Fantasyfan zu sein ist kein Statussymbol, sondern Nerd-Sache. Die TV-Serie «Game Of Thrones», von der am 6. April eine neue Staffel anläuft, hat dies geändert und ist Kult geworden. Wie macht sie das?
Fantasyserien sind super! Mafiaserien auch! Aber eine Fantasyserie mit Mafiathemen? Am Sonntag läuft die ungeduldigst erwartete vierte Staffel von Game of Thrones an. Die erste Serie, die es möglich gemacht hat, dass man in aller Öffentlichkeit seine Begeisterung für Fantasy zeigen kann ohne um seinen sozialen Status fürchten zu müssen. Mit seiner Serie hat das amerikanische Fernsehnetzwerk HBO zur Salonfähigkeit des Fantasygenres beigetragen, das durch zahlreiche Schrottproduktionen vorbelastet ist (Herkules, Charmed, Highlander).
Game of Thrones hat sich als Erfolg herausgestellt, obwohl erste Kritiken, wie etwa die der New York Times, beim Serienstart im 2011 unschmeichelhaft ausgefallen waren: Zu sehr Dungeons and Dragons, zu viel Sex, zu brutal und blutig, zu «nerdig» und definitiv zu viel Fantasy für einen Kanal, dessen Zuschauer bis anhin hauptsächlich realitätsbezogene Programme vorgesetzt bekommen haben. Doch die Zuschauerzahlen stiegen bei jeder neuen Staffel an.
Warum funktioniert dieses Konzept?
Als erstes für Neuzugänger zur Handlung: Wir befinden uns in Westeros, einem pseudomittelalterlichen Land, in dem mehrere Jahre Sommer und jahrzehntelang Winter sind. Hier wird der Kampf zwischen mehreren Familien um den Eisernen Thron im Süden und damit um die unangefochtene Herrschaft erzählt. Es wird intrigiert, gehurt, politisch Unbequeme werden erdolcht, gemeuchelt, enthauptet, mafiöse Familienstrukturen und alte Fehden kommen ans Licht. Parallel verläuft ein nicht weniger düster anmutender Handlungsstrang: Aus dem Permafrost erhebt sich eine Armee von Eiszombies, welche ihrerseits richtung Süden wandern und unterwegs in guter alter Zombiefilm-Manier ihr Heer erweitern.
Man könnte von realistischer Fantasy sprechen
Die Geschichte enthält Elemente aus dem Fantasy-Genre (Drachen, Hexen, Untote, Gestaltwechsler), aber durch die starke Gewichtung machtpolitischer Themen wird dem Ganzen die eskapistische Komponente genommen, wie sie für das Genre so typisch ist. Die Magie existiert hier nicht zum reinen Selbstzweck, sie wird gekonnt instrumentalisiert. Auf Zauberei in einem Deus-ex-machina-Zusammenhang wartet der Zuschauer vergeblich – man könnte von realistischer Fantasy sprechen.
Obwohl es auch eher stereotype Figuren gibt, ist der grösste Teil der Charaktere komplex angelegt. Sie polarisieren, das Publikum leidet mit, hasst, freut sich mit. Nicht selten ereilt die Personen ein so grausames Schicksal, dass man auch für den Übelsten von ihnen ein Fünkchen Mitleid verspürt und einem erst dann etwas verschämt bewusst wird, welche Schrecklichkeiten man dem einen oder anderen an den Hals gewünscht hat.
Ein Vergleich mit den Werken von Tolkien ist im Fantasygenre eigentlich unumgänglich, aber nicht immer treffend. In Game of Thrones wird das Geschehen nicht mit der selben epischen Ausführlichkeit inszeniert, wie in den Hobbit- oder Herr der Ringe-Trilogien. Was in den Kinos funktioniert, eignet sich nicht zwingend fürs Serienformat. Dafür wird ab Sonntag wieder mit unbarmherziger Direktheit und Pathos vom Kampf um die absolute Herrschaft in Westeros erzählt. Wenn gelegentlich die Inszenierung kurz in den Kitsch abdriftet, ist dieser schnell verziehen. Spätestens wenn wieder einer der Lieblingscharaktere ohne Vorwarnung sterben muss, wird klar: Ein glückliches Ende wird es in diesem Universum wohl für niemanden geben – weshalb man umso faszinierter zuschaut.
Wer noch weitere Überzeugungen braucht: Die Landschaft ist atemberaubend.
Und gegen Drachen kann man nie etwas haben. Nie:
Die vierte Staffel von Game of Thrones läuft ab 6. April auf dem amerikanischen Sender HBO. Bis dahin schon mal eine Vorschau: