Getrübte Beschaulichkeit

Der Basler Autor Urs Schaub taucht mit «Der Salamander», seinem vierten Kriminalroman um Ermittler Simon Tanner, erneut ein in die ländliche Idylle, die sich mit jeder Buchseite als trügerischer erweist.

Urs Schaub (Bild: Yvonne Böhler / ©Limmat Verlag)

Der Basler Autor Urs Schaub taucht mit «Der Salamander», seinem vierten Kriminalroman um Ermittler Simon Tanner, erneut ein in die ländliche Idylle, die sich mit jeder Buchseite als trügerischer erweist.

Liegts am vielen Schnee, der in Urs Schaubs neuem Kriminalroman fällt, dass wir uns in diesen heissen Tagen so gern darein vertiefen? Vielleicht hat das Wetter tatsächlich ein wenig damit zu tun. Denn «Der Salamander» beginnt im Nebel, geht im Regen weiter und endet im dichten Schneetreiben – Abkühlung, die wir uns so sehnlichst wünschen. Doch auch im Winter könnte man Schaubs Buch gut in die Hand nehmen und nicht mehr weglegen. Denn die Melancholie, die diese Krimireihe umgibt, passt auch zu dunkleren Tagen.

Simon Tanner ist also wieder unterwegs, zurück von den Schären, wo er bei seiner Geliebten Solveig das letzte Jahr verbracht hat. Und gleichzeitig wie aus dem Zug stolpert der Ermittler in seinen nächsten Fall hinein: Da steht ein junger, mysteriöser Mann vor ihm, dessen Erscheinung ihn sofort gefangen nimmt.

Was folgt, ähnelt in der Struktur den drei vorangegangenen Krimis um Simon Tanner. Angesiedelt im Drei-Seen-Land atmen die Romane viel ländliche Luft und Beschaulichkeit. Hier gibt es Dorfpfarrer, Bauern und Beizen, in denen sich schlemmen lässt, was Tanner und sein Polizistenfreund Serge Michel täglich machen. Und so wundert es auch kaum, dass ausgerechnet ein Beizer sie auf die Spur eines 30 Jahre alten Falles bringt, der in vorerst geheimnisvollem Zusammenhang zum Auftauchen des jungen Mannes zu stehen scheint.

Komische Machenschaften

Die Spur führt die beiden Freunde sowie die neue Polizistin Lara Wille zu einer sektenähnlichen Gemeinschaft, die verborgen hinter Bäumen ein ganzes Dorf besiedelt. Wie auch in Tanners früheren Fällen trügt die ländliche Idylle, und manch komische Machenschaft kommt im Zuge der Ermittlungen ans Licht. Was gemächlich beginnt, steigert sich im Laufe der 357 Buchseiten stetig. Vom Seeland führt die Spur zur französischen Fremdenlegion, zu den Missionaren in Afrika und in einen Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Der illegale Drogenhandel findet seinen Platz in der Geschichte und selbst etwas Science Fiction.

Was nach Übermass klingt, funktioniert erstaunlicherweise äusserst gut, was an Schaubs ruhiger Sprache liegen mag. Auch hat man sich an die Charaktere langsam gewöhnt, genau wie daran, dass erotische Eskapädchen bei Tanner wie Michel zur Tagesordnung gehören – jede Frau scheint ihnen zu erliegen, ein Detail, auf das wir verzichten könnten, das Schaub auch nicht nötig hätte. Da lesen wir lieber von den ebenso verführerisch beschriebenen Mahlzeiten, die zu jeder Beratung der Ermittler gehören wie der Nebel zum Mittelland, und lassen uns einlullen von der Atmosphäre, die zwischen Realität und Fiktion, zwischen Gegenwart und Vergangenheit schwankt. Und die uns zudeckt unter einer kühlen, abdichtenden Decke weissen Schnees.

(Bild: )

Urs Schaub, «Der Salamander», Limmat Verlag 2012. ISBN 978-3-85791-684-7.

 

 

Urs Schaub, geboren 1951, arbeitete lange als Schauspielregisseur und war Schauspieldirektor in Darmstadt und Bern. Als Dozent arbeitete er an Theaterhochschulen in Zürich, Berlin und Salzburg. 2003–2008 leitete er die Kaserne Basel, 2006–2010 war er Kritiker im «Literaturclub» des Schweizer Fernsehens. «Der Salamander» ist der vierte Roman der Serie um Ermittler Simon Tanner, nach «Tanner», «Das Gesetz des Wassers» und «Wintertauber Tod».

 

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