Meret Oppenheim und Basel, diese Verbindung brachte bis jetzt bloss eine hässliche Strasse und einen kargen Platz hervor. Das soll sich nun ändern: Im Solitude-Park des Museum Tinguely wird der Künstlerin diesen Sonntag mit einem eleganten Brunnen ein Denkmal gesetzt.
Beim Oppenheimbrunnen in Bern war in letzter Zeit mehr als nur buchstäblich der Wurm drin: Ewige Diskussionen um die korrekte Restauration des zerfallenden Wasserspenders hatten so manchem involvierten Kulturhirn schlaflose Nächte beschert. Darunter auch Meret Oppenheims Neffe Martin Bühler. Dieser verkündete unlängst, er besitze die Papiere zum Brunnen in Bern und würde dafür sorgen, dass dieser dann so aussehen werde, wie es Meret Oppenheim «wünschte und auch immer wieder betonte», inklusive etwaiger Versetzung des Brunnens nach Basel.
Bevor die Basler aber Bern um eines seiner berühmtesten Wahrzeichen bringen, kriegen sie jetzt erst einmal ihren eigenen Brunnen. Im Rahmen des Kunstprojekts zu Meret Oppenheims 100. Geburtstag wird dieses Wochenende im Solitude-Park des Museum Tinguely einer der «Hermes-Brunnen» eingeweiht. Der Götterbrunnen wurde 1966 in Gipsform von der Künstlerin geschaffen und ist seither in einer Auflage von sechs Exemplaren in Bronze gegossen wurden.
100 Jahre Meret Oppenheim
Kunsthistoriker und Kurator Simon Baur und Künstlerin Silvia Buol sind die kreativen Köpfe hinter der Jubiläumsveranstaltung. Das Programm besteht aus diversen Anlässen und der Ausstellung «Das Geheimnis der Vegetation» im öffentlichen Raum Basels, in der 21 Künstlerinnen und Künstler der Region Werke kreiert haben, die von Meret Oppenheim und ihrer Kunst inspiriert sind.
Und diese besteht bei Weitem nicht nur aus ihrer berühmten Pelztasse. In den Dreissigerjahren zeichnete Oppenheim das Ohr Alberto Giacomettis und goss es 1959 in Bronze. Ein schmackhafter Abklatsch dieser Arbeit ist nun als Fairtrade Schoggi-Ohr bei choco loco am Spalenberg und anderen Läden in Basel zu kaufen.
Zahlreiche Modelle, wenig Realisierungen
Ein bedeutender Teil von Meret Oppenheims Werk bilden diverse Skizzen und Modelle verschiedener Brunnen-Ideen. Vom Turm bis zum Pavillon, vom verspiegelten Kubus bis zum Wasservorhang visualisierte die Künstlerin die unterschiedlichsten Brunnenformen. In die Öffentlichkeit schaffte es Zeit ihres Lebens jedoch nur der Berner Oppenheimbrunnen, der zwei Jahre vor ihrem Tod verwirklicht wurde. Die anderen zwei realisierten Modelle, namentlich die «Spirale (Der Gang der Natur)», die heute in Paris steht, sowie die Ausführungen des «Hermes-Brunnen», sind posthume Anfertigungen.
Nun wird Letzterer also in Basel aufgestellt. Der kleine Wasserspender ist in keinster Weise mit seinem sperrigen Bruder in Bern vergleichbar. Er ist elegant und doch vergleichsweise unpompös. Dafür sticht seine Form umso mehr ins Auge: Ein tellerförmiges Becken mit einem felsartigen Gebilde in der Mitte, aus dem der Heroldsstab ragt. Das Darstellungsmerkmal des griechischen Gottes Hermes besteht aus zwei Schlangen, die sich synchron um einen Ast winden, an dessen oberen Ende zwei ausgebreitete Flügel wachsen. Und als Sahnehäubchen liegt ganz zuoberst eine kleine krönende Goldkugel.
Die Kluft schliessen
Brunnen stehen als Transportmittel des Lebensguts Wasser für Fruchtbarkeit. In gleicher Hinsicht kann der Heroldsstab als Phallussymbol mit zwei sich paarenden Schlangen verstanden werden. Der Hermes-Brunnen ist geerdet und trotzdem scheint er jederzeit mit seinen Flügeln davonfliegen zu können – ein Bild welches Meret Oppenheims Eigenschaft, sich über Konventionen hinwegzusetzen, durchaus entspricht.
Es ist ein schöner und funktionaler Brunnen, der Oppenheims Forderung, man solle «den Leuten das hinstellen, was ihnen Freude macht», um die «Kluft», die sich zwischen Publikum und moderner Kunst aufgetan hat, schliessen zu können, gerecht wird. Bleibt zu hoffen, dass dem Götterbrunnen Diskussionen über seine korrekte Instandhaltung erspart bleiben. Hermes war nicht zuletzt Friedensstifter und Vermittler zwischen Menschen und Göttern. Eine gute Voraussetzung.
- Meret Oppenheims «Hermes-Brunnen» wird am Sonntag, 14. Juli um 17 Uhr im Solitude-Park des Museum Tinguely eingeweiht.