Im Stadttheater werden die elektrotechnischen Anlagen saniert, doch die verantwortliche Firma ist überfordert. Bei der Auftragsvergabe war der Preis das einzige Kriterium, Mehrkosten in noch nicht bekannter Höhe sind die Folgen.
Am 22. Oktober startet auf der grossen Bühne des Theater Basel der erste Spielplan unter der neuen Direktion von Andreas Beck. Sollte er eigentlich starten, und zwar mit der aufwendigen Opernproduktion «Chowanschtschina» von Modest Mussorgski und rund eine Woche darauf mit dem Schauspiel «Kinder der Sonne» von Maxim Gorki. Massive Verzögerungen bei der Totalsanierung der elektrotechnischen Installationen bringen die Theaterleute nun aber arg ins Schwitzen.
Der Theaterbau aus dem Jahr 1974 wird derzeit umfassend saniert. Neben der Erneuerung der Lüftung, der Bühnen-Obermaschinerie und dem Einbau einer neuen Bestuhlung im Zuschauerraum steht auch der Ersatz sämtlicher elektrotechnischer Installationen an. Während die erstgenannten Arbeiten termingemäss ablaufen, kam es im Bereich der Elektrotechnik offensichtlich zum Eklat.
Der Aufgabe nicht gewachsen
«Die mit den Elektroarbeiten beauftragte Arbeitsgemeinschaft hat die hohen Anforderungen nicht erfüllt», teilt das Basler Hochbauamt mit. «Wir mussten Mitte Juni zur Kenntnis nehmen, dass das Konsortium einer spanischen und einer Tessiner Firma mit den Arbeiten massiv in Rückstand geraten ist und die geforderte Kadenz nicht zu leisten vermag», präzisiert der Leiter des Hochbauamts, Thomas Blanckarts, auf Anfrage.
Als Folge ist eine der beiden Partnerfirmen aus der Arbeitsgemeinschaft «ausgeschieden», wie Blanckarts sich ausdrückt. Es handelt sich um die Firma Emte SLU aus Barcelona. Der Tessiner Partner hat nun die alleinige Verantwortung übernommen. Die Arbeitsgemeinschaft war bereits bei der Auftragsvergabe wegen Verdacht auf mögliches Lohndumping in den Fokus der Gewerkschaften geraten: Sie lag mit dem offerierten Preis von knapp 16,5 Millionen Franken massiv unter dem Konkurrenzangebot eines lokalen Unternehmens.
Aus dem veröffentlichten Zuschlagentscheid geht hervor, dass einzig die Kosten ausschlaggebend für die Auftragsvergabe waren. Unter dem Stichwort «Vergabekriterien» wird der Preis mit einer Gewichtung von 100 Prozent angegeben, und bei der Begründung des Zuschlagentscheids heisst es: «Die Vergabe des Auftrages erfolgt aufgrund des in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen Zuschlagskriteriums an die günstigste Anbieterin.» Gemäss Gewerkschaftern ist es unüblich, dass bei einem derartigen Auftrag der Preis einziges Vergabekriterium ist.
Mit Provisorien den Spielzeitbeginn retten
Diese Gewichtung bei der Auftragsvergabe scheint sich nun zu rächen. Der eh schon ausgesprochen knapp bemessene Terminplan lässt sich bis zum Spielzeitbeginn nicht mehr aufholen. Das Theater muss in der kommenden Spielzeit zum Teil noch mal mit den alten Installationen arbeiten. Dies ist aber nicht überall ohne Probleme möglich, weil gewisse Elektroinstallationen bereits ausgebaut worden sind. Diese müssen nun unter Hochdruck durch Provisorien ersetzt werden. Nicht dringliche Arbeiten werden auf die nächste Spielzeitpause verschoben.
«Uns allen steht eine sehr anspruchsvolle Feuerwehrübung bevor», sagt Blanckarts. Denn auch die Provisorien müssen natürlich allen sicherheitstechnischen Vorschriften genügen. Blanckarts gibt sich aber zuversichtlich, dass man den Theaterbetrieb wie geplant ermöglichen kann: «Das muss und wird funktionieren, wir arbeiten alle auf dieses Ziel hin», sagt der Leiter des Hochbauamts.
Klar ist, dass der Kostenrahmen von 72 Millionen Franken nicht wird eingehalten werden können. Wie viel mehr die Sanierung kosten wird, kann Blanckarts zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. In der Medienmitteilung ist von «einem niedrigen einstelligen Prozentbereich» der gesamten Bausumme die Rede.
Sehr knappes Zeitfenster
Hauptsächlicher Knackpunkt ist aber, dass für diese Feuerwehrübung nur sehr wenig Zeit zur Verfügung steht. Bereits am 21. September stehen die ersten Bühnenproben an. «Wir planen zwei Riesenkisten zu Saisonbeginn, wir sind absolut darauf angewiesen, dass wir an diesem Tag loslegen können, einen zeitlichen Puffer haben wir nicht», sagt die Mediensprecherin des Theater Basel, Ingrid Trobitz.
Auch Trobitz gibt sich optimistisch, dass die Bühnenmaschinerie rechtzeitig benutzbar sein wird. Ihr bleibt gar nicht viel anderes übrig: «Uns wurde zugesichert, dass wir pünktlich am 21. September mit den Bühnenproben beginnen können, und davon gehen der neue Direktor Andreas Beck und sein Team aus.»
Wie heikel die ganze Angelegenheit ist, zeigt die Tatsache, dass die umfassenden Sanierungsarbeiten am Theaterbau den Start der ersten Spielzeit unter Andreas Beck eh schon zeitlich verzögert haben. Normalerweise beginnt die Saison am Theater Basel in der zweiten Hälfte des Monats September.
Dass die Spielzeit nun im besten Fall erst am 22. Oktober beginnen kann, hat für das Theater bereits jetzt eine verminderte Anzahl Vorstellungen und damit auch einen Einnahmeausfall zu Folge. Der einseitige Fokus auf den Preis bei der Auftragsvergabe rächt sich damit wirtschaftlich doppelt.