Dieser Botschafter verteilt Freipässe für arabische Kultur

Die «Embassy of Emesa» will dazu beitragen, arabischer Kultur in Basel ein Zuhause zu geben. Nicht um zu missionieren, sondern um sinnlos gewordenen Worten ihre Bedeutung zurückzugeben. 

Ahmed Jizawi, einer der Gründer der «Botschaft» im leeren Raum am Voltaplatz.

Unbemerkt hat sich am Voltaplatz eine neue Botschaft installiert: die «Embassy of Emesa». Es ist ein karger Ort, es gibt keinen Empfangsschalter, die Aktenordner fehlen. Stattdessen: Ein Klavier, eine Pflanze, der Rest ist Raum.

Aber weil Raum bisweilen ein ausgezeichneter Mediator sein kann, ist dieses leere Zimmer eben doch eine Botschaft. «In unserer Vorstellung ist jeder Mensch ein Botschafter», sagt Ahmed Jizawi, einer der Initianten: «Für seine Ideen, seine Herkunft, seine Art und Weise, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.» Und dafür brauche es eben einen Konferenzraum.

Von wem sind diese Fussabdrücke?

Dieser Raum ist die «Embassy of Emesa». Der Verein versteht sich als eine von vielen Zugangspforten zur arabischen Kultur in Basel, benannt nach dem antiken Namen der syrischen Stadt Homs, aus der Jizawi stammt: Emesa.

Homs ist eine Stadt mit reicher Vergangenheit, auch als Konfliktpartei im römischen Feldzug gegen Jerusalem. An diese Tradition will der Basler Ableger aber auf keinen Fall anknüpfen, das hebt Jizawi mehrfach hervor. «Wir missionieren nicht, wir sind keine Bühne für den politischen Islam. Alles Ideologische hat bei uns keinen Platz.»

Einmal pro Monat, manchmal auch öfter, tagt hier also die Botschafterkonferenz, zusammengesetzt aus Quartierbewohnerinnen und Studenten, Künstlerinnen, Migranten und Passanten. Im Zentrum steht jeweils Kunst mit Bezug zu arabischen Kulturen: Texte aus Ägypten, Bilder aus Afghanistan, kurdische Musik.

Der palästinensische Künstler Hani Abbas hat zum Beispiel im Juni einige Zeichnungen auf dem Vorplatz hinterlassen und damit thematische Spuren zur Botschaft gelegt. Es sind Skizzen von Bootsflüchtlingen, vor Kampffliegern fliehende Schatten und menschliche Umrisse, auf denen Fussabdrücke kleben. Fussabdrücke von wem? Ein Ausgangspunkt für mögliche Diskussionen im Plenarsaal der Botschaft.

Seit der Bemalung im Juni verblassen die Embleme auf dem Vorplatz.

Ahmed Jizawi kommt aus Syrien, er hat das Land kurz nach Ausbruch der Revolution 2012 verlassen. Gemeinsam mit ihm haben sechs weitere Macherinnen mit teils losen Verbindungen zum Institut für postindustrielles Design HyperWerk die Botschaft gegründet. Ihr Ziel ist es, die Kommunikationskanäle zu entschlacken. Denn die seien teilweise verstopft, findet Jizawi.

«Die Sprache der Migrationsdebatte ist in den letzten Jahren zu einer Sprache der Worthülsen geworden», sagt er. «Worte wie Flucht und Integration, Toleranz und Akzeptanz haben sich ganz einfach abgenutzt. Unser Ziel ist es, eine Plattform für einen sinnvollen Austausch zu schaffen.»

Jede kleine Interaktion hilft

Und Jizawi erzählt, wie ihm das Sprechen in den ersten Monaten und Jahren in der Schweiz das Wichtigste war. Wie jeder kleine Smalltalk und jede Form der Interaktion dabei half, eine Beziehung zu diesem Land, zu dieser Stadt aufzubauen. «Ich hatte das Gefühl, ich schulde der Stadt etwas», sagt Jizawi.

In der «Embassy of Emesa» wird auch arabische Kalligrafie geübt.

Also schloss er sich mit neu gewonnenen Freunden zusammen und gründete eine kleine Bibliothek mit arabischer Literatur. Diese steht heute im Keller der «Botschaft» und soll zusammen mit der neuen Website bald zugriffsbereit sein. Ende Januar 2019 läuft der Vertrag am Voltaplatz aus, aber das Projekt soll weiterbestehen. Ein Hauch von Zeitlosigkeit ist dem mythischen Namen Emesa ja bereits eingeschrieben.

Bis am Voltaplatz die Türen schliessen, hinterlässt die Botschaft aber weiter Spuren im Quartier. Zum Beispiel in Form eines arabischen Kalligrafie-Workshops am 30. September in der Bäckerei KULT.

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