Man sagt, dass sich die Gesichtsausdrücke von Hunden und ihren Haltern einander annähern. Kann es sein, dass dies auch auf Besucherinnen und Ausstellungsobjekte eines Museums für präkolumbianische Kunst in Mexico City zutrifft?
Sieht man sich im Ausstellungsraum Bellevue Cristina Kahlos Fotografien der Serie «Posthispánico Mexico» an, kann man diese Frage durchaus mit einem Ja beantworten. Sie stellt farblich bearbeitete Porträtaufnahmen von Besucherinnen den Reliefdarstellungen von Gesichtern der mexikanischen Urahnen gegenüber. Mit dem verblüffenden Resultat grosser Ähnlichkeit über Tausende von Jahren.
Fotodokumente der Armut
Kahlo ist Künstlerin und Reportagefotografin. In dieser Kombination schafft sie mit einem hohen ästhetischen Ansatz Bilddokumentationen zur mexikanischen Gesellschaft. Für die Bildstrecke «Tiempo de Reflexión» hat sie Kinder aus sehr prekären Verhältnissen fotografiert – ursprünglich eine Auftragsarbeit für eine mexikanische Stiftung gegen Hunger im Land.
Es sind aber keine Schnappschüsse, die zu sehen sind, sondern Aufnahmen, welche die Kinder mitgestalten konnten: Sie durften sich bei der Wahl des Aufnahmeortes, der Kleider und der Accessoires einbringen. Die Porträts sind sehr berührend: Fröhliche, zum Teil aber auch ernste Kindergesichter blicken einem in einer erbärmlichen Umgebung entgegen.
In einer dritten Bildergruppe zeigt Kahlo Paare, die sich zum Tanz treffen. Die aus Kuba importierte Paartanztradition hat in Mexiko eine spezielle Eigenständigkeit entwickelt. Kahlo zeigt in ihren Fotografien Momentaufnahmen, die wie aus der Zeit gefallen scheinen.
Fotografien von Cristina Kahlo im Ausstellungsraum Bellevue, Ort für Fotografie, an der Breisacherstrasse 50. Bis 24. Juni.