«Es geht hier mehr um Förderung als um Preisung»

Das Depot Basel erhält heute Montag den ersten Basler Kulturförderpreis. Philippe Bischof, Leiter Abteilung Kultur, erklärt, warum dieser neue Preis für Basel notwendig war.

Das Depot Basel auf dem Erlenmattareal. (Bild: zVg)

Das Depot Basel erhält heute Montag den ersten Basler Kulturförderpreis. Philippe Bischof, Leiter Abteilung Kultur, erklärt, warum dieser neue Preis für Basel notwendig war.

Philippe Bischof.

Philippe Bischof. (Bild: zVg)

Herr Bischof, der «Sonntag» schrieb, die Basler Regierung wolle eigentlich weniger Ehrungen. Trotzdem führen Sie einen neuen Preis ein. Warum?

Der Kulturförderpreis bietet die wichtige Möglichkeit, junge Kulturschaffende zu einem frühen Zeitpunkt auszuzeichnen. Dieser Preis ist die Umwandlung des bisherigen BaKa-Forum-Preises, den es nicht mehr gibt, weil das BaKa-Forum Anfang 2012 aufgelöst wurde. Der Preis wird von der Abteilung Kultur vergeben und ist absichtlich sehr nah an der Kulturförderung angeschlossen.

Gibt es denn nicht schon genug Förderpreise?

Preise müssen natürlich sehr bewusst eingesetzt werden und sollten rar sein, sonst verlieren sie ihre Bedeutung. Im nationalen Vergleich ist Basel sehr zurückhaltend im Vergeben von Kulturpreisen: Zürich vergibt etwa fünfmal soviel Preisgelder pro Jahr, Bern viermal, Genf dreimal. Einer so bedeutenden Kulturstadt wie Basel steht es meines Erachtens an, einen Kulturförderpreis zu haben. Wichtiger als die Frage nach der Anzahl der Preise ist für mich in diesem Fall das konkrete Ziel des Kulturförderpreises.

Und das wäre welches?

Basel hat bisher im Nachwuchsbereich keine Auszeichnung gehabt. Der Basler Kulturpreis würdigt langjährige Lebenswerke und dient einer anderen Funktion als der Kulturförderpreis, der sehr gezielt neue kulturelle Initiativen auszeichnen und damit im Entstehen unterstützen will. Es geht hier weniger um Ehrung als um Ermutigung und Anschub, mehr um Förderung als um Preisung.

Das Kulturleitbild mussten Sie bei Ihrem Amtsantritt übernehmen, dieser Preis aber ist Ihre Erfindung. Ist er Ausdruck jener Kultur- und Förderpolitik, die Sie sich wünschen?

Das Kulturleitbild habe ich im Entwurf übernommen, es ist seitdem stark entwickelt worden, in einem intensiven Prozess, der sehr ergiebig war. In diesem Sinne ist es kein Muss, damit zu arbeiten, ganz im Gegenteil. Und der Kulturförderpreis ist eine direkte Folge daraus. Insofern trifft es absolut zu, dass er Ausdruck meiner Vorstellung von Kultur- und Förderpolitik ist: Dass der Kanton sich nämlich sehr bewusst und konkret auch um neue, oftmals junge Ideen und Projekte kümmert. Wir wollen wach sein für kulturelle Bewegungen jenseits des Bekannten und Etablierten, gerade auch für dasjenige, was in unseren klassischen Förderinstrumenten nicht vorgesehen ist. Eine lebendige Kulturstadt lebt von der Vielfalt und Spannung zwischen Tradition, Erbe und Innovation – verzeihen Sie diese sehr offenen Begriffe, aber Sie verstehen, was ich damit meine. Unsere Aufgabe ist eine möglichst umfassende Betrachtung des gesamten kulturellen Raumes, in dem wir dann klare Akzente setzen wollen. Und es ist ja kein Geheimnis, dass die Schaffung neuer kultureller Formate nicht nur gute Rahmenbedingungen, sondern auch Unterstützung braucht.

Der grösste Teil der Kulturfördergelder aber ist gebunden. Woher kommen nun die 10’000 Franken für diesen Preis?

Das Preisgeld entstammt unserem regulären Budget und entspricht exakt der Summe, die davor für den BaKa-Forum-Preis im Kulturbudget reserviert war.

Wie gross war der Einfluss der Jury, die Sie zusammengesetzt haben?

Die Entscheidung lag vollständig bei der Jury. Das siebenköpfige Gremium hat nicht nur im Mehrheitsverhältnis entschieden, sondern auch sämtliche Vorschläge eingebracht, insgesamt waren es gegen 30. In mehreren Diskussionsrunden und Abstimmungsverfahren wurde Depot Basel schliesslich als Preisträger bestimmt, gegen sehr interessante und starke Konkurrenz, die hier unbekannterweise auch mal erwähnt werden soll. Übrigens kamen die Vorschläge aus allen Sparten, was für die derzeitige Vielfalt an jungen kulturellen Initiativen in Basel spricht.

Weshalb ging der Preis an eine Institution und nicht an eine(n) Kulturschaffende(n)?

Depot Basel ist ja nicht im eigentlichen Sinne eine Institution, dazu fehlen die festen Betriebsmittel und der ständige Ort, sondern eher eine Plattform. Dass der Preis an Depot Basel ging, hat die Jury so entschieden, weil sie überzeugt ist, dass diese Initiative einen sehr wichtigen Impuls gegeben hat in herausragender Qualität und grosser Resonanz, und dies in einem kulturellen Bereich, der es in der klassischen Kulturförderung sehr schwer hat, Unterstützung zu finden. Es standen insgesamt aber sowohl Kunstschaffende als auch Kollektive in der engeren Auswahl.

Das Depot Basel ist jedoch als erster Preisträger gleich eine streitbare Wahl, weil es sich eigentlich eher im Designbereich ansiedelt. Warum erhält es den Kulturförderpreis?

Ich finde es sehr positiv, wenn Preise bzw. die Entscheidungen einer Jury streitbar sind. Es geht ja nicht um den grösstmöglichen Kompromiss, sondern um eine entschiedene Wahl, die durchaus unterschiedliche Reaktionen auslösen darf. Depot Basel beschäftigt sich mit der Bedeutung und Wirkung von Design oder Gestaltung und bewegt sich im interessanten Feld zwischen Design und Kunst. Die Projekte von Depot sind bewusst kuratiert, arbeiten sehr prozessorientiert, schaffen einen sozialen Raum, kümmern sich lustvoll um Vermittlung und Diskurs. Depot Basel befasst sich mit Fragen, die für Gesellschaft und Kulturförderung von Bedeutung sind. Und wieso sollten wir uns nicht mit Design beschäftigen, Gestaltung ist schliesslich ein elementarer Teil unserer Kultur, wir sind im Alltag ständig damit befasst, meist aber unbewusst. Denken Sie nur ans Vitra Design Museum, das faszinierende Ausstellungen zu Rudolf Steiner oder Pop Art Design zeigt. Ist das nicht ein wichtiger Teil unserer Kultur? Wir leben glücklicherweise nicht mehr in einer Zeit der puristischen Abgrenzung zwischen den Bereichen. Was zählt, ist die ästhetische Qualität der kulturellen Projekte, die Fantasie der Kulturschaffenden und ihre Wirkung auf die Menschen.

Hätte nicht das Wirtschaftsdepartement mit ihrem Förderinstrument, der Initiative Kreativwirtschaft Basel (IKB), das Depot Basel auszeichnen müssen? Haben Sie von Regierungsrat Christoph Brutschin schon etwas gehört diesbezüglich?

Die IKB hat sich als Wirtschaftsförderinstrument definiert. Da aber Depot Basel primär künstlerische und nicht wirtschaftlich ausgerichtete Projekte macht, funktioniert die Abgrenzung zwischen Wirtschafts- und Kulturförderung hier bestens. Depot Basel ist von der IKB aus eben diesem Grund bisher auch nicht gefördert worden. Mit Regierungsrat Brutschin habe ich erst vorletzte Woche bei einer Tagung über kulturelle und touristische Fragen gesprochen, der Kulturförderpreis war dabei aber kein Thema.

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