Remo Hobis Wandbild an der Lothringerstrasse war das erste Werk im Rahmen des Projektes «Nordtangente – Kunsttangente». Und obwohl es schon längst entfernt werden dürfte, prangt es noch immer an seinem Ort.
Vor zehn Jahren war der Westen des St. Johann eine einzige Baustelle. Das halbe Quartier wurde untertunnelt, um den störenden Verkehr unter die Erde zu bringen. «Nordtangente» ist das Stichwort. Man baute unter und auf der Erde, und wo gebaut wird, entsteht Neues. Neue Strassen, neue Gebäude. Und wo Platz ist für Neues, kann auch Platz sein für Kunst.
In diesem Sinne initiierten ein paar Leute um den Kunsthistoriker Daniel Baumann ein Projekt, das Bau und Kunst in unterschiedlicher Form aufeinandertreffen lassen sollte. Aus der Taufe gehoben worden war es von Hedy Graber, der damaligen Beauftragten für Kulturprojekte, und von Kantonsbaumeister Fritz Schumacher. Es erhielt den Namen «Nordtangente – Kunsttangente», und neben fix installierten Werken wie Wandbildern oder der Gestaltung des Wiesenkreisels gehörten auch Filmnächte unter der Autobahnbrücke oder Konzerte zum Programm, das von 2002 bis 2010 lief.
Bis heute sichtbar
Die erste Arbeit im Rahmen des Projektes «Nordtangente – Kunsttangente» wurde vom Basler Künstler Remo Hobi realisiert – eine Wandarbeit im klassischen Sinne. Sie ist eine von wenigen Werken des Projektes, die heute noch sichtbar sind. Und das auf sehr prägnante Weise.
Seinen «Stempel» drückte Remo Hobi der Fassade eines schmucklosen Mehrfamilienhauses an der Lothringerstrasse 134 auf. Die Hausnummer befindet sich fast am Ende der Strasse, hinter dem Lothringerplatz, der eigentlich mehr Kreisel ist als Platz. An der Ecke Lothringerstrasse–Hüningerstrasse befindet sich eine Shell-Tankstelle, deren rotgelbes Dach Hobis Werk wie von unten zu stützen scheint.
Direkt unter dem Platz verläuft der St.-Johann-Tunnel, ein Teil der Nordtangente. Um ihn bauen zu können, mussten mehrere Häuser weichen. Die Brandmauer des Hauses mit der Nummer 134 wurde deshalb plötzlich von Weitem sichtbar.
Hobis «Stempel» sollte ein Orientierungspunkt sein. Dem Kunstwerk wird so eine Funktion zugewiesen, die über die reine Darstellung hinaus geht. Die grossformatige Arbeit entfaltet plötzlich die Wirkung einer Werbung. Doch wofür?
Virtueller Raum
Es ist eine abstrakte Arbeit, vom Maler mit Acrylfarbe auf die unbehandelte Mauer gemalt. Das Werk sieht tatsächlich aus wie der Abdruck eines riesigen Stempels, allerdings ohne die für einen Stempelabdruck charakteristischen ausgefransten Ränder, weil die Tinte sich ja nie gleichmässig verteilt. Sondern akkurat bis ins letzte Detail.
Der Abdruck zeigt ein geometrisches Muster, das einen virtuellen Raum eröffnet. Seine Grösse, so scheint es, ist von Bedeutung. Doch wir kennen diese nicht. Wie ein Tunnel zieht es unseren Blick in die Mauer hinein, in einen virtuellen Raum, den wir nicht kennen.
Kennen aber tut fast jeder Basler inzwischen Remo Hobis Werk. Es hätte laut Vertrag im Jahr 2007 wieder entfernt werden dürfen. Noch aber prangt es an der Mauer, immer noch als farbiger Punkt in einer eher farblosen Umgebung. Als inzwischen fixer Punkt im Basler Stadtbild.