Der vielleicht älteste Offspace der Schweiz wird 40 Jahre alt

Der Ausstellungsraum Klingental feiert seinen 40. Geburtstag – ein stolzes Alter für einen Kunstraum, der von Künstlern initiiert wurde und immer noch geführt wird. Gratulieren kann man am Sonntag.

Installationsansicht, Barbara Nägelin, Ich ist Du (2010/11), Ausstellung "Ich ist eine Band», 2011

Der Ausstellungsraum Klingental feiert seinen 40. Geburtstag – ein stolzes Alter für einen Kunstraum, der von Künstlern initiiert wurde und immer noch geführt wird. Gratulieren kann man am Sonntag.

In Archiven zu wühlen, bringt manchmal Überraschendes ans Licht: Thomas Heimann suchte etwas ganz anderes, als er zufällig herausfand, dass der Ausstellungsraum Klingental (ARK) am 4. Mai 2014 sein 40-jähriges Jubiläum feiert. «Da müsste man doch was machen», dachte sich Heimann, der sich zusammen mit Lena Friedli und Annina Zimmermann das Präsidium des Vereins Ausstellungsraum Klingental teilt.

Überrascht reagieren auch immer wieder die Leute, wenn sie erfahren, wie viele Jahre der Ausstellungsraum in der ehemaligen Klingentalkirche auf dem Kaserneareal schon auf dem Buckel hat. Denn für einen Offspace – oder einen Artist Run Space, also einen Ausstellungsraum, der von Kunstschaffenden initiiert und geführt wird – ist das ein stolzes Alter. «Wir behaupten, wir sind der älteste solche Raum in der Schweiz», sagt denn auch Heimann. Zumindest der älteste, den es heute noch gibt.

Die Geschichte des ARK beginnt bereits im Jahr 1971. Damals beschloss der Kanton Basel-Stadt als Besitzer des Areals, die ehemaligen Militärküchen in der Kirche umzubauen und den Künstlern und Künstlerinnen der Ateliergenossenschaft Kaserne, die seit 1964 ihre Werkräume am selben Ort hatten, als Ausstellungsort zur Verfügung zu stellen. Dass es dann bis zur ersten Ausstellung drei Jahre dauerte, lag nicht etwa an mangelndem Interesse der Kunstschaffenden, sondern daran, dass dem Kanton plötzlich Schulräume fehlten: Kurzerhand zogen für ein paar Jahre Schüler des Schulhauses Bäumlihof in der Klingentalkirche ein – während ihr Schulhaus umgebaut wurde.

Von der Genossenschaft zum Verein

Dann aber war der Weg frei für die Kunst. Rund acht Ausstellungen stellten die Verantwortlichen der Genossenschaft im Jahr auf die Beine. Es waren meist Verkaufsausstellungen – und für manch einen Künstler waren diese überlebenswichtig. Nun könnte man denken, die Ausstellungen hätte man vor allem aus dem eigenen Haus bestückt, doch damit liegt man falsch: Schon von Anfang an wurden aus auswärtige Kunstschaffende eingeladen, und manch ein Genossenschaftskünstler hat gar nie dort ausgestellt. Auch manch langjähriger nicht, beispielsweise Werner von Mutzenbecher.

Von Anfang an erhielt der Ausstellungsraum Klingental vom Kanton Basel-Stadt finanzielle Unterstützung. Anfangs waren es die Verantwortlichen der einzelnen Ausstellungen, die für ihren Arbeitsaufwand entschädigt wurden. Ab 1991 dann waren es ordentliche Subventionen. Damit einher ging die Ausgliederung aus der Genossenschaft: Der Verein Ausstellungsraum Klingental wurde gegründet, bestehend aus zehn Personen, darunter Willi Gerster, Leo E. Holliger und Robert Schiess.

Der «Putsch»

Am Konzept jedoch wurde nicht gerüttelt, und zwar bis heute nicht. Nur einmal, da wurde überlegt, das «artist-run» abzulegen und einen Kuratoren einzusetzen. 2005 war das, als Vorstandsmitglied Robert Schiess eine Kuratorenstelle ausschrieb – gegen den Willen des restlichen Vereins, der sich schliesslich in einer Grundsatzabstimmung durchsetzte. Die damalige Versammlung hat im Nachhinein einen legendären Touch erhalten: Schiess habe sich erhoben und sei nie mehr zurückgekehrt, sagt man. Und redete fortan vom «Putsch» im Ausstellungsraum Klingental.

Das sei schon richtig, sagt Heimann, der damals ganz neu dabei war, heute. «Das Wort Putsch darf man gebrauchen.» Er könne auch heute noch dahinterstehen. «Es wäre falsch gewesen, das alte System aufzugeben.» 2006 war das, und seither haben die Leute im zehnköpfigen Vorstand immer wieder gewechselt – als Nachteil sieht man das nicht an, im Gegenteil: Der ARK unterzieht sich so immer wieder einer Verjüngungskur und der Verein hat keine Nachwuchssorgen.

Seit mittlerweise fünf Jahren ist Lena Friedli mit dabei. Auch für sie ist das jetzige System das ideale. Die Resonanz bei den Kunstschaffenden sei «sehr gut» – es werde geschätzt, dass man hier etwas selber machen kann. «Es entlastet natürlich auch uns als Vorstand, und man darf nicht vergessen, dass wir fast alle unseren Job ehrenamtlich machen.» Eine Ausnahme ist Heimann: Er hat als Koordinator eine Teilzeitstelle, und seit kurzem werden auch Sekretariat und die Stelle für Öffentlichkeitsarbeit entlöhnt. «Wir sind etwas professioneller geworden», sagt Friedli dazu.

Das Geld dafür kommt auch heute noch vom Kanton Basel-Stadt. Die Subventionen stiegen im Laufe der Zeit von 35’000 Franken (1991) auf heute 129’000 Franken pro Jahr. Das Geld fliesst (mit Ausnahme der kleinen erwähnten Pensen) vollumfänglich in die Ausstellungen. «Wer mehr braucht als das, was wir zur Verfügung stellen können, muss das Geld selber auftreiben», erklärt Heimann. Um die Miete für den 250 Quadratmeter grossen Raum in Höhe von 24’000 Franken muss der Verein sich auch nicht kümmern, auch diese wird vom Kanton übernommen.

Zeiten der Veränderung

Ganz sicher sind dem ARK die Subventionen aber nicht immer – wenn man auch keine Angst hat, dass sie in naher Zukunft ganz wegfallen könnten. Im Moment aber beschäftigen andere Zukunftspläne: Denn die Umgestaltung des gesamten Kasernenareals geht auch am ARK nicht spurlos vorüber. «Es wird sich vor allem die Situation um uns herum verändern», sagt Heimann. Die Räume an und für sich bleiben unangetastet – nur der Garten muss vielleicht dran glauben, wenn die Sanierung des Klingentalwegleins so durchgezogen wird, wie man momentan plant. «Das fänden wir äusserst schade, wenn wir diese Oase aufgeben müssten», sagt Friedli. Im Moment gerade kann man es sich in dort in Nino Baumgartners «Agro-Zen-Garten» gemütlich machen, die Ruhe geniessen und etwas frische Luft schnappen.

Doch wer weiss, vielleicht ist das künftig auf der Seite des Kaserneninnenhofes möglich. Beim ARK jedenfalls träumt man davon, dass die Wahrnehmung des Raumes sich etwas verbessert. Ganz konkret gesprochen, denn Passanten gibt es in dieser hinteren Ecke heute so gut wie keine. «Diese verschlossene Lage passt so gar nicht zu unserem Konzept, das von Offenheit lebt», sagt Friedli. Wenn der seitliche Durchbruch dann da ist, könnte das ändern – denn dieser liegt direkt neben dem ARK. «Wenn wir etwas rumspinnen dürfen, dann wünschten wir uns eine grosse Glasfront», meint Friedli und lächelt. «Das wär doch was.»

Let’s party!

In zehn Jahren, beim 50-Jahr-Jubiläum des ARK, werden wir wissen, was aus den Spinnereien geworden ist. Und auch, was aus der Vision des Kantons wird, das Kasernenareal zu einem Ort der Synergien zu machen. Denn auch da soll der Ausstellungsraum eine Rolle spielen. Beim Verein freut man sich darauf: «Wir sind sehr gespannt, was wird», sagt Heimann.

Zuerst aber feiert der ARK seinen 40. Geburtstag. Dazu sind alle eingeladen, vor allem aber auch alle alten Vereinsmitglieder. Nachmittags kann man im Archiv stöbern und Kaffee und Kuchen trinken, dann gibt es Grussworte aus Politik und Kultur, und schliesslich eine Performance, die den Raum in die Zukunft führt. Wie auch immer diese aussieht.

> 40 Jahre Ausstellungsraum Klingental, Sonntag, 4. Mai 2014. Ab 14 Uhr Stöbern im Archiv, Kaffee und Kuchen. 17 Uhr Festakt mit Reden. 18 Uhr Performance von Lena Kiss & Friends. Anschliessend Tanz und Bar.

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