Gibson Les Paul: Die Gitarre, die in jedem zweiten Bandraum steht

Ohne ihn wäre die Rockmusik nicht, was wir an ihr lieben: laut. Les Paul, Pionier des Gitarrenbaus und selbst passionierter Könner an seinem Instrument, wäre am 9. Juni 100 Jahre alt geworden. Er starb vor sechs Jahren, sein Name lebt in jedem zweiten Bandraum weiter.

Noch mit 86 Jahren stand er auf der Bühne: Les Paul bei einer Jam Session mit Slash von Guns N' Roses, 2001 in New York City.

(Bild: EZIO PETERSEN)

Ohne ihn wäre die Rockmusik nicht, was wir an ihr lieben: laut. Les Paul, Pionier des Gitarrenbaus und selbst passionierter Könner an seinem Instrument, wäre am 9. Juni 100 Jahre alt geworden. Er verstarb vor sechs Jahren, sein Name lebt in jedem zweiten Bandraum weiter.

Holzklotz wurde seine Erfindung genannt. Oder Besenstiel. Als er sie 1946 erstmals einer führenden Herstellerfirma für Saiteninstrumente, der Gibson Guitar Corporation, vorstellte, wurde Lester William Polsfuss für seine Innovation ausgelacht: Einen «Besenstiel mit Saiten» würde keiner kaufen wollen, wurde ihm beschieden. Wenige Jahre später hatte seine Erfindung die Rockmusik möglich gemacht. Und bis heute, 100 Jahre nach Polsfuss‘ Geburt, trägt die berühmte Schöpfung seinen Namen: die Gibson Les Paul. 

Die elektrische Gitarre ist bis heute das Herzstück der Rockmusik geblieben, und sie ehrt ihre findigen Tüftlerväter, indem sie ihre Namen in Ehren hält. Orville Gibson übertrug die Konstruktion des Geigenbaus auf Mandoline und Gitarre und verhalf ihnen zu grösserem Klangvolumen. Leo Fender entwarf das bis heute gültige Modell der aus verschiedenen Teilen zusammenschraubbaren Gitarre, die fortan in Massenproduktion hergestellt werden konnte.

Aber es war Lester William Polsfuss, kurz Les Paul, der jenen lauteren und stärkeren Klang der Gitarre erst möglich machte, der in den 1950er-Jahren der Rockmusik als Geburtshilfe zur Seite stand. Spielte die Gitarre bisher in der zweiten Reihe, schob sie Les Paul als Leitinstrument an den vorderen Bühnenrand.

Die Anfänge: Nicht schön, aber laut

Möglich machte das der «Holzklotz»: Gibson tüftelte bereits knapp 20 Jahre an möglichen Verstärkungsformen des Gitarrenklanges, als er 1941 eine handelsübliche Vollresonanzgitarre mit hohlem Körper entzweisägte, die beiden Hälften links und rechts an einen Holzbalken schraubte, über den er die Saiten spannte.

Der Trick bestand aus zwei von ihm selbst entworfenen Tonabnehmern und einem stählernen Steg, die er auf dem Balken befestigte. Die Übertragung des Saitenklangs erfolgte somit nahezu störungsfrei, und der Verzicht auf einen Hohlkörper reduzierte in der Verstärkung die durch die Schwingungen unkontrolliert auftretenden Rückkoppelungen.

Das Resultat war nicht unbedingt schön anzusehen, dafür war es laut. Und bald begehrt, sodass Gibson schliesslich Les Paul demütig zurückrief: 1954 rockte Bill Haley «around the clock», und Elvis begann seine Aufnahmen in den Sun Studios. Als die Gitarristen danach strebten, lauter und härter zu spielen, griffen sie zu Les Pauls Innovation.

Ein Erfinder, der die Rockmusik prägte

Ob Keith Richards oder George Harrison, Jimmy Page oder Slash – sie alle benutzten vorzugsweise die Gibson Les Paul. Als «einflussreichste Person in der Geschichte der Musikindustrie» wird der Tüftler aus Wisconsin von jener Stiftung bezeichnet, die seinen Namen trägt und seinen Nachlass verwaltet, und auch wenn dieser Superlativ diskutiert werden kann, so erschöpft sich Les Pauls Innovation nicht im Gitarrenbau: Er hat auch die achtspurige Aufnahmetechnik entworfen, die Musiker im Aufnahmestudio von der Bürde befreite, ihre Werke zeitgleich im Plenum – und darum möglichst fehlerfrei – einzuspielen. 

Vergessen werden soll dabei nicht, dass Les Paul nicht nur entwarf, sondern seine Schöpfung auch gerne einsetzte, und das mit grossem Könnertum.

Als er 1988 für seine bahnbrechende Leistung in die Rock‘ n‘ Roll Hall Of Fame aufgenommen wurde, bekannte Jeff Beck – ebenfalls ein Gitarrenheld, der mit Vorliebe auf der Gibson Les Paul herumturnt – in seiner Laudatio: «Ich habe mehr Gitarrenläufe von Les Paul kopiert, als ich zugeben möchte.» Manche Ohren wären vielleicht gesünder ohne Les Pauls Schaffenskraft – unsere Kultur wäre ohne sie aber auch fraglos ärmer.

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