Anlässlich des 50. Todestages von Hermann Hesse haben wir seinen Roman «Der Steppenwolf», den er in der Basler Lothringerstrasse zu schreiben begann, wieder gelesen.
Kult: Hesses «Steppenwolf».
Harry Haller ist ein alternder Einzelgänger mit Drang zu Höherem. Materielle Sorgen kennt er keine, sein Vermögen erlaubt es ihm, sich ganz seinen künstlerischen Studien und Interessen zu widmen. Glücklich wird er dabei allerdings nicht, und richtig unglücklich auch nicht. Was ihm bleibt, ist lediglich die Verzweiflung. Und so steht er kurz davor, seinem Leben ein Ende zu setzen, als er in einem Basler Lokal die junge Halbweltfrau Hermine kennenlernt. Sie gibt dem steifen Haller Tanzunterricht und hält ihm ihre Freundin Maria zu. Deren Freund Pablo, ein Saxofonspieler, macht Haller mit Drogen bekannt und lässt ihn am Ende einer rauschenden Ballnacht ins «magische Theater» eintreten, in dem es nur Bilder, keine Wirklichkeit gibt. In dieser Lehranstalt der besonderen Art wird Haller die Erkenntnis vermittelt, dass Menschen, in deren Brust das Streben nach Höherem und primitives Verlangen im Zweikampf miteinander liegen, lachen lernen und Galgenhumor entwickeln müssen.
Kultstatus in alternativen Kreisen
«Der Steppenwolf» ist Hesses Antwort auf eine persönliche Krise und die Krise der kulturellen Ideale, in die das Morden des Ersten Weltkriegs die europäischen «Kultur-nationen» gestürzt hatte. Hesse begann mit der Arbeit am «Steppenwolf» im Winter 1924/1925 – er wohnte damals vorübergehend an der Lothringerstrasse 7 in Basel – und stellte das Buch dann im Winter 1926/1927 in Zürich fertig. Es erschien Ende Mai 1927, kurz vor Hesses 50. Geburtstag. In den späten Sechzigerjahren hatte «Der Steppenwolf» in alternativen Kreisen vorübergehend Kultstatus. Dazu dürfte Hesses der Moderne gegenüber kritische Haltung sowie der Umstand, dass im Roman Drogen eine gewisse Rolle spielen, beigetragen haben.
- «Der Steppenwolf». Suhrkamp Taschenbuch, 423 Seiten.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.08.12