Einer schweigt, einer spricht, beide machen Kunst – auf den Spuren von Honegger und Sigrist

Der Filmemacher Erich Langjahr hat sein neuestes Werk den Künstlern Gottfried Honegger und Kurt Sigrist gewidmet. Darin zeigt er – unter anderem –, dass man sich einem künstlerischen Werk im Film auf ganz unterschiedliche Weise nähern kann.

Wie erfährt man ein Werk? Kurt Sigrist testet eines der eigenen.

(Bild: ©Langjahr Film)

Der Filmemacher Erich Langjahr hat sein neuestes Werk den Künstlern Gottfried Honegger und Kurt Sigrist gewidmet. Darin zeigt er – unter anderem –, dass man sich einem künstlerischen Werk im Film auf ganz unterschiedliche Weise nähern kann.

Ein Film über Künstler zu drehen, stellt den Filmemacher zunächst vor die eine Frage: Was steht im Zentrum – der Künstler oder sein Werk? Würde er den Künstler fragen, so lautete dessen Antwort mit ziemlicher Sicherheit: «Mein Werk!» Denn schliesslich sind Werk und Leben desjenigen meist eins.

In den Dokumentarfilmen von Erich Langjahr steht jedoch zunächst der Mensch, so ist man sichs gewohnt. Und wenn er sich nun in seinem neuesten Film den Künstlern Gottfried Honegger und Kurt Sigrist nähert, so fragen wir uns, wie es in diesem Fall wohl sein wird.

Werk und Beweggründe

74 Minuten später sind wir schlauer. Wir wissen viel über Sigrists Werk – und noch mehr über Honeggers Beweggründe. Es sind zwei vollends verschiedene Künstlertypen, die Langjahr uns hier auf unaufgeregte Weise präsentiert.

Der Film «Für eine schöne Welt» teilt sich in zwei Teile, er folgt zunächst Gottfried Honegger, der in der Zürcher Galerie Pro Arta eine Ausstellung plant. Der 97-jährige Künstler ist nicht scheu.

Er erzählt nicht nur von Vorträgen, die er an den unterschiedlichsten Orten hält, sondern er äussert sich auch vor der Kamera freimütig über sein Kunstverständnis: Frontal vor den Zuschauer gesetzt, formuliert der letzte Vertreter der «Zürcher Konkreten» seine Gedanken zu Kultur und Kunst, zur Geometrie, die «der Schlüssel zur gesamten Gestaltung des Universums» ist, und zu Kindern, die «nicht nur malen wollen, sondern müssen». Weil ihre Gehirne – wie auch die von uns Erwachsenen im Übrigen – in Bildern denken.




Gottfried Honegger erklärt, worum es in seiner Kunst geht. (Bild: ©Langjahr Film)

Es geht Honegger um das Sehen, es geht ihm um die absolute Sehfreiheit, die uns die konkrete Kunst – also auch seine – mit ihren klaren, abstrakten Formen bietet. Die uns dadurch erst zum Denken anregt, weil sie unserem Gehirn nicht etwas sofort Erkenn- und Zuortbares vorsetzt. Honegger, so hat man das Gefühl, ist ein wahrer Missionar für das Bild.

Es sind viele Gedanken, die der Zürcher, der so lange in Paris lebte, in diesem Film mit uns teilt. Einige sind darunter, über die man gerne länger sinnieren täte. Dazu bietet uns der zweite Teil des Films die nötige Ruhe. Denn Kurt Sigrist scheint kein Mann der vielen Worte – er lässt lieber sein Werk für sich sprechen.

Auch Sigrist wird von Langjahr beim Aufbau einer Ausstellung begleitet. Und wie Honegger auch arbeitet der Obwaldner bevorzugt mit dem Raum – und mit der Landschaft.




Kurt Sigrist bei der Arbeit. (Bild: ©Langjahr Film)

Was der Film uns über Sigrists Kunstverständnis erzählt, kommt aus den Mündern anderer Leute, die über seine Arbeit sprechen. Sigrist selber sagt kein Wort, sondern lässt uns dabei zusehen, wie seine Werke entstehen. Welchen Kraftakt es braucht, um seine schweren, grossen Skulpturen zu fertigen und von einem zum nächsten Ort zu transportieren. Und schliesslich die Neugier, die die Besucher seiner Ausstellung vor seinen Werken umtreibt.

Erich Langjahr fügt mit seinem Film unserer Ursprungsfrage – Werk oder Künstler? – noch einen weiteren Aspekt zu: jene, wie man sich dem Werk nähert. Was er nicht beantworten kann, ist, was dem Zuschauer besser gefällt. Das liegt im Auge des Betrachters.

_
«Für eine schöne Welt» läuft ab 14. Januar in den Basler Kinos.

Nächster Artikel