Passend zum Herbstwetter: Das Naturhistorische Museum Basel eröffnet seine Mumienausstellung.
Beim Stichwort Mumien denkt man meist an Ägypten und die Pyramidengräber der Pharaonen. Mumien gibt es allerdings auch anderswo, und nicht immer steht am Anfang einer Mumie ein aufwändiger Präparationsprozess: Sie kann auch spontan und ohne menschliches Zutun entstehen. Egal ob in der Wüste, im salzig-trockenen Klima am Meer oder im Eis – in der Natur wird mumifiziert, was das Zeug hält.
Die Ausstellung «Mumien – Rätsel der Zeit» legt den Schwerpunkt auf Vorgänge, die tote Körper Jahrtausende lang überdauern lassen. Im Naturhistorischen Museum Basel werden Exponate der Wanderausstellung «Mumien – Der Traum vom Ewigen Leben» gezeigt, die mit eigenen Ausstellungsstücken ergänzt wurden.
Mumie am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen
Es ist 10 Uhr, der Medienrundgang beginnt. Ich habe mich vorbereitet, ich weiss was mich erwarten wird – denke ich zumindest. Ich rechne mit viel gegerbter Haut, gefletschten Zähnen und etwas Grusel. Letzterer verflüchtigt sich bereits am Anfang der Ausstellung, im Eismumienraum. Vom Eis konservierte Gämsen posieren in Perma-Yoga-Stellung in ihren Vitrinen. Etwas grotesk, unerwartet elegant, aber auf jeden Fall faszinierend.
Der Gletschermumienraum bricht gleich zu Beginn das Eis. (Bild: Gregor Brändli)
Die Ausstellung tastet sich langsam an menschliche Mumien heran. Ungefähr 40 menschlichen Exponaten sind zahlreiche tierische Mumien gegenübergestellt. Zu Beginn werden dem Besucher natürliche Mumifizierungsprozesse wie Einschluss der Tier- oder Menschenleiche in Eis, Bernstein oder Moor aufgezeigt.
Mumifikation ist aber auch an der Luft möglich, solange das Milieu trocken genug ist und der Ort über ständigen Durchzug verfügt. «Umluft», wie dies Kurator Dr. Gerhard Hotz nennt – nicht bloss eine Einstellung am Backofen.
Basler Mumie
Auf die Frage, was Mumien so faszinierend macht, haben Kuratoren Dr. Gerhard Hotz und Dr. Loïc Costeur eine Schwette an Antworten parat. «Mumien sind für Wissenschaftler von unschätzbarem Wert, da sie uns über Lebensumstände wie die Ernährungsweise oder Krankheitsgeschichte einer Person beziehungsweise eines Tieres Auskunft geben können», erklärt Dr. Costeur. Auf der anderen Seite liefern uns Mumien auch Informationen über die soziale und kulturelle Geschichte eines Volkes, wie im Fall der südamerikanischen und ägyptischen Mumien in der Ausstellung.
Für Mumienfunde braucht es für Forscher allerdings keine weite Reise. Auch in der Schweiz kann man auf sie stossen, wie im Fall der 1976 gefundenen, 400 Jahre alten Barfüsser-Mumie. Die Identifikation der Frau ist noch nicht gelungen, klar ist nur, dass sie aus der gehobenen Schicht stammte und sich genügend zu Essen leisten konnte – Gallensteine und Arteriosklerose lassen auf eine fleischlastige Ernährung schliessen.
Dr. Gerhard Hotz, der sich an der Erforschung der Mumie beteiligt, erhofft sich in den kommenden Monaten neue Erkenntnisse. «Durch eine Identifizierung der Person liessen sich spannende Untersuchungen über das Leben der Frauen in Basel anstellen», fügt Dr. Hotz an. «In der Geschichte ist es so: Wir wissen immer sehr viel über das Leben der Männer. Lebensgeschichten von Frauen gibt es nicht so viele.»
nicht die Katzenhexe, aber auch tot: Katzenmumie aus der Schweiz. (Bild: Gregor Brändli)
Zu guter letzt doch noch etwas Grusel: Mumienfunde geben auch Aufschluss über allerlei Aberglauben. Im deutschsprachigen Raum sollten Katzen Hexen von Häusern fernhalten. Daher ist es nicht unüblich, dass in Zwischenböden alter Wohnhäuser die Überreste mumifizierter Katzen gefunden werden.
Diese sogenannten Katzenhexen wurden dort – ob lebendig oder schon tot ist unklar – regelrecht deponiert, um die bösen Geister zu bannen. Es wird vermutet, dass in Zeiten der Hexenprozesse bedeutende Persönlichkeiten so ihre Häuser schützen wollten.
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«Mumien – Rätsel der Zeit», 16. September 2016 – 30. April 2017, Vernissage 15. September, 18.30 Uhr. Naturhistorisches Museum Basel, Augustinergasse 2, 4051 Basel