Eine früh erloschene Flamme

Amy Winehouse, die 2011 verstorbene Soulsängerin aus London, wäre dieses Wochenende 30 Jahre alt geworden. Eine Ausstellung in Camden erinnert an ihr Leben.

In Camden, wo sie lebte, erinnern Ausstellungen an Amy Winehouse.

Amy Winehouse, die 2011 verstorbene Soulsängerin aus London, würde 30 Jahre alt. Eine Ausstellung in Camden erinnert an ihr Leben.

Amy Winehouse, die grosse Soulstimme der Nullerjahre, wurde heute vor 30 Jahren geboren. Am 23. Juli 2011 kam sie ums Leben, 27 Jahre jung, an einer Alkoholvergiftung, über 4 Promille im Blut. Sie starb dort, wie sie den grössten Teil ihres kurzen Lebens verbracht hat – in Camden, im Norden Londons. Winehouse hatte von dort aus ihren Lebens- und Liebesschmerz mit einer Stimme in die Welt hinausgesungen, die unvergessen bleiben wird – nicht nur, weil sich ihr zweites Album «Back To Black» rund 20 Millionen mal verkaufte, sondern weil der Soul, den sie so steinerweichend sang und den ihr Produzent Mark Ronson mit meisterhaften Bläserarrangements veredelte, kurz ein grosses, britisches Revival feierte. Winehouse gewann mit «Back To Black» 2008 fünf Grammys in einer Nacht, was keiner anderen britischen Sängerin bisher gelang. Übertroffen wurden ihre Erfolge schliesslich von Adele, der anderen grossen englischen Soulstimme der späten Nuller- und frühen Zehner-Jahre, die mit insgesamt neun Grammys und rund 50 Millionen verkauften Platten die Rückkehr des Britsouls zementierte.

Mit «Back To Black» unsterblich geworden

Allerdings hing diese kommerziell eindrückliche Rückkehr an sehr wenigen Namen, Adele hat sich nach eigenen Aussagen im Anschluss an ihre bahnbrechenden Erfolge für die nächsten Jahre ins Privatleben zurückgezogen, und sonst ist niemand da, der diesen Soul auf diesem Level – und das heisst auch: in dieser breitenwirksamen Form – übernehmen konnte. Das macht Winehouses «Back To Black» im Rückblick zu einem noch stärkeren, unheimlicheren Album: Der mit Beats aus House und Hip-Hop bestückte Retro-Soul entstand noch jenseits des grossen kommerziellen Versprechens, zu dem sich die Platte nach einigen Startschwierigkeiten entwickeln sollte, und wie unzeitgemäss beseelt, wie unabhängig von Genre-Konventionen ihr Gesang sich hier Bahn verschaffte, sorgt auch sechs Jahre danach noch für Ergriffenheit.

Schmerzbewusste Sprache

Ihre dunkelsten Zeilen, «You Know I’m No Good» oder das Titelstück «Back To Black» künden in einer direkten, sehr schmerzbewussten Sprache von Scheitererfahrungen einer noch sehr jungen Frau, die sich ihrer emotionalen Abgründe stark bewusst war. Hinter dem frühen Tod Winehouses entschwebte kein Mythos, wie es bei älteren Mitgliedern des «Club27» der Fall war, weil ihre andauernde Selbstzerstörung, ihre Abhängigkeit von Alkohol und Drogen, ihre zerrüttete Ehe mit Blake Fielder-Civil und ihre verstärkte Unfähigkeit, Konzerte zu Ende singen zu können, stets breit dokumentiert war. Wo Winehouse hinstolperte, waren die Handykameras schon da.

Die Würde, um die in ihren Liedern getrotzt wurde, findet das Andenken an Winehouse nun an ihrem Herkunftsort. In Camden, wo sie in den Clubs und Pubs ihre ersten Auftritte hatte und wo man ihre markante Bienenkorbfrisur noch immer an die Wände gesprayt sehen kann, findet in den Wochen um ihren 30. Geburtstag herum in der Proud Gallery  eine Ausstellung zu ihrem Leben statt, ein öffentlich gemachtes Archiv ihres Lebens mit Fotos, mit selbst gesammelten oder erstellten Bildern, initiiert von der Amy Winehouse Foundation, die von ihrem Vater mit dem Geld aus den Plattenverkäufen nach ihrem Tod zur Unterstützung von Jugendlichen mit Alkohol- und Drogenproblemen gegründet wurde. «For You I Was A Flame», heisst die Ausstellung – eine Flamme, die früh erlosch und seither einzig in ihren Liedern weiter lodert.

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