Die Agglokinder habens drauf: Ein Besuch im «Walzwerk»

Auch wenn sich Basler Stadtkinder nur ungern ins Umland begeben, auf dem Münchensteiner Walzwerk-Areal gibts was zu entdecken. Und zwar grad im Doppelpack. Der «erste Stock» und die «Fahrbar» sind zwei Lokale mit einer Aussicht: Der Abend wird gut.

Die Veloständer stehen parat: der «erste Stock» in Münchenstein.  

(Bild: Jara Petersen)

Auch wenn sich Basler Stadtkinder nur ungern ins Umland begeben, auf dem Münchensteiner Walzwerk-Areal gibts was zu entdecken. Und zwar grad im Doppelpack. Der «erste Stock» und die «Fahrbar» sind zwei Lokale mit einer Aussicht: Der Abend wird gut.

«Kommst du mit heute Abend an das Konzert im ‹ersten Stock› in Münchenstein? Das ist so ein Baby-NT-Ort, voll schön, weisch?» «WAAAS? Ich hör nur Münchenstein. Nein, das schaffe ich jetzt grad voll nicht, da rauszufahren. Sorry.»

So ist es halt. 15 Velominuten durch bärlauchgeschwängerte Luft dauert es vom Bahnhof SBB zum ehemaligen Walzwerk-Areal in Münchenstein, wo der «erste Stock» und die Fahrbar liegen. An einem Freitagabend dorthin velölen? Das ist für Basler Stadtkinder etwa so, als würde man sie fragen, ob sie auch Lust hätten auf eine Velotour ins Tessin. Und das haben sie meistens nicht und bleiben in der Stadt.

Dabei kann man dort draussen tatsächlich ein wunderbares Plätzchen entdecken. Eines, das sich hervorragend für laue Sommerabende und piekfein ausgewählte Konzerte eignet. Und das es nun schon zehn Jahre gibt. Ende Mai werden auf dem Walzwerk Jubiläen gefeiert. Zeit für einen Vorab-Besuch im «Ersten Stock» und in der Fahrbar. Wir schwingen uns in den Sattel.

Hier war mal: «Totale Tristesse»

Erster Halt: Die «Fahrbar», ein ausrangierter Eisenbahnwagen, den Joel Schneebeli vor 10 Jahren aufs Gelände schob. Die alten Bahngleise am Boden hatten ihn dazu inspiriert. Ein Überbleibsel der Aluminiumfabrik, die hier 1999 Konkurs machte. Von ihr blieb nur ein leerstehendes Industrieareal, das sogenannte «Walzwerk», das damals nach «totaler Tristesse» aussah und zur Umnutzung vermietet wurde. Einer der neuen Mieter war Joel, der hier in seinem Bahnwagen eine Bar eröffnete. Ob er eigentlich total spinne, hätten ihn seine Freunde damals gefragt. Was er in diesem Münchenstein mit einer Bar wolle. 

Er hatte einfach Lust auf Neues. Lust, seine Ideen in einen eigenen Ort zu verbauen. «Ausserdem gibt es hier in Münchenstein ja auch Menschen», grinst er. «Und die freuen sich über einen coolen Ort am Wochenende.» Basler tröpfeln bis heute nur ab und zu hinein.

Aber seine «Fahrbar» sollte ohnehin nicht der nächste «Das ist ja wie in Berlin»-In-Ort werden: «Dann hätten wir ja jeden Abend Minimal spielen können». Es blieb schliesslich nicht bei der Bar im ausrangierten Eisenbahnwagen, der so gemütlich ist, dass man sich insgeheim eine heisse Schoggi und einen langen Regenabend herbeiwünscht. Joel betreibt heute auch die angrenzende Halle, in der er mit Events sein Geld verdient.



An diesem Abend bleibt die «Fahrbar» zu. Das Jubiläumsfest am Samstag wird gerade vorbereitet.

An diesem Abend bleibt die «Fahrbar» zu. Gerade wird das Jubiläumsfest für den Samstag vorbereitet. (Bild: Jara Petersen)

Auf der Sommerterrasse vor dem Eisenbahnwagen fühlt man sich wie im Süden. Wie in einem coolen Süden mit rostigen Skulpturen und grossen Kakteen. Joel nimmt einen Schluck Kaffee und erzählt von seinen Jubiläumsplänen für den 21. Mai. Spektakel, Feuer und Extraordinäres stehen ab 14 Uhr auf dem Programm. Dazu serviert er Crêpes (der Fahrbar-Klassiker) und thailändisches Essen. 

Pizza bei «Erster Stock und Söhne» 

Nächster Halt: eine Holzofenpizza bei den Jungs im «ersten Stock». «Erster Stock und Söhne» nennen sich die sechs Endzwanziger, die den Laden in zweiter Generation schmeissen. Die erste Generation, das waren ein paar Kollegen des Handwerkerkollektivs «Schoolyard». «Tu nichts, tut sich nichts» steht noch immer auf deren gelbem Werkstattauto. Sie schritten zur Tat, damals vor acht Jahren, und bauten den «ersten Stock» gegenüber ihrer Werkstatt zu Bar und Konzertraum um.

Einen Namen hat sich der «erste Stock» vor allem mit seinem Musikprogramm gemacht. «Wir hatten schon ein paar Grosse dabei», kommentiert Till Stoll von Schoolyard bescheiden die alten Konzertplakate von Friska Viljor, Gisbert zu Knyphausen oder Conner Youngblood an der Bretterwand. 

Aber: «Die Gründerväter hatten irgendwie nicht mehr so Energie. Dann haben sie auch noch alle Kinder gekriegt», schmunzelt Luca Studer von «Erster Stock und Söhne», der sich beim Pizzaofen zu uns gesellt. Und so hat die zweite Generation, die hier schon gross geworden ist, im Winter 2014 übernommen.



«Wir haben hier einfach eine gute Zeit zusammen», sagen die Jungs vom «ersten Stock» zu ihrem Engagement. Und deshalb fühlt man sich auch als Gast ein bisschen zuhause.  

«Wir haben hier einfach eine gute Zeit zusammen», sagen die Jungs vom «ersten Stock» zu ihrem Engagement. Und deshalb fühlt man sich auch als Gast fast ein wenig zuhause.   (Bild: Jara Petersen)

Ort der Ressorts

Dass sie es ziemlich lustig haben, ist nach fünf Minuten Pizzaschwatz klar. Wer denn so ihr Publikum sei? «Alles Agglochinder.» Wie sie sich denn so organisieren würden hier? «Ressorts.» «Es gibt das Ressort Pizza, das Ressort Aufwart, denn Abwart ist so understatement. Es geht da nicht nur um kaputte Glühbirnen. Dann natürlich das Ressort Marketing. Das ist aber nicht meines, also… Eigentlich kann ich gar nicht mit dir reden.»

Luca Studer lacht und erzählt dann trotzdem, warum er hier dabei ist: «Weil Kultur alle glücklich macht. Und weil das hier ein Ort für alle sein soll.» Keiner von ihnen steht für den Lohn hinterm Tresen. Weil sie selbst so gerne hier sind, fühlt man sich auch zu Hause. Ein Blick auf die hohe Terrasse, die farbigen Lichterketten im Abendhimmel, die alten Kinosessel: Da mag man fast gar nicht mehr in die Stadt zurück. Hat sich eben doch gelohnt, diese Velofahrt.



Vor dem Konzert, nach dem Konzert oder einfach so: auf der Terrasse im «ersten Stock» kommt's meistens gut. 

Vor dem Konzert, nach dem Konzert oder einfach so: auf der Terrasse im «ersten Stock» kommt’s meistens gut.  (Bild: Jara Petersen)

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«10 Jahre Fahrbar» am Samstag, 21. Mai von 14 bis 2 Uhr. Afterparty im «ersten Stock».

8 Jahre Schoolyard und Saisonabschluss im «ersten Stock» am Samstag, 28. Mai. Grill, Boules, Pizza, Musik und Sonnenterrasse ab 16 Uhr. 

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