Ein markanter Auslastungsrückgang in der Oper trübt die Spielzeitbilanz 2012/13 des Theater Basel massiv. Dass es im Schauspiel leicht aufwärts ging, wirkt sich in den Gesamtzahlen nur marginal aus. Die bisherigen Auslastungszahlen aus der laufenden Spielzeit deuten aber auf eine Trendumkehr hin.
Äusserlich bleibt Theaterdirektor Georges Delnon, selbst wenn er wiederholt Hiobsbotschaften zu verkünden hat, die Ruhe in Person. «Letztes mal konnte ich noch die verlorene Theaterabstimmung in Baselland als eines der Argumente für die unbefriedigende Zuschauerbilanz vorbringen, jetzt muss ich den Fehler bei mir suchen», sagte er in emotionslosem Tonfall.
In der Tat geben die Zahlen zur Spielzeit 2012/13 ein überaus deprimierendes Bild ab: Nachdem das Theater Basel bereits in der Saison 2011/12 einen Verlust von 13’000 Zuschauerinnen und Zuschauer zu verkraften hatte, ging diese Zahl 2012/13 um weitere 15’000 zurück. Nur noch rund 155’000 Besucherinnen und Besucher vermochte das Dreispartenhaus anzulocken. Das entspricht – die erfolgreichen Gastspielproduktionen mitgezählt! – einer durchschnittlichen Auslastung von 55 Prozent. Der Publikumsschwund ist auch hauptsächlich dafür verantwortlich, dass die Rechnung der Spielzeit «trotz eines rigorosen Ausgabenstopps», wie Verwaltungsdirektorin Danièle Gross sagte, einen Verlust von 263’000 Franken ausweist.
Markantes Minus in der Opernsparte
Der Hauptgrund für diesen Rückgang liegt in der Opernsparte. Dort ist die Durchschnittliche Auslastung um zehn Prozentpunkte auf 52,6 Prozent massiv gesunken. Als regelrechter Flop erwies sich die Eröffnungsproduktion «Katja Kabanova» von Leoš Janáček, die den Zuschauerraum mit einer durchschnittliche Auslastung von 35,3 Prozent lediglich zu etwas mehr als einem Drittel zu füllen vermochte. Auch Jules Massenets «Manon» und Mozarts «Idomeneo» blieben mit 39 Prozent und 44,9 Prozent weit unter den Erwartungen.
Das wiegt besonders schwer, weil alle drei Opern zu den Produktionen mit den meisten angesetzten Vorstellungen gehörten. Dies trifft auch für das Musical «The Black Rider» zu, das in den 18 Vorstellung auf eine durchschnittliche Auslastung von lediglich 37,4 Prozent kam und sich laut Delnon vom «Bringer» zum «Senkblei» entwickelte. Nur gerade Verdis «Un ballo in maschera» und Benjamin Brittens «War Requiem» kamen auf Auslastungszahlen von über 70 Prozent.
Ein leichtes Plus im Schauspiel
Keine Freude bereitet den Verantwortlichen überdies die Tatsache, dass auch das Ballett einen Zuschauerrückgang zu verzeichnen hatte. Mit 59,2 Prozent (im Jahr zuvor waren es noch 65,6 Prozent gewesen) sorgt die Tanzsparte hinter «Diverses/Gastspiele» (72,1 Prozent) aber noch immer für die vollsten oder am wenigsten leeren Sitzreihen im Theater Basel.
Als positives Zeichen wertet Delnon die Tatsache, dass dem Schauspiel die Trendumkehr nach dem Abgang von Schauspielchef Elias Perrig gelungen sei. Zumindest, was die Auslastungszahlen betrifft, die von 48,4 Prozent auf 51,3 Prozent leicht stiegen und somit zumindest die 50-Prozentmarke zu überschreiten vermochten. In absoluten Zahlen hatte auch das Schauspiel weniger Zuschauerinnen und Zuschauer zu verzeichnen. Zu den Flops der Schauspielsaison 2012/13 gehörten Simon Solbergs «Moses»-Adaption (38,6 Prozent) und die beiden Produktionen «Like A Rolling Stone» und «Vaudeville! Open Air» von Far a Day Cage mit 37,8 Prozent und 37,9 Prozent.
«Unbefriedigend und inakzeptabel»
Für den neuen Verwaltungsratspräsidenten Samuel T. Holzach sind diese Zahlen, die auf die Amtszeit seines Vorgängers Martin Batzer zurückgehen, «unbefriedigend und inakzeptabel», wie er an der Medienorientierung zur Spielzeitbilanz betonte. Zusammen mit der Direktion habe man einen umfangreichen Massnahmenkatalog zur Verbesserung der Situation zusammengestellt. Dieser reicht von einem breiter gefächerten Spielplan über eine Überarbeitung der Marketingmittel und der Änderung der Öffnungszeiten der Billettkasse bis hin zur Lancierung eines Expat-Abos.
Georges Delnon sieht die Gründe der «Verweigerung» des Publikums weniger in der Qualität der Produktionen, die er er nach wie vor als gut bezeichnet, sondern in der Spielplangestaltung. Offensichtlich war es keine gute Idee, die Spielzeit mit einer wenig populären Oper, wie Janáčeks «Katja Kabanova» zu beginnen und dann in der Oper gleich eine Uraufführung folgen zu lassen. Einen Spielplanbeginn mit einer Produktion dieser Art gelte es in Zukunft zu vermeiden, sagte er.
Aufwärtstrend in der aktuellen Spielzeit
Dass ein Spielzeitauftakt mit einer populären Oper etwas besser funktioniert, zeigt sich in der laufenden Saison, die mit Puccinis «Tosca» begann. Auch andere Produktionen der seit September 2013 laufenden Spielzeit weisen bedeutend bessere Auslastungszahlen auf – «Fame» zieht laut Delnon «um Strecken besser» als «The Black Rider» in der Vorsaison – so, dass das Theater Basel zum Stichtag 15. Dezember 2013 eine durchschnittliche Auslastung von 60 Prozent ausweisen kann.
Höchst erfreut zeigt sich Delnon über die Tatsache, dass der Spielzeitbeginn im Schauspiel beim Publikum offensichtlich besser ankam. Beziehungsweise so gut wie noch nie während Delnons Zeit als Basler Theaterdirektor. Vor allem die drei Produktionen «Die Möwe», «Das Fähnlein der sieben Aufrechten» und «Der Richter und sein Henker» hätten die durchschnittliche Auslastung im Schauspiel auf 60% gehoben.
Schwierige Zeiten werden folgen
Verwaltungsratspräsident Samuel T. Holzach mochte vor den Medien nicht ganz so sehr in den Optimismus von Delnon einstimmen. Er gab im Hinblick auf die nächsten Spielzeiten zu bedenken, dass es noch keinem Intendanten gelungen sei, die Auslastungszahlen während seiner letzten Saison zu steigern – 2014/15 wird sich Delnon aus Basel verabschieden. Und er ergänzte, dass auch ein neuer Direktor sein Publikum erst einmal neu erobern müsse – 2015/16 wird Andreas Beck die Geschicke des Basler Dreispartenhauses in seine Hände nehmen.