Eine reduzierte Materialschlacht

Drei Künstler verbindet im Kunsthaus Baselland ihr gemeinsames Interesse am Material. Obwohl sie ihre Ausstellungen einzeln eingerichtet haben, wirkt das Gesamtbild doch stimmig.

Bild 085 (Bild: Serge Hasenböhler)

Drei Künstler verbindet im Kunsthaus Baselland ihr gemeinsames Interesse am Material. Obwohl sie ihre Ausstellungen einzeln eingerichtet haben, wirkt das Gesamtbild doch stimmig.

Eines haben die zwei Künstler und die Künstlerin, die gerade das Kunsthaus Baselland bespielen, schon beim Blick auf ihr Portfolio gemeinsam: Basel. Sie leben alle hier – Katharina Anna Wieser, Jan Hostettler und Oliver Minder. Doch hat es sich damit mit den Gemeinsamkeiten?

Drei Einzelausstellungen kündigt das Kunsthaus Baselland an, schön räumlich getrennt. Minder verteilt seine Arbeiten im Erdgeschoss, Hostettler im Untergeschoss, und Wieser kriegt die drei Kabinetträume zugesprochen. Es sind drei Ausstellungen, die – sobald man sich alle angesehen hat – doch noch einige Gemeinsamkeiten oder zumindest Anknüpfpunkte mehr besitzen als nur den Wohnort der Künstler.

Oliver Minder

Rein ins Kunsthaus und nach links wenden, zu diesem grossformatigen schwarzen Gemälde – grösser hat Oliver Minder noch nie gemalt. Die Nase bringt uns auf die Spur des Materials: 13 Liter Sepia-Tinte brauchte er für dieses, sein neuestes Werk. Es riecht schwach nach Meer, nach Fisch. Bald wird der Duft verflogen sein. 

Salzkristalle glitzern auf der Oberfläche, am besten sieht man sie, wenn man sich bewegt. Vor einem anderen Werk des Baslers sollte man in die Knie gehen. Oder, wenn man über genügend Körpergrösse verfügt, von oben herab darauf blicken: Sieben kleinformatige Leinwände sind es, vermeintlich ganz weiss. Doch durch das Verändern des Blickwinkels werden feinste Strukturen sichtbar – die Logos von Black-Metal-Bands –, die der Künstler mit Birkensaft auf den Untergrund aufgetragen hat.



Die Birke und ihr Saft: Oliver Minders «Mahla».

Die Birke und ihr Saft: Oliver Minders «Mahla». (Bild: Serge Hasenböhler)

Fällt man eine Birke (oder sägt sie in vier gleichlange Stücke, wie Minder das fürs Kunsthaus Baselland getan hat), dann fliesst eine ganze Menge des Saftes heraus. In Finnland wird dieser gesammelt, man sagt ihm verschiedene Heilkräfte nach. Dasselbe gilt für Sepia, die in der Homöopathie Anwendung findet. Minder nimmt beides aus seinem bekannten Kontext heraus, löst sie von ihren Konnotationen und verleiht ihnen eine neue Bedeutung.

Ein drittes Material, mit dem er ebenso verfährt, sind Felle von argentinischen Rindern. Minder spannt die Kuhfelle auf quadratische Holzrahmen auf, der Scheitel verläuft mal horizontal, mal diagonal. Dass man hier Tierhaar betrachtet, wird teils erst auf den zweiten Blick klar.

Katharina Anna Wieser

Ein einziges Werk genügt Katharina Anna Wieser, um drei Räume zu füllen. Es ist ein Teil des Holzplankenbodens, der während der Herbstmesse den Rasen auf dem Kasernenareal bedeckt. Es riecht nach Holz.



Zugebaut? Katharina Anna Wieser verändert die drei Kabinetträume.

Zugebaut? Katharina Anna Wieser verändert die drei Kabinetträume. (Bild: Serge Hasenböhler)

Der neu inszenierte Boden ist schräg angelegt, wie eine Rampe mit Knicken drin. Betreten ist erwünscht, und so erhält man für einmal die Möglichkeit, die Decke des Kunsthauses Baselland mit den Fingern zu ertasten und Teile des Raumes von oben zu sehen. Gleichzeitig wird das Durchschreiten der Räume plötzlich erschwert. Ein Umweg ist zwar ausserhalb der Räume möglich, nicht aber, wenn man alles in seiner Gesamtheit erfassen will.

Auch Wieser stellt unsere Wahrnehmung auf die Probe und eröffnet neue Sichtweisen auf uns Bekanntes. Der scheinbaren Einfachheit des Werkes steht die aufwendige Planung entgegen: das Erspüren des Raumes, das Vermessen, der Aufbau. Erfahrungen, welche die Künstlerin gemacht hat und die wir nun beim Begehen des Werkes nachvollziehen sollen.

Jan Hostettler

Eingriffe bestimmen Jan Hostettlers Œuvre. Sie dürfen sich gerne im öffentlichen Raum abspielen, wie etwa eine Videoprojektion im letzten Raum des Unterschosses im Kunsthaus Baselland vor Augen führt. Sie zeigt einen Brunnen mit zwei Wasserspeiern, die einander gegenüberstehen und das Wasser in zwei sich überschneidenden Halbkreisen ins Becken befördern. Hostettler hat den Wasserzufluss so manipuliert, dass der Strahl immer stärker wird – solange, bis das Wasser über den gegenüberliegenden Rand des Brunnens hinausklatscht. Manch ein Passant dürfte verwundert gewesen sein.

Hostettler hat sich auch schon aufgemacht, um in der Stadt kleine Löcher und Spalten zu finden und in diese eine Wasser-Kreide-Mischung zu spritzen, die dann zart die Wände hinunterlief. Der nächste Regen wusch die Spur dann wieder weg. Im geschützten Raum des Kunsthauses wiederholt er dies: Mit Tusche füllt er Löcher, die er in diagonaler Anordnung selber in die Wände gebohrt hat. Die herabrinnende Flüssigkeit hinterlässt hier schwarze Spuren, die mal mehr, mal weniger parallel verlaufen. Was mit dem Bohren sehr bedacht beginnt, entzieht sich bald der Kontrolle des Künstlers – die Farbe läuft, wohin die Wand sie treibt.



Jan Hostettlers Umgang mit Material: Mit Graphit bearbeitete Steinblöcke und Tuschespuren an der Wand.

Jan Hostettlers Umgang mit Material: Mit Graphit bearbeitete Steinblöcke und Tuschespuren an der Wand. (Bild: Serge Hasenböhler)

Das Material ist für Hostettler sehr wichtig, und darin ähnelt seine Arbeit derjenigen seiner beiden Ausstellungskollegen. So ergibt sich durch das gesamte Haus ein sehr stimmiges Bild, das in dieser Form gar nicht beabsichtigt gewesen war.

Beim Verlassen des Hauses wirft man dann noch einen Blick auf die Aussenfassade, wo Kilian Rüthemann um das neue Jahresprojekt besorgt ist – und nimmt gleich noch die Arbeit eines weiteren Künstlers mit, der sich mit dem Thema Material und Materialität beschäftigt. Es ist eine Fotografie, die auf den ersten Blick aussieht wie die Werbung für ein zartschmelzendes Schokoladetruffes. Ist es das aber auch tatsächlich? Im April wird Rüthemann diese Arbeit durch eine weitere ergänzen. Vielleicht wird dann einiges klarer.

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Kunsthaus Baselland, bis 12. April. Verschiedene Veranstaltungen während der Ausstellungsdauer, zum Beispiel ein Künstlergespräch mit Katharina Anna Wieser am 5. Februar um 18 Uhr.

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