«The Dark Knight Rises», das Finale der Batman-Trilogie von Regisseur Christopher Nolan, wurde lange erwartet. Ein Massaker überschattete weltweit die Premieren. Doch was zeigt der Film?
Düsternis umgibt den finalen Teil der Batman-Trilogie von Christopher Nolan. Düsternis, die nicht nur die beiden vorangegangenen Teile erwarten lassen, sondern die nun, da der Film im Kino läuft, vor allem von einem tragischen Ereignis in den USA ausgeht. So betreten wir den Kinosaal mit trüben Gedanken, die der Finsternis, die wir von der Leinwand erwarten, in nichts nachsteht. Drei Stunden später verlassen wir den Saal mit der Erkenntnis, dass zumindest das filmische Werk nicht so düster war. Denn während Batman zwei Filme lang seine Arbeit in der dunklen Nacht verrichtete, kämpft der dunkle Ritter im Finale vor allem bei Tageslicht – wenn er denn überhaupt kämpft.
Nolans Batman war nie ein Hitzkopf, auch wenn Rachegelüste für die Ermordung seiner Eltern ihn ins Kostüm zwangen. Doch neben den aus seiner Sicht notwendigen Kämpfen zweifelte er stets – an sich selbst, an seiner Rolle als Symbol, die ihm nicht das erhoffte Glück brachte. Die Schattenseiten von Batmans Dasein überwogen, so dass Bruce Wayne sich in sein gemütliches Anwesen zurückzog.
«The Dark Knight» war 2008 ganz darauf angelegt, Batmans Kostüm zum Verstauben in den Schrank zu legen. Genau dort mottet es also zu Beginn von «The Dark Knight Rises» vor sich hin. Bis ein alter Feind den eingerosteten Bruce Wayne zum erneuten Kampf auffordert (und die Brücke schlägt zu «Batman Begins», dem ersten Teil der Trilogie). Und bis zum Schluss des Films wird der Zuschauer das Gefühl nicht los, dass Bruce Wayne sich zwar noch einmal aufrafft, gleichzeitig aber bereits wieder den Ausstieg sucht.
Langweiliger Frieden
Batman dreht sich im Kreise. Sein Leben definiert sich über seine Gegner. Doch es gäbe da draussen nichts mehr für ihn zu tun, sagt Bruce Wayne seinem treuen Diener Alfred in einer frühen Szene. Tatsächlich herrscht in Gotham Frieden, seit ein Gesetz es erlaubt, Verbrecher schon auf Verdacht hin ins Gefängnis zu stecken. «Bald werden wir nur noch nach Büchern aus der Leihbibliothek fahnden», mutmasst ein gelangweilter Polizist. Dass er sich aber einen Bösewicht wie Bane hersehnt, der halb Gotham in die Luft sprengt, um seine ganz eigene Idee von Gerechtigkeit durchzusetzen, ist trotzdem nicht anzunehmen.
Gerechtigkeit. Sie treibt auch Batman um. Gerechtigkeit im Sinne von (Selbst-)Justiz, im Sinne von Rache, die auch als Antrieb für Bane fungiert. Bane aber spricht gleichzeitig von sozialer Gerechtigkeit, er will der Dekadenz von Gothams Oberschicht ein Ende bereiten, und Wayne ist sein erstes Opfer. Ein Überfall auf die Börse genügt, um das Vermögen des einstigen Milliardärs auf ein Nichts schrumpfen zu lassen. Erste Kritiker sahen darin eine Anspielung auf die Occupy-Bewegung.
Hin und Her
Zu Nolans Zeitgeist-Geschick könnte das zwar passen – aber Bane meint es nicht ernst genug. Gotham gehöre den Bürgern, mümmelt er mikrofonverstärkt in seine Maske, nachdem seine im Untergrund agierende Bande alle Brücken zur Stadt gesprengt hat: Die Basis zur Umsetzung seiner eigenen, eigenwilligen Form von Recht ist gelegt. Nach der Neuordnung präsidiert ein Durchgeknallter ein Standgericht, sitzend auf aufeinandergestapelten Bürotischen, und verteilt willkürlich Urteile. Die Bürokratie ist tot, es lebe die Anarchie!
Doch wozu das Ganze, mag der Zuschauer sich fragen. Denn letztendlich soll Gotham mittels einer Neutronenbombe vernichtet werden. Gleich zweimal kehrt Batman zurück, um dem Bösen einen Strich durch die Rechnung zu machen, das zweite Mal in letzter Minute. Es ist ein Hin und Her der Gefühle, das Christopher Nolan seinen Batman durchleben lässt. Als Zuschauer hat man irgendwann genug davon. Die Erschöpfung, die Batman/Bruce Wayne während des ganzen Filmes nicht wirklich abzuschütteln vermag, überträgt sich auf die Zuschauer im Kinosessel. Das Finale raubt uns den Atem nicht mehr. Und die Hoffnung, sie keimt anderswo.
Ein Kommentar zum Massaker in Aurora.
Mehr zur Figur Batman gibt es am Freitag in der Printausgabe der TagesWoche.