Die Aeronauten: 9/11 hat ihren Höhenflug versaut

Nach 25 Jahren Bandgeschichte haben die Aeronauten viel zu erzählen, wie ein Dokumentarfilm des langjährigen Bassisten Hipp Mathis zeigt. Wann der Film in die Region Basel kommt, ist noch offen, dafür spielen die Aeronauten am Samstag im Hirscheneck Basel.

Nach 25 Jahren Bandgeschichte haben die Aeronauten viel zu erzählen, wie ein Dokumentarfilm ihres langjährigen Bassisten Hipp Mathis zeigt. Wann der Film in die Region Basel kommt, ist noch offen, dafür spielen die Aeronauten am Samstag im Hirscheneck Basel.

In Schönheit gescheitert, so war das mit den Aeronauten. Es war Herbst 2001, in New York und Washington hatten soeben Terroranschläge die USA und die westliche Welt insgesamt erschüttert – und just in diesem Moment, als man überall nach politischer Analyse und Sinnesreflexion dürstete, kamen die Aeronauten mit dieser Platte: «Bohème pas de Problème», in knallig gelb-roter Farbe und mit einem kuscheligen Sound, der Sorglosigkeit offerierte.

«Bohème pas de Problème» war das Album, mit dem die Aeronauten – entstanden in Romanshorn, wo es angeblich nichts gab ausser Sportvereine und Drogen – den nächsten Schritt machen wollten. Auf die grossen Bühnen der Welt oder zumindest in Deutschland, wohin es sie mit ihren deutschen Texten seit jeher zog. Dafür verabschiedete man sich vom Rumpelpunk der alten Tage und ging zwei Jahre fast nonstop auf Tour, und es geschah – nichts. Nicht vermittelbar zu jener Zeit, lautete das ernüchternde Fazit der damaligen Managerin.

Dem Terror sei Dank

Der internationale Terrorismus war es also, der den Aeronauten den Durchbruch versperrt haben soll, glaubt man dem Film von Hipp Mathis, Gründungsmitglied der Band und bis vor kurzem noch deren Bassist. Der Untertitel «Die ersten 25 Jahre» deutet dabei an, dass die Geschichte weiterläuft, und wahrscheinlich war es, so legen es die Interpretationen der Beteiligten nahe, gerade der ausgebliebene Abräumer, der die Band vor dem Kollaps bewahrte. Und auf einem weniger ambitionierten, jedoch nicht minder spielfreudigen Niveau stabilisierte.


Mathis‘ Film zeichnet nach, wie die Band aus der Bodensee-Provinz sich langsam den grossen deutschen Städten näherte – zuerst ein Konzert in St. Gallen, dann eine Kassette aufnehmen, dann ins Studio, «und dann erschien schon bald die zweite Platte» mit dem ersten kleinen Hit. So müht sich der Film in seiner ersten Hälfte, etwas gar zäh auf Chronistenpflicht versessen, durch die frühen Jahre. Und plötzlich war man mit den aufstrebenden Hamburgern von Tocotronic auf Tournee, «die sicher zwei Schuhnummern grösser waren als wir».

Dass es die Ostschweizer mit ihrem stets etwas abseitig scheppernden Sound, der im Geist dem Punk, im Stil dem Lumpenlied und auf der Textebene lustig-sarkastischer Miesepetrigkeit frönte, in die Hamburger Szene schafften, war aus der Ferne schon immer eine wunderlich-prächtige Geschichte. Der Film hat dazu viel Beimaterial zur Hand, Fotos, Film und alte Flyer, und klappert die damaligen Zeitzeugen ab.

Dass die Band am ausgebliebenen Durchbruch fast zerbrach und doch wieder zusammenfand, ist der schöne Rank dieser Geschichte.

Die wenn schon nicht schlüssigste, so doch zumindest erheiterndste Erklärung für den Erfolg liefert dabei Bernadette La Hengst: «In Hamburg kamen damals von überall Dorfdeppen zusammen, die in den Kneipen abhingen und Bands gegründet haben. Da fühlten sich die Aeronauten sofort wohl.» Aus diesen «Dorfdeppen» bildete sich das Label «L’Age d’Or» und schliesslich die sogenannte «Hamburger Schule», wo Tocotronic und Die Sterne heranwuchsen – und schliesslich auch die Aeronauten unterkamen.

Dass daraus nicht mehr geworden ist, dass die Band am ausgebliebenen Durchbruch fast zerbrach und nach knapp zwei Jahren Funkstille 2006 fast zufällig doch wieder zusammenfand, ist der schöne Rank dieser sympathischen Geschichte. «Die Band machte zu viel Spass, als dass wir es ganz hätten sein lassen können. Wir wären schlicht Idioten, es einfach wegzuschmeissen», sagt Sänger und Texter Olifr. M. Guz im Film, und dank der Neujustierung der Prioriäten – Familie und Jobs nach vorne, die Band etwas zurück auf gehobenes Hobbyniveau – hat die Band sich auf Liebhaberniveau etabliert.

Im besten Sinne gereift

Vier Alben gabs seither, das jüngste davon heisst «Heinz» und handelt unter anderem von ihnen selbst. In «Ottos kleiner Hardcoreband» kurvt eine etwas angejahrte Punkband unerschütterlich ihre Runden durch die «Hundsverlocheten» dieser Lande. «Und der Himmel brennt, als die Band anfängt, sie spielen ein Lied, das jeder kennt», heisst es da. So ist das mit dieser im besten Sinne gereiften Band: Wirklich gross ist ihr Publikum in den letzten 25 Jahren vielleicht nicht geworden. Aber wer da war, der kommt immer wieder.
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Die Aeronauten spielen am Samstag, 13. Februar, im Hirscheneck Basel.

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