Das Vitra Design Museum kann endlich Schlüsselwerke seiner herausragenden Möbelsammlung präsentieren. Dafür liess sich die Institution auf dem Firmencampus in Weil am Rhein von Herzog & de Meuron ein Schaudepot errichten, das durch seine zurückhaltend-elegante Erscheinung besticht.
Kinder zeichnen ein Haus, nehmen einen Stift in die Hand und bringen das Urhaus auf Papier: mit rechteckiger Fassade und Satteldach, einer hohen schlanken Türe in der Mitte und ohne Fenster.
Das Haus steht neu auf dem Vitra-Campus in Weil am Rhein. Doch in diesem speziellen Fall waren es nicht Kinder, sondern gestandene Architekten aus dem Büro von Jacques Herzog und Pierre de Meuron, die dieses Urhaus entwarfen.
Es ist ein Gebäude, das auf den ersten Blick die absolute Schlichtheit in der Form zum Programm hat. Dies unter anderem, um nicht gegen die expressive Kubatur des benachbarten Feuerwehrhauses von Zaha Hadid ankämpfen zu müssen.
Doch auf den zweiten Blick offenbart sich, dass eben doch viel Raffinesse hinter dem Entwurf steckt. Die Proportionen sind perfekt und die Materialität ist faszinierend. Die fensterlose Fassade besteht aus in der Mitte aufgebrochenen Backsteinen oder Klinkern. Und im Innern ist alles hell, frei und offen, vom hellgrauen Betonboden bis hinauf in den weiss getünchten Giebel.
Stuhl- und Sessel-Klassiker in Regalen
Herzog & de Meuron haben ja bereits Erfahrungen im Bau spezieller Lagergebäude für Kunst und Design. Angefangen hatte das mit dem modernen Tempelbau für das Schaulager der Laurenz-Stiftung auf dem Dreispitz, weiter ging es ebenda mit dem Schaulager für die eigenen Werke und nun folgt das Schaudepot für die herausragende Möbelsammlung des Vitra Design Museums.
Die Verantwortlichen: Museumsdirektoren Mateo Kries und Marc Zehntner, Vitra-Verwaltungsrat Rolf Fehlbaum und die Architekten Jacques Herzog, Pierre de Meuron, ein Büromitarbeiter und der zuständige Partner Andreas Fries. (Bild: Dominique Spirgi)
Der Begriff Schaudepot wird dem neuen Bau ausgesprochen gerecht. Das Museum und die Architekten haben nicht versucht, ein zweites Design-Museum zu bauen. Dieses gibt es ja schon seit 1989 am anderen Ende des Geländes. Ursprünglich war es als Ausstellungsgebäude für die Möbelsammlung gedacht, die der damalige Geschäftsführer und heutige Verwaltungsrat Rolf Fehlbaum angelegt hatte. Doch das Museum etablierte sich international als Haus für thematische Wechselausstellungen.
Im Neubau stehen nun die Stühle, Sessel und weiteren Möbelstücke aufgereiht auf dreistöckigen Regalen. Dies hat allerdings den Nachteil, dass man bei den Objekten auf der obersten Stufe lediglich die Unterseite sieht.
Alle grossen Namen des Möbeldesigns
Die Sammlung ist auf rund 7000 Möbelstücke, 1000 Leuchten und viele weitere Designobjekte angewachsen. Im neuen Schaudepot können lediglich rund 400 Objekte gezeigt werden. Die Sammlungskuratoren mussten also eine rigide Auswahl treffen, was ihnen aber gut gelungen ist.
Blick in das neue Schaudepot. (Bild: Dominique Spirgi)
Zu bewundern sind die grossen Sitzmöbel-Klassiker von 1800 bis zum Bauhaus. Es finden sich alle grossen Namen des Möbeldesigns: Charles & Ray Eames natürlich, Thonet, Le Corbusier, Verner Panton, Ludwig Mies van der Rohe und so weiter. Ein Blick in den aufwendig gestalteten Online-Katalog vermittelt einen Eindruck von der grossen Bedeutung der Sammlung.