflich verharmlost.
Hölzern und zerfahren
Es gäbe also im Prinzip nichts dagegen einzuwenden, wenn Heinzelmann den «Sommernachtstraum» als bösen Albtraum in Szene gesetzt hätte. So wie dies Stefan Bachmann 1999 auf der Grossen Bühne getan hatte. Aber so kommt es nicht. Die sich Liebenden lassen in ihrer Fahrigkeit und Unterspanntheit jegliche amouröse oder erotische Spannung vermissen. Und die Feenwelt mit Oberon, Titania, Puck und den restlichen Elfen (Zoe Hutmacher, Joanna Kapsch, Lorenz Nufer, Mareike Sedl und Judith Strössenreuter) ist zu einer wabernden und oftmals in Nebel gehüllten Gruppe zusammengefasst, deren für den Ablauf des Stücks doch wichtigen Handlungen sich dadurch zur praktischen Unkenntlichkeit verzetteln.
Ja, und da gibt es ja noch die Handwerksgesellen, die die Liebestragödie von Pyramus und Thisbe proben und aufführen (mit den oben genannten Feendarstellern und Vicent Leittersdorf als Zettel). Sie sind, aus welchem Grund auch immer, als schräge Cowboy-Gnome verkleidet. Einzig ihnen gesteht der Regisseur so etwas wie Gefühlswelten zu. Was aber den Abend ebenso wenig aus seiner unterspannten Fahrigkeit herauszureissen vermag wie der vielfach eingesetzte Bühnenboden-Nebel, die Windmaschine und der faunenhaft gestelzte DJ, der das Geschehen mit einem basslastigen Dubstep-Teppich unterlegt.
«Ein Sommernachtstraum» ist eines der wunderbarsten Werke der Dramenliteratur. Eines, das sehr viel erträgt. Man kann das Stück auf den Kopf stellen, es verdrehen, aktualisieren, beschleunigen, verlangsamen und vieles mehr. Man kann es vielleicht sogar als Gnomen-Groteske mit Knollennasen und Segelohren inszenieren. Nur so unkonzentriert und hölzern, wie es auf der Schauspielhausbühne zu erleben war, sollte es nicht sein.
_
«Ein Sommernachtstraum», Theater Basel, Schauspielhaus. Weitere Vorstellungen: 7., 10., 12., 16., 27. April und 2., 3., 11., 18., 27. Mai.