Galerie Freymond-Guth: 800 Quadratmeter Ausstellungsraum unter der Riehenstrasse

Basel kriegt Galeristen-Nachwuchs: Jean-Claude Freymond-Guth schliesst seine Zürcher Galerie und öffnet ab kommender Woche in der Riehenstrasse neue Räumlichkeiten.

Galerist Jean-Claude Freymond-Guth und 800 Quadratmeter feinster Ausstellungsraum, versteckt in der Riehenstrasse.

(Bild: Nils Fisch)

Der junge Galerist Jean-Claude Freymond-Guth schlägt in Basel ein neues Kapitel auf: Er öffnet ab kommender Woche in der Riehenstrasse neue Räumlichkeiten. Ein Besuch vorab.

Man kann es kaum glauben. Eben noch stand man in einem kleinen, garageartigen Raum mit Bar und Holzkisten und hat die schöne Glasschiebetür an der Front bewundert, die sich akkordeonmässig zur Seite schieben lässt. Nicht schlecht für so einen Hinterhof mitten in der architektonisch gesichtslosen Riehenstrasse, dachte man. Aber wo ist denn jetzt dieser famose Ausstellungsraum, von dem die Basler Kunstis vergangene Woche so geschwärmt haben?

«Lass uns runtergehen» sagt Jean-Claude Freymond-Guth und öffnet eine weisse Tür in der Wand. Einmal Wendeltreppe hinunter, ein paar Worte über die nahende Art Basel gewechselt, kurz aufgeblickt – und nicht mehr aus dem Staunen rausgekommen: 800 Quadratmeter Ausstellungsraum verbergen sich hier unter der Erde, grosszügig und ohne nervige White-Cube-Anmasslichkeit, sondern mit massiven, gegossenen Betonsäulen, unverputzten Wänden und einer Arbeit von Hannah Weinberger, die wie geschaffen ist für dieses versteckte Juwel von einem Ausstellungsraum.

Hier drunter verstecken sich fast 800 Quadratmeter Ausstellungsraum: Galerie Freymond-Guth, von aussen gesehen.

Von aussen gesehen unscheinbar: die Galerie Freymond-Guth. (Bild: Gina Folly)

Aber der Reihe nach: Jean-Claude Freymond-Guth, artist turned collector turned galerist, betreibt seit rund acht Jahren die Galerie «Freymond-Guth Ltd. Fine Arts», zuletzt war er auf dem Zürcher Löwenbräu-Areal zu Hause. Auf den opulenten Galeriennamen angesprochen, lacht er. «Es schien mir spannender, mit Erwartungen zu spielen. Und wofür steht das «depuis 1788»? «Das ist das Jahr vor der französischen Revolution, und ich find die zur derzeit gängigen Namen wie «Contemporary» oder «Project» zu unverbindlich».

Neue Stadt, neue Möglichkeiten

Freymond-Guth ist sowas wie der Galerist der Stunde, zumindest wenn man der NZZ glauben will, die ihn wohlwollend als «einen der umtriebigsten Galeristen der neuen Generation» bezeichnet. Er hat grosse Namen im Programm, war mit seinen Künstlern regelmässig an der Liste und auch schon an der Art Basel vertreten. 

Nach ein paar Jahren ist es an der Zeit, den Vertrag im Löwenbräu auf weitere fünf Jahre zu verlängern, für einen Raum, der zwar ungeschlagen gut gelegen ist und renommierte Nachbaren hat, aber keine Möglichkeit zur Vergrösserung oder Kreativität bietet. Freymond-Guth hört von einer Räumlichkeit in Basel, einem alten Lager der Basler Denkmalpflege, das von Herzog & de Meuron instand gesetzt wird. Der ursprüngliche Basler (Freymond-Guth ist in Riehen aufgewachsen) greift zu und zieht im Mai ein.



Zeit für was Neues: Jean-Claude Freymond-Guth.

Zeit für was Neues: Jean-Claude Freymond-Guth. (Bild: Nils Fisch)

Und jetzt, einen Monat später, wohnt der Galerist in einer schmucken Wohnung hinter dem Aufenthaltsraum mit dem Akkordeon-Fenster. Dazu gibt es noch eine weitere Wohnung, die Künstlern für Residencies zur Verfügung stehen soll. Der Rest spielt sich einen Stock tiefer unten ab, in den besagten 800 Quadratmetern Ausstellungsraum, zu denen auch ein Showroom mit Kunstwerken von Künstlern gehört, die Freymond-Guth vertritt. 

Unterirdisches Bilduniversum

Als erste Ausstellung wählte der Galerist Sound- und Videoarbeiten der in Basel wohnhaften Hannah Weinberger, die an die Wände und die für die Künstlerin typischen Vorhänge projiziert werden. Die Videosequenzen zeigen Momentaufnahmen aus europäischen Städten, dazu Soundfragmente aus den Videos, aber auch vom Ausstellungsraum selbst – Weinberger verdoppelt Geräusche wie das Heruntersteigen von der Wendeltreppe, und flechtet sie in das unterirdische Bilduniversum.



Zauberhaft: Hannah Weinbergers «On Seen» im Riehenstrassener Untergrund.

Zauberhaft: Hannah Weinbergers «On Seen» im Riehenstrassener Untergrund. (Bild: Gina Folly)

«In Basel gibt es Freiräume, die es in Zürich nicht mehr gibt. Viele Nischen konnten sich hier bewahren, das ist sehr interessant für die Galerie», sagt Freymond-Guth, als wir bereits wieder oben sitzen.

Er nennt als Beispiel die durchmischte Clarastrasse: Richtige Bäckereien, Discounter, Hipster-Fahrradladen, einschlägige Beizen, alles beisammen. Da sei viel kreatives Potenzial und Offenheit vorhanden. Während hierzulande alle Welt nach Zürich geht, um ihr Glück in der Kulturszene zu finden, glaubt er an Basel. Und ist dabei nicht der Einzige: Gerade erst hat am Vogesenplatz die junge Londoner Galerie «Vitrine» aufgemacht, und seit dem Frühjahr sind die jungen Galeristen Oskar Weiss und Oliver Falk an der Rheingasse. Auch aus Zürich hergezogen. 

Vielleicht ist an der «Basel als Galeristen-Hauptstadt der Schweiz»-These, die die Aargauer Zeitung kürzlich aufgestellt hat, ja wirklich was dran und die Galerienszene Basels wird immer mehr durch junge Menschen aufgemischt. Wünschen würde man es ihr, nachdem sie nun seit einiger Zeit immer seltener öffentlich wahrgenommen wurde.

Bei Freymond-Guth ist auf jeden Fall ein frischer Geist zu spüren: Die Stimmung ist entspannt, es schauen Freunde vorbei, ein paar Mitarbeiter erledigen letzte Vorarbeiten, ab und zu kommt der kleine weisse Galeristenhund angetrabt und lässt sich kraulen. Freymond-Guth sitzt auf der Schwelle des Glasakkordeons, schwärmt vom Gemeinschaftsgarten vor der Tür und sagt: «Mitte zwanzig war meine Zürich-Zeit, jetzt kommt Mitte dreissig, die Basel-Zeit.» Hoffen wir, dass er nicht zu schnell erwachsen wird. Die Chancen stehen gut. Willkommen!

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«Freymond Guth Ltd. Fine Arts», Riehenstrasse 90b, 4058 Basel. Während der Art ist die Galerie von 10 bis 22 Uhr geöffnet, es gibt Kaffee und Quiches. Vernissage: Sonntag, 12. Juni, 17 Uhr.

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