Für die neueste Ausstellung «Undercurrents» spannt der nomadische Offspace deuxpiece mit der Flatterschafft zusammen. Das passt.
Die Geschichte beginnt vor fünf Jahren, als an der Kannenfeldstrasse ein kleiner Raum sich für die Kunst öffnete. Es war ein lustiger Raum mit einem grossen Fenster, einem Ofen und einer Tür, die zu hoch angebracht war, um sie zu durchschreiten. Deuxpiece war sein Name – oder vielleicht eher des Teams, das ihn ins Leben gerufen hatte, bestehend aus einer Kunststudentin und einem Kunststudenten namens Noëmi Denzler und Pedro Wirz. Klein und fein, aber sehr umtriebig waren die beiden, und schnell hatte das deuxpiece einen guten Namen in der Basler Kunstszene.
Das deuxpiece sei angedacht gewesen als Nomadenprojekt, sagte Pedro Wirz noch im Jahr 2011, als er bereits aus dem Team ausgeschieden war. Trotzdem versuchte das deuxpiece noch kurz danach einen neuen festen Standort aus, gleich gegenüber des alten Ortes, in einem Raum, der eher einem White Cube ähnelte. 2013 dann wurde das Nomadentum Wirklichkeit: «Zuviel Geld aus der Förderung musste in den Raum gesteckt werden», sagt Stefanie Bringezu, die seit letztem Jahr zum Team gehört. «Wir wollten es aber lieber in die Projekte stecken.» Und weil Vernetzung auch ein wichtiger Punkt im Konzept von deuxpiece ist, kreierte man fortan Ausstellungen und Publikationen, die an unterschiedlichen Orten präsentiert wurden – im Kunst Raum Riehen etwa während der «Regionale 14» oder in anderen Offspaces wie der Schwarzwaldallee oder dem Kasko.
Fünf Leute umfasst das deuxpiece-Team in seinem fünften Jahr: Claire Hoffmann, Dominik Denzler, Alice Wilke, Bianca Hildenbrand und Stefanie Bringezu. Während Hoffmann, Denzler und Wilke in Basel angesiedelt sind, wohnt Hildenbrand inzwischen in New York und Bringezu in Berlin – was liegt da näher, als deuxpiece auch in diesen Städten präsent werden zu lassen? «Unser Ziel ist der Austausch, und der soll nicht lokal begrenzt sein», sagt Bringezu. Und so kam schon 2013 New York als Standort für zwei Ausstellungen hinzu, und 2014 werden auch in Berlin zwei Projekte realisiert.
Die Stadt als Thema
Ein nomadischer Offspace und drei Städte, das spiegelt sich auch im Thema, das sich das deuxpiece fürs Ausstellungsjahr 2014 gestellt hat: Der Fokus liege auf der gelebten Stadt, auf urbanen Zusammenhängen und Strukturen, auf der Auseinandersetzung mit der sichtbaren und der «unsichtbaren Stadt» – «ein Gedanke, der dem einflussreichen Text von Italo Calvino, ‹Le città invisibili›, nachempfunden ist», erklärt Claire Hoffmann.
Den Anfang des diesjährigen Programms macht die Ausstellung «Undercurrents» mit Werken von Dillan Marsh und Karin Kurzmeyer. Dafür kooperiert das deuxpiece mit dem Verein Flatterschafft, der an der Solothurnerstrasse gleich hinter dem Basler Bahnhof ein Atelierhaus in Zwischennutzung betreibt. Während die Ausstellung im Projektraum eingerichtet wird, werden die beiden Publikationen, die dazu erscheinen, von Simon Krebs gedruckt, der sein Atelier mit kleiner Druckstube im obersten Stockwerk eingerichtet hat – Kooperation at its best, findet Stefanie Bringezu.
Chaos und Visionen
Die Künstlerbücher, die in Krebs‘ Verlag namens «Büro für Problem» erscheinen, sind keineswegs als Nebenprodukte der Ausstellung gedacht, stellt Bringezu klar: «Sie sind wichtiger Bestandteil des Projektes.» Karin Kurzmeyers Buch zeigt hauptsächlich Abbildungen ihrer Objekte, die wie dreidimensionale Skizzen funktionieren. Man könnte sie als Visionen von Möglichkeiten beschreiben.
Dillan Marshs Publikation ist komplexer in der Anlage – und in der Handhabung. Man kann das Buch drehen und wenden, vorne beginnen oder hinten. Es entzieht sich jeglicher stringenten Erzählung oder Lesart. Auch in den Installationen des britischen Künstlers, der in Norwegen lebt, spielen Loops und Ringformen eine zentrale Rolle. Man findet Bilder von kuppelförmigen Architekturen oder Spiegelungen. Diese Arbeitsweise sollte im Künstlerbuch spürbar werden.
Zum gesammelten Bildmaterial, das Marsh darin zeigt, hat die Künstlerin Eleanor Clare Texte verfasst. Sie schildert emotionale Ausnahmezustände in subjektivem Stil und fragmentarischen Stücken. Auch sie fordert damit dazu auf, vor- und zurückzublättern, abzuschweifen und zu kreisen.
Für die deuxpiece-Ausstellung hat auch Dillan Marsh sich stark mit Ausnahmezuständen befasst. Mit der Basler Fasnacht beispielsweise oder der Mittsommernacht, kurz: Mit Momenten, in denen der Alltag auf den Kopf gestellt wird und die Gesellschaft nicht den Normen entsprechend funktioniert. Trotzdem, so hat der Künstler herausgefunden, finden sich darin wieder Muster. Das Chaos, so scheint es, verläuft doch auch in Bahnen. Egal, wie man es dreht und wendet.
> «Undercurrents – Dillan Marsh (UK/N) und Karin Kurzmeyer (CH)», deuxpiece @ Flatterschafft, Solothurnerstr. 4, Basel. 9. bis 31. Mai 2014, Vernissage 8. Mai, 19 Uhr.
Nächster Stopp des deuxpiece ist übrigens der Rhein: Dort wird die Künstlerin Klara Hobza eine Tauchaktion durchführen – und zwar am 5. Juni.