Der Thunderbird, der über die Klippe fliegt

Vor 25 Jahren kam das erste Roadmovie mit Frauen am Steuer ins Kino: «Thelma & Louise» – damals unkonventionell, heute ein Klassiker.

Notfalls wird scharf geschossen: Thelma (r.) und Louise lernen sich durchzusetzen.

 

(Bild: ©Pathé Films)

Vor 25 Jahren kam das erste Roadmovie mit Frauen am Steuer ins Kino: «Thelma & Louise» – damals unkonventionell, heute ein Klassiker.

Selten hat ein alter Song so gut in einen Filmsoundtrack gepasst wie Marianne Faithfulls Version von «The Ballad of Lucy Jordan» zu «Thelma & Louise». Da die Ballade einer desillusionierten Hausfrau, die in der psychiatrischen Anstalt endet, wo sie davon träumt, im Cabrio durch Paris zu fahren. Dort Thelma und ihre Freundin Louise auf der Flucht vor der Polizei – einem ebenso fatalen Ende entgegen. 

Die roten Felsformationen des Monument Valley säumen die Strasse, eine wunderschöne nächtliche Szene, ein wunderschöner Song, der grüne Thunderbird unterm Hintern, die Bourbonflasche in der Hand. Und die Melancholie über allem.

25 Jahre ist es her, dass Thelma und Louise im Kino bei manch einem Mann für ein mulmiges Gefühl sorgten. Denn Männer, die kommen in diesem Streifen von Ridley Scott fast durchgängig schlecht weg. Da ist Thelmas Mann, der seiner Frau nicht einmal das Wochenende mit ihrer Freundin gönnen will und sie stattdessen lieber betrügt. Da ist der LKW-Fahrer, der erniedrigende Anmachversuche für sexy hält. Und da ist der verheiratete Bar-Macho, der Thelma auf den Parkplatz zu vergewaltigen versucht – und mit einer Kugel aus Louises Pistole in der Brust endet.

Mit diesem Schuss fängt ja eigentlich auch alles an in diesem Film, der eine für das Jahr 1991 noch ungewöhnliche Geschichte erzählt und von manch einem Zuschauer als feministisches Statement missverstanden wurde. Ein Roadmovie mit Frauen in der Hauptrolle, das war schon was, damals. Doch Regisseur Ridley Scott hatte ja schon in «Alien» eine typische Männerrolle mit einer Frau besetzt, da konnte ihn das Drehbuch von Callie Khouri (sie gewann dafür einen Oscar) nicht abschrecken.

Der Freiheit entgegen

Thelma und Louise (grossartig verkörpert von Geena Davis und Susan Sarandon) wollen nichts anderes, als ein Wochenende in den Bergen verbringen und Spass haben. Bis der Schuss auf dem Parkplatz fällt und sie stattdessen versuchen, nach Mexiko zu fliehen. Für Louise, die geschossen hat, der einzige Ausweg, für die vom Eheleben desillusionierte Thelma zunächst ein Abenteuer. Kommt noch ein junger, halbnackter Brad Pitt mit Cowboyhut hinzu, und alles scheint gut zu werden – yee-haw!

Natürlich tut es das nicht. Und das Ende des Films, das ist so berühmt wie Marianne Faithfulls Song: Der grüne Thunderbird fliegt mit den beiden händehaltenden Frauen an Bord über die Kante des Grand Canyon.

Selten löst eine Selbstmordszene ein befreiendes Gefühl aus. Doch hinter dem Kofferraum des Thunderbird liegt die Ausweglosigkeit. Und in den paar Tagen, in denen die Flucht der Freundinnen dauerte, haben sie alles erlebt, was sie vom Leben noch zu erhoffen hatten. Die ordentliche, strenge Louise hat nicht nur ihre Haare herunter-, sondern alles hinter sich gelassen. Die naive Thelma hat sich durchzusetzen gelernt. Beide haben ihre Grenzen erreicht – mehr kann nicht kommen.

Die Frauen, sie schaffen es in «Thelma & Louise» auch nicht. Obwohl die Männer hier das schwache Geschlecht sind. Das Happy End, es bleibt aus. Und damit auch der Triumph eines feministischen Statements. Frauen, Freiheit und Freundschaft – das sind die drei grossen F dieses Klassikers.

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